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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805.

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ken, muss aber auch wieder beschränkt seyn:
denn sonst wäre gar keine Mannichfaltigkeit der
Funktionen und der Organe an einem und dem-
selben Organismus möglich, könnte kein harmo-
nisches Zusammenwirken der Theile zu einem
einzigen Zweck, also auch keine Organisation,
statt finden. Deswegen müssen eben die Organe,
die von gewissen Seiten einen Antagonismus ge-
gen einander äussern, von andern Seiten wieder
in enger Sympathie stehen.

Unter antagonistischen Organen kann aber keine
Sympathie statt finden, wenn diese nicht durch
ein drittes Organ, womit jene zugleich in Wech-
selwirkung stehen, vermittelt ist. Wo also
Sympathie herrscht, da ist auch dieses Organ
vorhanden, und dieses Organ ist desto ausgebil-
deter, je enger die Sympathie ist. Hiermit stim-
met auch die Erfahrung überein: denn diese
lehrte uns, dass das Gehirn der Theil ist, mit
dessen zunehmender Grösse bey abnehmender
Grösse des Nervensystems die Sympathie zu-
nimmt.

Jenes Organ der Sympathie ist dasjenige,
welches die verschiedenen Theile des Organismus
zu einem Ganzen vereinigt. Sobald dieses zer-
stöhrt ist, hört alle Wechselwirkung, und daher
alle Reproduktion auf. Deswegen ist das Gehirn

ein

ken, muſs aber auch wieder beschränkt seyn:
denn sonst wäre gar keine Mannichfaltigkeit der
Funktionen und der Organe an einem und dem-
selben Organismus möglich, könnte kein harmo-
nisches Zusammenwirken der Theile zu einem
einzigen Zweck, also auch keine Organisation,
statt finden. Deswegen müssen eben die Organe,
die von gewissen Seiten einen Antagonismus ge-
gen einander äussern, von andern Seiten wieder
in enger Sympathie stehen.

Unter antagonistischen Organen kann aber keine
Sympathie statt finden, wenn diese nicht durch
ein drittes Organ, womit jene zugleich in Wech-
selwirkung stehen, vermittelt ist. Wo also
Sympathie herrscht, da ist auch dieses Organ
vorhanden, und dieses Organ ist desto ausgebil-
deter, je enger die Sympathie ist. Hiermit stim-
met auch die Erfahrung überein: denn diese
lehrte uns, daſs das Gehirn der Theil ist, mit
dessen zunehmender Gröſse bey abnehmender
Gröſse des Nervensystems die Sympathie zu-
nimmt.

Jenes Organ der Sympathie ist dasjenige,
welches die verschiedenen Theile des Organismus
zu einem Ganzen vereinigt. Sobald dieses zer-
stöhrt ist, hört alle Wechselwirkung, und daher
alle Reproduktion auf. Deswegen ist das Gehirn

ein
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[557/0567] ken, muſs aber auch wieder beschränkt seyn: denn sonst wäre gar keine Mannichfaltigkeit der Funktionen und der Organe an einem und dem- selben Organismus möglich, könnte kein harmo- nisches Zusammenwirken der Theile zu einem einzigen Zweck, also auch keine Organisation, statt finden. Deswegen müssen eben die Organe, die von gewissen Seiten einen Antagonismus ge- gen einander äussern, von andern Seiten wieder in enger Sympathie stehen. Unter antagonistischen Organen kann aber keine Sympathie statt finden, wenn diese nicht durch ein drittes Organ, womit jene zugleich in Wech- selwirkung stehen, vermittelt ist. Wo also Sympathie herrscht, da ist auch dieses Organ vorhanden, und dieses Organ ist desto ausgebil- deter, je enger die Sympathie ist. Hiermit stim- met auch die Erfahrung überein: denn diese lehrte uns, daſs das Gehirn der Theil ist, mit dessen zunehmender Gröſse bey abnehmender Gröſse des Nervensystems die Sympathie zu- nimmt. Jenes Organ der Sympathie ist dasjenige, welches die verschiedenen Theile des Organismus zu einem Ganzen vereinigt. Sobald dieses zer- stöhrt ist, hört alle Wechselwirkung, und daher alle Reproduktion auf. Deswegen ist das Gehirn ein

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/567>, abgerufen am 28.09.2024.