entschlossen, dies Unternehmen, das er allein begonnen, auch allein zu vollenden.
Aber auch die Gegner rüsteten sich. Bischof Laurens und die Jesuiten boten Alles auf um die Versöhnung zu hintertreiben; aus Wien kam Jarcke, aus München Guido Görres herbei. *) Sehr rührig arbeitete auch Frau v. Kimsky gegen Preußen, jene Somnambüle, welche einst den greisen Hardenberg mit ihren Gauklerkünsten bethört und nachher, über- sättigt von den Freuden dieser Welt, sich in den Schooß der römischen Kirche geflüchtet hatte. Papst Gregor hielt dieses Weib alles Ernstes für eine fromme Heilige; freilich hatte der alte Camaldulensermönch wohl nur wenig Gelegenheit gehabt, ehrbare Frauen kennen zu lernen. So tummelten sich denn wieder zahllose Ränke in dem berühmten "Lügen- stübchen" des Vaticans, das die freien Geister des Cinquecento schon ver- spottet hatten; der Papst zauderte und schwankte, und der milde Capaccini sagte oft verzweifelnd zu Brühl: wer mag ihn jetzt wieder aufgestiftet haben? Was der österreichische Gesandte Graf Lützow insgeheim trieb, ließ sich nicht erkennen; doch schwerlich wirkte der bigotte Convertit zu Preußens Gunsten. Aus der Ferne arbeitete auch des Königs Stieftante, Herzogin Julia von Köthen mitsammt ihrer Jesuitenschaar gegen ihren Neffen. Unterdessen erhoben auch die Provinzialstände von Rheinland und West- phalen ihre Stimme, sicherlich nicht ohne die geheime Mitwirkung der Freunde in Rom. In beiden Landtagen kam der Antrag auf Droste's Wiedereinsetzung zwar schließlich zu Falle; in Münster erklärten sich nur die sämmtlichen Ritter und ein Bauer dafür, alle Fürsten und Herren, alle Vertreter der Städte und der Landgemeinden, mit Ausnahme jenes einen, stimmten dagegen. Aber wie frech erklang schon die Sprache der erstarkten ultramontanen Partei. Graf Westphalen sagte im Münsterschen Landtage: "meine Mitstände beschwöre ich es auch nicht einmal stillschweigend gutheißen zu wollen, als bedürfe es nur einer seidenen Schnur zur mora- lischen Selbsttödung eines dem Gouvernement mißfälligen Bürgers;" und als seine königstreuen Landsleute sich wider diesen jacobinischen Ton verwahrten, da versicherte er dreist, mit der seidenen Schnur hätte er den verstorbenen König nicht beleidigen wollen. Bald nachher verließ er den preußischen Staat, da es ihm nicht gelang sich vor der Krone zu rechtfertigen.
Unter so bedenklichen Anzeichen begann Graf Brühl seine zweite Verhandlung, die sich durch fünftehalb Monate, bis in den Mai 1841 hinzog. Indeß hatten ihm die großen freiwilligen Gewährungen des Königs seinen Weg doch etwas geebnet. Die Cardinäle selbst gestanden jetzt, der starrköpfige alte Erzbischof, dem seine eigene bigotte Familie kaum mehr zu nahen wagte, könne in Köln nur Unheil stiften. Da fragte
*) Major v. Moliere, Adjutant des Prinzen Heinrich, an Brühl, 18. Mai 1841.
Brühl’s zweite Sendung.
entſchloſſen, dies Unternehmen, das er allein begonnen, auch allein zu vollenden.
Aber auch die Gegner rüſteten ſich. Biſchof Laurens und die Jeſuiten boten Alles auf um die Verſöhnung zu hintertreiben; aus Wien kam Jarcke, aus München Guido Görres herbei. *) Sehr rührig arbeitete auch Frau v. Kimsky gegen Preußen, jene Somnambüle, welche einſt den greiſen Hardenberg mit ihren Gauklerkünſten bethört und nachher, über- ſättigt von den Freuden dieſer Welt, ſich in den Schooß der römiſchen Kirche geflüchtet hatte. Papſt Gregor hielt dieſes Weib alles Ernſtes für eine fromme Heilige; freilich hatte der alte Camaldulenſermönch wohl nur wenig Gelegenheit gehabt, ehrbare Frauen kennen zu lernen. So tummelten ſich denn wieder zahlloſe Ränke in dem berühmten „Lügen- ſtübchen“ des Vaticans, das die freien Geiſter des Cinquecento ſchon ver- ſpottet hatten; der Papſt zauderte und ſchwankte, und der milde Capaccini ſagte oft verzweifelnd zu Brühl: wer mag ihn jetzt wieder aufgeſtiftet haben? Was der öſterreichiſche Geſandte Graf Lützow insgeheim trieb, ließ ſich nicht erkennen; doch ſchwerlich wirkte der bigotte Convertit zu Preußens Gunſten. Aus der Ferne arbeitete auch des Königs Stieftante, Herzogin Julia von Köthen mitſammt ihrer Jeſuitenſchaar gegen ihren Neffen. Unterdeſſen erhoben auch die Provinzialſtände von Rheinland und Weſt- phalen ihre Stimme, ſicherlich nicht ohne die geheime Mitwirkung der Freunde in Rom. In beiden Landtagen kam der Antrag auf Droſte’s Wiedereinſetzung zwar ſchließlich zu Falle; in Münſter erklärten ſich nur die ſämmtlichen Ritter und ein Bauer dafür, alle Fürſten und Herren, alle Vertreter der Städte und der Landgemeinden, mit Ausnahme jenes einen, ſtimmten dagegen. Aber wie frech erklang ſchon die Sprache der erſtarkten ultramontanen Partei. Graf Weſtphalen ſagte im Münſterſchen Landtage: „meine Mitſtände beſchwöre ich es auch nicht einmal ſtillſchweigend gutheißen zu wollen, als bedürfe es nur einer ſeidenen Schnur zur mora- liſchen Selbſttödung eines dem Gouvernement mißfälligen Bürgers;“ und als ſeine königstreuen Landsleute ſich wider dieſen jacobiniſchen Ton verwahrten, da verſicherte er dreiſt, mit der ſeidenen Schnur hätte er den verſtorbenen König nicht beleidigen wollen. Bald nachher verließ er den preußiſchen Staat, da es ihm nicht gelang ſich vor der Krone zu rechtfertigen.
