1) durch übermässige Heftigkeit der äussern Ein- wirkungen,
2) durch zu geringe Stärke, und
3) durch zu lange Dauer derselben.
Das Uebergehen eines lebenden Organismus zur leblosen Natur, oder zu andern Formen des Lebens nennen wir Sterben, und alles Aufhören des Le- bens überhaupt, oder einer bestimmten Form des- selben Tod. Folglich ist jedes lebende Individuum einer dreyfachen Todesart ausgesetzt. Die beyden erstern aber sind zufällig, und nur die letztere ist nothwendig. Diese ist den Absichten der Natur ge- mäss, jene sind derselben zuwider. Der Sprachge- brauch setzt daher die letztere Art, unter dem Na- men des natürlichen Todes, den beyden erstern widernatürlichen, mit Recht entgegen. Beyde Ausdrücke sind verschiedentlich, und besonders von Röschlaub(a), angefochten. Indess beruhet alles, was man dagegen eingewendet hat, blos auf der Verwechselung von widernatürlich mit unnatürlich und übernatürlich -- Ob übrigens das Sterben Ue- bergang zur leblosen Natur, oder zu andern For- men des Lebens ist, müssen wir unentschieden lassen, da die Organisation der Natur mit beyden Voraussetzungen bestehen kann.
Nach dem Gesetze der Stetigkeit kann in kei- nem der drey obigen Fälle jener Uebergang, den
wir
(a) Pathogenie. Th. 1. S. 11. ff.
1) durch übermäſsige Heftigkeit der äussern Ein- wirkungen,
2) durch zu geringe Stärke, und
3) durch zu lange Dauer derselben.
Das Uebergehen eines lebenden Organismus zur leblosen Natur, oder zu andern Formen des Lebens nennen wir Sterben, und alles Aufhören des Le- bens überhaupt, oder einer bestimmten Form des- selben Tod. Folglich ist jedes lebende Individuum einer dreyfachen Todesart ausgesetzt. Die beyden erstern aber sind zufällig, und nur die letztere ist nothwendig. Diese ist den Absichten der Natur ge- mäſs, jene sind derselben zuwider. Der Sprachge- brauch setzt daher die letztere Art, unter dem Na- men des natürlichen Todes, den beyden erstern widernatürlichen, mit Recht entgegen. Beyde Ausdrücke sind verschiedentlich, und besonders von Röschlaub(a), angefochten. Indeſs beruhet alles, was man dagegen eingewendet hat, blos auf der Verwechselung von widernatürlich mit unnatürlich und übernatürlich — Ob übrigens das Sterben Ue- bergang zur leblosen Natur, oder zu andern For- men des Lebens ist, müssen wir unentschieden lassen, da die Organisation der Natur mit beyden Voraussetzungen bestehen kann.
Nach dem Gesetze der Stetigkeit kann in kei- nem der drey obigen Fälle jener Uebergang, den
wir
(a) Pathogenie. Th. 1. S. 11. ff.
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1) durch übermäſsige Heftigkeit der äussern Ein-
wirkungen,
2) durch zu geringe Stärke, und
3) durch zu lange Dauer derselben.
Das Uebergehen eines lebenden Organismus zur
leblosen Natur, oder zu andern Formen des Lebens
nennen wir Sterben, und alles Aufhören des Le-
bens überhaupt, oder einer bestimmten Form des-
selben Tod. Folglich ist jedes lebende Individuum
einer dreyfachen Todesart ausgesetzt. Die beyden
erstern aber sind zufällig, und nur die letztere ist
nothwendig. Diese ist den Absichten der Natur ge-
mäſs, jene sind derselben zuwider. Der Sprachge-
brauch setzt daher die letztere Art, unter dem Na-
men des natürlichen Todes, den beyden erstern
widernatürlichen, mit Recht entgegen. Beyde
Ausdrücke sind verschiedentlich, und besonders von
Röschlaub (a), angefochten. Indeſs beruhet alles,
was man dagegen eingewendet hat, blos auf der
Verwechselung von widernatürlich mit unnatürlich
und übernatürlich — Ob übrigens das Sterben Ue-
bergang zur leblosen Natur, oder zu andern For-
men des Lebens ist, müssen wir unentschieden
lassen, da die Organisation der Natur mit beyden
Voraussetzungen bestehen kann.
Nach dem Gesetze der Stetigkeit kann in kei-
nem der drey obigen Fälle jener Uebergang, den
wir
(a) Pathogenie. Th. 1. S. 11. ff.
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/92>, abgerufen am 04.12.2024.
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