Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Verbrecher angesehen werden könnten, sich ihrer eigenen Macht, und wenn diese nicht zureichend ist, jeder fremden Hülfe, die sie zu ihrem Beystand bereit finden, mit Recht bedienen können. Sie sind keine Unterthanen des Fürsten, der sie mißhandelte, sie sind freye Leute, die nach den Gesetzen der Natur Gewalt mit Gewalt vertreiben. Oder woferne sie sich noch für Unterthanen erklären, so haben sie gleichwohl, als Stände oder Bürger, die Befugniß, auf die Erhaltung ihrer Gerechtsame, der Grundverfassung und der Verträge des Staats, zu dringen, und diese, es sey durch eigene Macht, oder mit Beyhülfe anderer, auch auswärtiger Mächte, zu befördern. Das oberste Gesetz aller Staaten ist unstreitig die gemeine Wohlfahrt derselben; die unumschränktesten Herrscher haben nur die Gewalt über ihre Unterthanen, welche durch dieses unveränderliche Gesetz vergönnet, oder nothwendig gemacht wird. Der Despotismus allein, der, in Orient erzeugt, sich in den folgenden Jahrhunderten in einige andere Reiche eingeschlichen hat, wagt es, diese Gewalt weiter zu erstrecken, und sieht die Unterthanen als Sclaven an, die von dem Willkühr des Despoten abhängen; jedoch die weisesten Regenten aller Zeiten haben den Namen eines Vaters ihres Volkes geliebt, und eben dadurch zu erkennen gegeben, daß sie nicht sowohl um ihrer selbst, als um des Vortheils ihrer Unterthanen willen, die großen Vorrechte in Händen haben,

Verbrecher angesehen werden könnten, sich ihrer eigenen Macht, und wenn diese nicht zureichend ist, jeder fremden Hülfe, die sie zu ihrem Beystand bereit finden, mit Recht bedienen können. Sie sind keine Unterthanen des Fürsten, der sie mißhandelte, sie sind freye Leute, die nach den Gesetzen der Natur Gewalt mit Gewalt vertreiben. Oder woferne sie sich noch für Unterthanen erklären, so haben sie gleichwohl, als Stände oder Bürger, die Befugniß, auf die Erhaltung ihrer Gerechtsame, der Grundverfassung und der Verträge des Staats, zu dringen, und diese, es sey durch eigene Macht, oder mit Beyhülfe anderer, auch auswärtiger Mächte, zu befördern. Das oberste Gesetz aller Staaten ist unstreitig die gemeine Wohlfahrt derselben; die unumschränktesten Herrscher haben nur die Gewalt über ihre Unterthanen, welche durch dieses unveränderliche Gesetz vergönnet, oder nothwendig gemacht wird. Der Despotismus allein, der, in Orient erzeugt, sich in den folgenden Jahrhunderten in einige andere Reiche eingeschlichen hat, wagt es, diese Gewalt weiter zu erstrecken, und sieht die Unterthanen als Sclaven an, die von dem Willkühr des Despoten abhängen; jedoch die weisesten Regenten aller Zeiten haben den Namen eines Vaters ihres Volkes geliebt, und eben dadurch zu erkennen gegeben, daß sie nicht sowohl um ihrer selbst, als um des Vortheils ihrer Unterthanen willen, die großen Vorrechte in Händen haben,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0925" n="913"/>
Verbrecher angesehen werden könnten, sich                      ihrer eigenen Macht, und wenn diese nicht zureichend ist, jeder fremden Hülfe,                      die sie zu ihrem Beystand bereit finden, mit Recht bedienen können. Sie sind                      keine Unterthanen des Fürsten, der sie mißhandelte, sie sind freye Leute, die                      nach den Gesetzen der Natur Gewalt mit Gewalt vertreiben. Oder woferne sie sich                      noch für Unterthanen erklären, so haben sie gleichwohl, als Stände oder Bürger,                      die Befugniß, auf die Erhaltung ihrer Gerechtsame, der Grundverfassung und der                      Verträge des Staats, zu dringen, und diese, es sey durch eigene Macht, oder mit                      Beyhülfe anderer, auch auswärtiger Mächte, zu befördern. Das oberste Gesetz                      aller Staaten ist unstreitig die gemeine Wohlfahrt derselben; die                      unumschränktesten Herrscher haben nur die Gewalt über ihre Unterthanen, welche                      durch dieses unveränderliche Gesetz vergönnet, oder nothwendig gemacht wird. Der                      Despotismus allein, der, in Orient erzeugt, sich in den folgenden Jahrhunderten                      in einige andere Reiche eingeschlichen hat, wagt es, diese Gewalt weiter zu                      erstrecken, und sieht die Unterthanen als Sclaven an, die von dem Willkühr des                      Despoten abhängen; jedoch die weisesten Regenten aller Zeiten haben den Namen                      eines Vaters ihres Volkes geliebt, und eben dadurch zu erkennen gegeben, daß sie                      nicht sowohl um ihrer selbst, als um des Vortheils ihrer Unterthanen willen, die                      großen Vorrechte in Händen haben,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[913/0925] Verbrecher angesehen werden könnten, sich ihrer eigenen Macht, und wenn diese nicht zureichend ist, jeder fremden Hülfe, die sie zu ihrem Beystand bereit finden, mit Recht bedienen können. Sie sind keine Unterthanen des Fürsten, der sie mißhandelte, sie sind freye Leute, die nach den Gesetzen der Natur Gewalt mit Gewalt vertreiben. Oder woferne sie sich noch für Unterthanen erklären, so haben sie gleichwohl, als Stände oder Bürger, die Befugniß, auf die Erhaltung ihrer Gerechtsame, der Grundverfassung und der Verträge des Staats, zu dringen, und diese, es sey durch eigene Macht, oder mit Beyhülfe anderer, auch auswärtiger Mächte, zu befördern. Das oberste Gesetz aller Staaten ist unstreitig die gemeine Wohlfahrt derselben; die unumschränktesten Herrscher haben nur die Gewalt über ihre Unterthanen, welche durch dieses unveränderliche Gesetz vergönnet, oder nothwendig gemacht wird. Der Despotismus allein, der, in Orient erzeugt, sich in den folgenden Jahrhunderten in einige andere Reiche eingeschlichen hat, wagt es, diese Gewalt weiter zu erstrecken, und sieht die Unterthanen als Sclaven an, die von dem Willkühr des Despoten abhängen; jedoch die weisesten Regenten aller Zeiten haben den Namen eines Vaters ihres Volkes geliebt, und eben dadurch zu erkennen gegeben, daß sie nicht sowohl um ihrer selbst, als um des Vortheils ihrer Unterthanen willen, die großen Vorrechte in Händen haben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/925
Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 913. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/925>, abgerufen am 23.11.2024.