wirkung eines Individuums auf ein anderes, son- dern blos eines Organs auf ein anderes Organ, wodurch die Fortpflanzung des Geschlechts ge- schieht. Beyde Organe sind hier freylich so- wohl in ihrer Bildung, als in ihren Funktionen von allen übrigen Theilen des Organismus, woran sie sich befinden, ganz verschieden. Aber die nehmlichen Zwecke, wofür bey der einen Clas- se von lebenden Körpern verschiedene Organe vorhanden sind, erreicht die Natur bey einer an- dern Classe durch einerley Mittel. Das Athem- hohlen, die Verdauung und die Ausleerung der zu excernirenden Stoffe geschehen bey den mei- sten Thieren durch verschiedene, hingegen bey den Pflanzen durch einerley Organe. Nach die- ser Analogie könnte es aber auch wohl Orga- nismen geben, bey welchen die verschiedenen Geschlechtstheile, die wir bey mehrern Mollus- ken und den meisten Pflanzen in einem Indivi- duum beysammen, obgleich blos noch zur Fort- pflanzung des Geschlechts bestimmt finden, eben- falls in Einem Individuum vereinigt wären, aber zugleich noch andern Funktionen, z. B. der Er- nährung, vorständen. Gesetzt nun, die Zoophy- ten wären solche Organismen, was liesse sich gegen die Meinung von der Fortpflanzung dersel- ben ohne vorhergegangene Begattung dann noch einwenden?
Eine
wirkung eines Individuums auf ein anderes, son- dern blos eines Organs auf ein anderes Organ, wodurch die Fortpflanzung des Geschlechts ge- schieht. Beyde Organe sind hier freylich so- wohl in ihrer Bildung, als in ihren Funktionen von allen übrigen Theilen des Organismus, woran sie sich befinden, ganz verschieden. Aber die nehmlichen Zwecke, wofür bey der einen Clas- se von lebenden Körpern verschiedene Organe vorhanden sind, erreicht die Natur bey einer an- dern Classe durch einerley Mittel. Das Athem- hohlen, die Verdauung und die Ausleerung der zu excernirenden Stoffe geschehen bey den mei- sten Thieren durch verschiedene, hingegen bey den Pflanzen durch einerley Organe. Nach die- ser Analogie könnte es aber auch wohl Orga- nismen geben, bey welchen die verschiedenen Geschlechtstheile, die wir bey mehrern Mollus- ken und den meisten Pflanzen in einem Indivi- duum beysammen, obgleich blos noch zur Fort- pflanzung des Geschlechts bestimmt finden, eben- falls in Einem Individuum vereinigt wären, aber zugleich noch andern Funktionen, z. B. der Er- nährung, vorständen. Gesetzt nun, die Zoophy- ten wären solche Organismen, was liesse sich gegen die Meinung von der Fortpflanzung dersel- ben ohne vorhergegangene Begattung dann noch einwenden?
Eine
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wirkung eines Individuums auf ein anderes, son-
dern blos eines Organs auf ein anderes Organ,
wodurch die Fortpflanzung des Geschlechts ge-
schieht. Beyde Organe sind hier freylich so-
wohl in ihrer Bildung, als in ihren Funktionen
von allen übrigen Theilen des Organismus, woran
sie sich befinden, ganz verschieden. Aber die
nehmlichen Zwecke, wofür bey der einen Clas-
se von lebenden Körpern verschiedene Organe
vorhanden sind, erreicht die Natur bey einer an-
dern Classe durch einerley Mittel. Das Athem-
hohlen, die Verdauung und die Ausleerung der
zu excernirenden Stoffe geschehen bey den mei-
sten Thieren durch verschiedene, hingegen bey
den Pflanzen durch einerley Organe. Nach die-
ser Analogie könnte es aber auch wohl Orga-
nismen geben, bey welchen die verschiedenen
Geschlechtstheile, die wir bey mehrern Mollus-
ken und den meisten Pflanzen in einem Indivi-
duum beysammen, obgleich blos noch zur Fort-
pflanzung des Geschlechts bestimmt finden, eben-
falls in Einem Individuum vereinigt wären, aber
zugleich noch andern Funktionen, z. B. der Er-
nährung, vorständen. Gesetzt nun, die Zoophy-
ten wären solche Organismen, was liesse sich
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ben ohne vorhergegangene Begattung dann noch
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/320>, abgerufen am 22.11.2024.
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