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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.

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ein absolut unersetzbarer Theil, und deswegen
ist es wahrscheinlich, dass in denen Fällen, wo
man Fortdauer des Lebens, und selbst Ersatz
des Verlohrnen nach dem Verluste eines Theils
des Gehirns wahrgenommen haben will, jener
Theil nicht durchaus nothwendig zur Vollziehung
der Funktionen dieses Eingeweides war.

Es lassen sich Organismen als möglich den-
ken, bey welchen zwar Ein Hauptorgan der
Sympathie vorhanden wäre, wo es aber zugleich
mehrere untergeordnete Organe der Art gäbe, die
einzelnen Theilen angehörten, und diese bis auf
einen gewissen Grad unabhängig von dem Gan-
zen machten. Bey solchen Organismen würden
diese Theile einen eigenen Typus in ihrer Ent-
stehung, ihrem Wachsthume und ihrer Abnahme
befolgen, und, getrennt vom Ganzen, noch eine
längere oder kürzere Zeit sich als eigene lebende
Ganze verhalten. Solche Organismen sind aber
nicht blos möglich; jeder lebende Körper muss
diese Eigenschaften haben. Denn nur bey einem
Körper, dessen Leben unbeschränkt wäre, wür-
den alle Theile ganz abhängig von dem Ganzen
seyn. Da nun jedes Individuum ein beschränk-
tes Leben hat, so müssen bey jedem lebenden
Körper die einzelnen Theile untergeordnete Or-
gane der Sympathie besitzen, vermöge welcher
diese mehr oder weniger unabhängig von dem

Gan-

ein absolut unersetzbarer Theil, und deswegen
ist es wahrscheinlich, daſs in denen Fällen, wo
man Fortdauer des Lebens, und selbst Ersatz
des Verlohrnen nach dem Verluste eines Theils
des Gehirns wahrgenommen haben will, jener
Theil nicht durchaus nothwendig zur Vollziehung
der Funktionen dieses Eingeweides war.

Es lassen sich Organismen als möglich den-
ken, bey welchen zwar Ein Hauptorgan der
Sympathie vorhanden wäre, wo es aber zugleich
mehrere untergeordnete Organe der Art gäbe, die
einzelnen Theilen angehörten, und diese bis auf
einen gewissen Grad unabhängig von dem Gan-
zen machten. Bey solchen Organismen würden
diese Theile einen eigenen Typus in ihrer Ent-
stehung, ihrem Wachsthume und ihrer Abnahme
befolgen, und, getrennt vom Ganzen, noch eine
längere oder kürzere Zeit sich als eigene lebende
Ganze verhalten. Solche Organismen sind aber
nicht blos möglich; jeder lebende Körper muſs
diese Eigenschaften haben. Denn nur bey einem
Körper, dessen Leben unbeschränkt wäre, wür-
den alle Theile ganz abhängig von dem Ganzen
seyn. Da nun jedes Individuum ein beschränk-
tes Leben hat, so müssen bey jedem lebenden
Körper die einzelnen Theile untergeordnete Or-
gane der Sympathie besitzen, vermöge welcher
diese mehr oder weniger unabhängig von dem

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[558/0568] ein absolut unersetzbarer Theil, und deswegen ist es wahrscheinlich, daſs in denen Fällen, wo man Fortdauer des Lebens, und selbst Ersatz des Verlohrnen nach dem Verluste eines Theils des Gehirns wahrgenommen haben will, jener Theil nicht durchaus nothwendig zur Vollziehung der Funktionen dieses Eingeweides war. Es lassen sich Organismen als möglich den- ken, bey welchen zwar Ein Hauptorgan der Sympathie vorhanden wäre, wo es aber zugleich mehrere untergeordnete Organe der Art gäbe, die einzelnen Theilen angehörten, und diese bis auf einen gewissen Grad unabhängig von dem Gan- zen machten. Bey solchen Organismen würden diese Theile einen eigenen Typus in ihrer Ent- stehung, ihrem Wachsthume und ihrer Abnahme befolgen, und, getrennt vom Ganzen, noch eine längere oder kürzere Zeit sich als eigene lebende Ganze verhalten. Solche Organismen sind aber nicht blos möglich; jeder lebende Körper muſs diese Eigenschaften haben. Denn nur bey einem Körper, dessen Leben unbeschränkt wäre, wür- den alle Theile ganz abhängig von dem Ganzen seyn. Da nun jedes Individuum ein beschränk- tes Leben hat, so müssen bey jedem lebenden Körper die einzelnen Theile untergeordnete Or- gane der Sympathie besitzen, vermöge welcher diese mehr oder weniger unabhängig von dem Gan-

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/568>, abgerufen am 18.05.2024.