Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

vieles und ihnen zum Lohne Länder zutheilen. (Es ist hier nicht von den Schuzheiligen selbst, wie sie für verschiedene Länder und Städte bestimmet sind, sondern von den Beförderern des Heiligendienstes die Rede.) Der Papst erhob seine Diener, machte sie zu seinen Gesandten und Stathaltern in den Ländern, verschafte ihnen große Gewalt und hohes Ansehen; er nam sich ihrer an und verteidigte sie bei allerlei Verdrechen, daß Lasterhafte muste für unschuldig und Ruchlose für heilige Leute gehalten werden: er bediente sich der Boshaften hinwieder zu seinen Absichten, wozu sie durch irdische Vortheile sich lenken ließen; zuweilen, sonderlig in folgenden Zeiten, liessen auch redlige Leute in ihrer Einfalt von ihm sich misbrauchen, weil sie die Tiefen der Bosheit nicht einsahen: aus allerlei Umständen, aus der einreißenden Unwißenheit, aus dem Verfalle der Sitten, aus dem Gezänk der Lehrer und Aufseher, aus den Zerrüttungen in Gemeinenwesen, Völkern und Reichen, wuste Rom Vortheile zuziehen.

Das Ansehen des römischen Stuls wuchs vornemlig, wie vorhin durch den Untergang des alten römischen Reiches, also nun durch den Verfal der fränkischen Macht. Wie mächtige Könige wilkurlig zuherschen pflegen, wen gleich der Schein von Reichsräthen und Ständen beibehalten wird; also die ersten römischen Kaiser, mit Beibehaltung

vieles und ihnen zum Lohne Länder zutheilen. (Es ist hier nicht von den Schuzheiligen selbst, wie sie für verschiedene Länder und Städte bestimmet sind, sondern von den Beförderern des Heiligendienstes die Rede.) Der Papst erhob seine Diener, machte sie zu seinen Gesandten und Stathaltern in den Ländern, verschafte ihnen große Gewalt und hohes Ansehen; er nam sich ihrer an und verteidigte sie bei allerlei Verdrechen, daß Lasterhafte muste für unschuldig und Ruchlose für heilige Leute gehalten werden: er bediente sich der Boshaften hinwieder zu seinen Absichten, wozu sie durch irdische Vortheile sich lenken ließen; zuweilen, sonderlig in folgenden Zeiten, liessen auch redlige Leute in ihrer Einfalt von ihm sich misbrauchen, weil sie die Tiefen der Bosheit nicht einsahen: aus allerlei Umständen, aus der einreißenden Unwißenheit, aus dem Verfalle der Sitten, aus dem Gezänk der Lehrer und Aufseher, aus den Zerrüttungen in Gemeinenwesen, Völkern und Reichen, wuste Rom Vortheile zuziehen.

Das Ansehen des römischen Stuls wuchs vornemlig, wie vorhin durch den Untergang des alten römischen Reiches, also nun durch den Verfal der fränkischen Macht. Wie mächtige Könige wilkurlig zuherschen pflegen, wen gleich der Schein von Reichsräthen und Ständen beibehalten wird; also die ersten römischen Kaiser, mit Beibehaltung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0285" n="273"/>
vieles und ihnen                      zum Lohne Länder zutheilen. (Es ist hier nicht von den Schuzheiligen selbst, wie                      sie für verschiedene Länder und Städte bestimmet sind, sondern von den                      Beförderern des Heiligendienstes die Rede.) Der Papst erhob seine Diener, machte                      sie zu seinen Gesandten und Stathaltern in den Ländern, verschafte ihnen große                      Gewalt und hohes Ansehen; er nam sich ihrer an und verteidigte sie bei allerlei                      Verdrechen, daß Lasterhafte muste für unschuldig und Ruchlose für heilige Leute                      gehalten werden: er bediente sich der Boshaften hinwieder zu seinen Absichten,                      wozu sie durch irdische Vortheile sich lenken ließen; zuweilen, sonderlig in                      folgenden Zeiten, liessen auch redlige Leute in ihrer Einfalt von ihm sich                      misbrauchen, weil sie die Tiefen der Bosheit nicht einsahen: aus allerlei                      Umständen, aus der einreißenden Unwißenheit, aus dem Verfalle der Sitten, aus                      dem Gezänk der Lehrer und Aufseher, aus den Zerrüttungen in Gemeinenwesen,                      Völkern und Reichen, wuste Rom Vortheile zuziehen.</p>
        <p>Das Ansehen des römischen Stuls wuchs vornemlig, wie vorhin durch den Untergang                      des alten römischen Reiches, also nun durch den Verfal der fränkischen Macht.                      Wie mächtige Könige wilkurlig zuherschen pflegen, wen gleich der Schein von                      Reichsräthen und Ständen beibehalten wird; also die ersten römischen Kaiser, mit                      Beibehaltung
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0285] vieles und ihnen zum Lohne Länder zutheilen. (Es ist hier nicht von den Schuzheiligen selbst, wie sie für verschiedene Länder und Städte bestimmet sind, sondern von den Beförderern des Heiligendienstes die Rede.) Der Papst erhob seine Diener, machte sie zu seinen Gesandten und Stathaltern in den Ländern, verschafte ihnen große Gewalt und hohes Ansehen; er nam sich ihrer an und verteidigte sie bei allerlei Verdrechen, daß Lasterhafte muste für unschuldig und Ruchlose für heilige Leute gehalten werden: er bediente sich der Boshaften hinwieder zu seinen Absichten, wozu sie durch irdische Vortheile sich lenken ließen; zuweilen, sonderlig in folgenden Zeiten, liessen auch redlige Leute in ihrer Einfalt von ihm sich misbrauchen, weil sie die Tiefen der Bosheit nicht einsahen: aus allerlei Umständen, aus der einreißenden Unwißenheit, aus dem Verfalle der Sitten, aus dem Gezänk der Lehrer und Aufseher, aus den Zerrüttungen in Gemeinenwesen, Völkern und Reichen, wuste Rom Vortheile zuziehen. Das Ansehen des römischen Stuls wuchs vornemlig, wie vorhin durch den Untergang des alten römischen Reiches, also nun durch den Verfal der fränkischen Macht. Wie mächtige Könige wilkurlig zuherschen pflegen, wen gleich der Schein von Reichsräthen und Ständen beibehalten wird; also die ersten römischen Kaiser, mit Beibehaltung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/285
Zitationshilfe: Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/285>, abgerufen am 17.05.2024.