Unter ſo bedenklichen Anzeichen begann Graf Brühl ſeine zweite Verhandlung, die ſich durch fünftehalb Monate, bis in den Mai 1841 hinzog. Indeß hatten ihm die großen freiwilligen Gewährungen des Königs ſeinen Weg doch etwas geebnet. Die Cardinäle ſelbſt geſtanden jetzt, der ſtarrköpfige alte Erzbiſchof, dem ſeine eigene bigotte Familie kaum mehr zu nahen wagte, könne in Köln nur Unheil ſtiften. Da fragte
*) Major v. Moliere, Adjutant des Prinzen Heinrich, an Brühl, 18. Mai 1841.
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Brühl’s zweite Sendung.
entſchloſſen, dies Unternehmen, das er allein begonnen, auch allein zu
vollenden.
Aber auch die Gegner rüſteten ſich. Biſchof Laurens und die Jeſuiten
boten Alles auf um die Verſöhnung zu hintertreiben; aus Wien kam
Jarcke, aus München Guido Görres herbei. *) Sehr rührig arbeitete
auch Frau v. Kimsky gegen Preußen, jene Somnambüle, welche einſt den
greiſen Hardenberg mit ihren Gauklerkünſten bethört und nachher, über-
ſättigt von den Freuden dieſer Welt, ſich in den Schooß der römiſchen
Kirche geflüchtet hatte. Papſt Gregor hielt dieſes Weib alles Ernſtes für
eine fromme Heilige; freilich hatte der alte Camaldulenſermönch wohl
nur wenig Gelegenheit gehabt, ehrbare Frauen kennen zu lernen. So
tummelten ſich denn wieder zahlloſe Ränke in dem berühmten „Lügen-
ſtübchen“ des Vaticans, das die freien Geiſter des Cinquecento ſchon ver-
ſpottet hatten; der Papſt zauderte und ſchwankte, und der milde Capaccini
ſagte oft verzweifelnd zu Brühl: wer mag ihn jetzt wieder aufgeſtiftet
haben? Was der öſterreichiſche Geſandte Graf Lützow insgeheim trieb, ließ
ſich nicht erkennen; doch ſchwerlich wirkte der bigotte Convertit zu Preußens
Gunſten. Aus der Ferne arbeitete auch des Königs Stieftante, Herzogin
Julia von Köthen mitſammt ihrer Jeſuitenſchaar gegen ihren Neffen.
Unterdeſſen erhoben auch die Provinzialſtände von Rheinland und Weſt-
phalen ihre Stimme, ſicherlich nicht ohne die geheime Mitwirkung der
Freunde in Rom. In beiden Landtagen kam der Antrag auf Droſte’s
Wiedereinſetzung zwar ſchließlich zu Falle; in Münſter erklärten ſich nur
die ſämmtlichen Ritter und ein Bauer dafür, alle Fürſten und Herren,
alle Vertreter der Städte und der Landgemeinden, mit Ausnahme jenes
einen, ſtimmten dagegen. Aber wie frech erklang ſchon die Sprache der
erſtarkten ultramontanen Partei. Graf Weſtphalen ſagte im Münſterſchen
Landtage: „meine Mitſtände beſchwöre ich es auch nicht einmal ſtillſchweigend
gutheißen zu wollen, als bedürfe es nur einer ſeidenen Schnur zur mora-
liſchen Selbſttödung eines dem Gouvernement mißfälligen Bürgers;“ und
als ſeine königstreuen Landsleute ſich wider dieſen jacobiniſchen Ton
verwahrten, da verſicherte er dreiſt, mit der ſeidenen Schnur hätte er
den verſtorbenen König nicht beleidigen wollen. Bald nachher verließ
er den preußiſchen Staat, da es ihm nicht gelang ſich vor der Krone zu
rechtfertigen.
Unter ſo bedenklichen Anzeichen begann Graf Brühl ſeine zweite
Verhandlung, die ſich durch fünftehalb Monate, bis in den Mai 1841
hinzog. Indeß hatten ihm die großen freiwilligen Gewährungen des
Königs ſeinen Weg doch etwas geebnet. Die Cardinäle ſelbſt geſtanden
jetzt, der ſtarrköpfige alte Erzbiſchof, dem ſeine eigene bigotte Familie
kaum mehr zu nahen wagte, könne in Köln nur Unheil ſtiften. Da fragte
*) Major v. Moliere, Adjutant des Prinzen Heinrich, an Brühl, 18. Mai 1841.
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Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Bd. 5: Bis zur März-Revolution. Leipzig, 1894, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treitschke_geschichte05_1894/297>, abgerufen am 23.11.2024.
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