ses Acts sind? Wer kann sagen, dass, bey der so äusserst zarten, auch dem scharfsichtigsten und mit dem besten Vergrösserungsglase bewaff- neten Auge verborgenen Struktur des Innern der Conferven, zwischen den copulirten Individuen doch nicht eine Verschiedenheit statt findet, wenn wir diese auch nicht zu entdecken im Stande sind? Und was hindert uns anzunehmen, dass bey den Conferven die Begattung eben so wohl durch einen Uebergang des weiblichen Zeugungs- stoffs zum männlichen Saamen, als auf dem ent- gegengesetzten Wege geschieht?
Hat dies nun seine Richtigkeit, so ergeben sich zwey Folgerungen, wodurch der im Vorhergehen- den berührte Streit über die Nothwendigkeit der Be- gattung zur Erzeugung von Eyern und Saamen- körnern seiner Entscheidung genähert wird.
Erstens nehmlich, da wir jetzt unter den ein- fachsten der lebenden Körper ein Geschlecht ange- troffen haben, welches nicht anders als nach vollzo- gener Begattung eine gewisse Art von Keimen her- vorbringt, so ist es höchst wahrscheinlich, dass die- se Art von Keimen in der ganzen lebenden Natur immer nur nach erfolgter Einwirkung eines männ- lichen Saamens auf einen weiblichen Zeugungsstoff gebildet wird. Mithin liegt die Wahrheit auf Seiten derer, welche die Befruchtung für ein nothwendi- ges Erforderniss zur Erzeugung von Eyern und
Saa-
III. Bd. X
ses Acts sind? Wer kann sagen, daſs, bey der so äusserst zarten, auch dem scharfsichtigsten und mit dem besten Vergröſserungsglase bewaff- neten Auge verborgenen Struktur des Innern der Conferven, zwischen den copulirten Individuen doch nicht eine Verschiedenheit statt findet, wenn wir diese auch nicht zu entdecken im Stande sind? Und was hindert uns anzunehmen, daſs bey den Conferven die Begattung eben so wohl durch einen Uebergang des weiblichen Zeugungs- stoffs zum männlichen Saamen, als auf dem ent- gegengesetzten Wege geschieht?
Hat dies nun seine Richtigkeit, so ergeben sich zwey Folgerungen, wodurch der im Vorhergehen- den berührte Streit über die Nothwendigkeit der Be- gattung zur Erzeugung von Eyern und Saamen- körnern seiner Entscheidung genähert wird.
Erstens nehmlich, da wir jetzt unter den ein- fachsten der lebenden Körper ein Geschlecht ange- troffen haben, welches nicht anders als nach vollzo- gener Begattung eine gewisse Art von Keimen her- vorbringt, so ist es höchst wahrscheinlich, daſs die- se Art von Keimen in der ganzen lebenden Natur immer nur nach erfolgter Einwirkung eines männ- lichen Saamens auf einen weiblichen Zeugungsstoff gebildet wird. Mithin liegt die Wahrheit auf Seiten derer, welche die Befruchtung für ein nothwendi- ges Erforderniſs zur Erzeugung von Eyern und
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III. Bd. X
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ses Acts sind? Wer kann sagen, daſs, bey der
so äusserst zarten, auch dem scharfsichtigsten
und mit dem besten Vergröſserungsglase bewaff-
neten Auge verborgenen Struktur des Innern der
Conferven, zwischen den copulirten Individuen
doch nicht eine Verschiedenheit statt findet, wenn
wir diese auch nicht zu entdecken im Stande
sind? Und was hindert uns anzunehmen, daſs
bey den Conferven die Begattung eben so wohl
durch einen Uebergang des weiblichen Zeugungs-
stoffs zum männlichen Saamen, als auf dem ent-
gegengesetzten Wege geschieht?
Hat dies nun seine Richtigkeit, so ergeben sich
zwey Folgerungen, wodurch der im Vorhergehen-
den berührte Streit über die Nothwendigkeit der Be-
gattung zur Erzeugung von Eyern und Saamen-
körnern seiner Entscheidung genähert wird.
Erstens nehmlich, da wir jetzt unter den ein-
fachsten der lebenden Körper ein Geschlecht ange-
troffen haben, welches nicht anders als nach vollzo-
gener Begattung eine gewisse Art von Keimen her-
vorbringt, so ist es höchst wahrscheinlich, daſs die-
se Art von Keimen in der ganzen lebenden Natur
immer nur nach erfolgter Einwirkung eines männ-
lichen Saamens auf einen weiblichen Zeugungsstoff
gebildet wird. Mithin liegt die Wahrheit auf Seiten
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/331>, abgerufen am 22.11.2024.
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