Den untern Rand der Blätter des Huts fand er mit sehr vielen zarten, cylindrischen Fäden be- setzt. An einigen derselben hingen kleine Ku- geln. Die Blättchen selbst bestanden aus lauter Bläschen, von welchen einige grösser und erha- bener als die übrigen waren. Nach vierzehn Tagen fiel aus den Blättchen ein schwarzer Staub, der unter dem Vergrösserungsglase kleine länglichte Kugeln bildete. Die Bläschen der Blätter hielt Hedwig für die Fruchtknoten, den schwarzen Staub aber für den reifen Saamen. Aehnliche Beobachtungen machte er an den Lö- cherpilzen (Boletus). Bey den Stachelpilzen (Hydnum) traf er die von ihm für männliche Befruchtungstheile angenommenen Körper in der Haut an, welche den Hut bekleidet. Ob aber die, an den Blättern oder Röhren der Pilze be- findlichen Fäserchen für Griffel oder Narben anzusehen sind, getraute er sich nicht, zu ent- scheiden.
Was ist von diesen Behauptungen zu halten? In Betreff der Reaumurschen Meinung von den männlichen Zeugungstheilen der Tange wird sich die Antwort auf diese Frage leicht ergeben, wenn man folgende Thatsachen erwägt:
1) Nach Baster's Beobachtungen finden sich die erwähnten Büschel da, wo sie vorkom- men, immer nur an ganz jungen Pflan-
zen
T 2
Den untern Rand der Blätter des Huts fand er mit sehr vielen zarten, cylindrischen Fäden be- setzt. An einigen derselben hingen kleine Ku- geln. Die Blättchen selbst bestanden aus lauter Bläschen, von welchen einige gröſser und erha- bener als die übrigen waren. Nach vierzehn Tagen fiel aus den Blättchen ein schwarzer Staub, der unter dem Vergröſserungsglase kleine länglichte Kugeln bildete. Die Bläschen der Blätter hielt Hedwig für die Fruchtknoten, den schwarzen Staub aber für den reifen Saamen. Aehnliche Beobachtungen machte er an den Lö- cherpilzen (Boletus). Bey den Stachelpilzen (Hydnum) traf er die von ihm für männliche Befruchtungstheile angenommenen Körper in der Haut an, welche den Hut bekleidet. Ob aber die, an den Blättern oder Röhren der Pilze be- findlichen Fäserchen für Griffel oder Narben anzusehen sind, getraute er sich nicht, zu ent- scheiden.
Was ist von diesen Behauptungen zu halten? In Betreff der Reaumurschen Meinung von den männlichen Zeugungstheilen der Tange wird sich die Antwort auf diese Frage leicht ergeben, wenn man folgende Thatsachen erwägt:
1) Nach Baster’s Beobachtungen finden sich die erwähnten Büschel da, wo sie vorkom- men, immer nur an ganz jungen Pflan-
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Den untern Rand der Blätter des Huts fand er
mit sehr vielen zarten, cylindrischen Fäden be-
setzt. An einigen derselben hingen kleine Ku-
geln. Die Blättchen selbst bestanden aus lauter
Bläschen, von welchen einige gröſser und erha-
bener als die übrigen waren. Nach vierzehn
Tagen fiel aus den Blättchen ein schwarzer
Staub, der unter dem Vergröſserungsglase kleine
länglichte Kugeln bildete. Die Bläschen der
Blätter hielt Hedwig für die Fruchtknoten, den
schwarzen Staub aber für den reifen Saamen.
Aehnliche Beobachtungen machte er an den Lö-
cherpilzen (Boletus). Bey den Stachelpilzen
(Hydnum) traf er die von ihm für männliche
Befruchtungstheile angenommenen Körper in der
Haut an, welche den Hut bekleidet. Ob aber
die, an den Blättern oder Röhren der Pilze be-
findlichen Fäserchen für Griffel oder Narben
anzusehen sind, getraute er sich nicht, zu ent-
scheiden.
Was ist von diesen Behauptungen zu halten?
In Betreff der Reaumurschen Meinung von den
männlichen Zeugungstheilen der Tange wird sich
die Antwort auf diese Frage leicht ergeben, wenn
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1) Nach Baster’s Beobachtungen finden sich
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 3. Göttingen, 1805, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie03_1805/301>, abgerufen am 22.11.2024.
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