Auf dem Stule zu Rom sas vorhin Johannes 3, welcher 570 nach dem Beispiele seiner Vorweser zwei Gallische Bischöfe wieder einzusezen befal, die wegen grober Verbrechen abgesezet waren und sich auf ihn berufen hatten: der fränkische König lies die Berufung sowol, als die ungegründete Lossprechung gelten; sie aber betrugen sich so, daß bald Ursach vorhanden war, sie 579 abermals abzusezen und ihnen eine abermalige Flucht nach Rom zuverweren. Es folgte inzwischen 574 Benedictus und 578 Pelagius: dieser gab seine Einwilligung, welche zu Vermeidung alles Zwistes gesuchet wurde, zur Verlegung des Erzbischöfligen Sizes von Aquileja nach der Insel Grada: die dahin gehörigen Istrischen und Venedischen Bischöfe sahen dieses gleichwol für keine so große Gefälligkeit an, daß sie deswegen den Aussprüchen der lezten Constantinopolitanischen Versamlung und Justiniani hätten beitreten wollen, wie Vigilius zulezt und seine Nachfolger gethan: vergebens bemühete sich Pelagius ihnen vorzustellen, daß der heilige Petrus und also auch er selbst nicht irren könne, da sie das Gegentheil glaubten; vergebens trieb er den Exarchen an Gewalt wieder sie zugebrauchen und einige von ihnen gefangen wegzufüren, da sie das erzwungene Bekentnis wiederriefen, sobald sie frei waren. Noch mehr Unruhe verursachte ihm der Patriarch zu Constantinopel, welcher schon lange sich einen alge-
Auf dem Stule zu Rom sas vorhin Johannes 3, welcher 570 nach dem Beispiele seiner Vorweser zwei Gallische Bischöfe wieder einzusezen befal, die wegen grober Verbrechen abgesezet waren und sich auf ihn berufen hatten: der fränkische König lies die Berufung sowol, als die ungegründete Lossprechung gelten; sie aber betrugen sich so, daß bald Ursach vorhanden war, sie 579 abermals abzusezen und ihnen eine abermalige Flucht nach Rom zuverweren. Es folgte inzwischen 574 Benedictus und 578 Pelagius: dieser gab seine Einwilligung, welche zu Vermeidung alles Zwistes gesuchet wurde, zur Verlegung des Erzbischöfligen Sizes von Aquileja nach der Insel Grada: die dahin gehörigen Istrischen und Venedischen Bischöfe sahen dieses gleichwol für keine so große Gefälligkeit an, daß sie deswegen den Aussprüchen der lezten Constantinopolitanischen Versamlung und Justiniani hätten beitreten wollen, wie Vigilius zulezt und seine Nachfolger gethan: vergebens bemühete sich Pelagius ihnen vorzustellen, daß der heilige Petrus und also auch er selbst nicht irren könne, da sie das Gegentheil glaubten; vergebens trieb er den Exarchen an Gewalt wieder sie zugebrauchen und einige von ihnen gefangen wegzufüren, da sie das erzwungene Bekentnis wiederriefen, sobald sie frei waren. Noch mehr Unruhe verursachte ihm der Patriarch zu Constantinopel, welcher schon lange sich einen alge-
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Auf dem Stule zu Rom sas vorhin Johannes 3, welcher 570 nach dem Beispiele seiner Vorweser zwei Gallische Bischöfe wieder einzusezen befal, die wegen grober Verbrechen abgesezet waren und sich auf ihn berufen hatten: der fränkische König lies die Berufung sowol, als die ungegründete Lossprechung gelten; sie aber betrugen sich so, daß bald Ursach vorhanden war, sie 579 abermals abzusezen und ihnen eine abermalige Flucht nach Rom zuverweren. Es folgte inzwischen 574 Benedictus und 578 Pelagius: dieser gab seine Einwilligung, welche zu Vermeidung alles Zwistes gesuchet wurde, zur Verlegung des Erzbischöfligen Sizes von Aquileja nach der Insel Grada: die dahin gehörigen Istrischen und Venedischen Bischöfe sahen dieses gleichwol für keine so große Gefälligkeit an, daß sie deswegen den Aussprüchen der lezten Constantinopolitanischen Versamlung und Justiniani hätten beitreten wollen, wie Vigilius zulezt und seine Nachfolger gethan: vergebens bemühete sich Pelagius ihnen vorzustellen, daß der heilige Petrus und also auch er selbst nicht irren könne, da sie das Gegentheil glaubten; vergebens trieb er den Exarchen an Gewalt wieder sie zugebrauchen und einige von ihnen gefangen wegzufüren, da sie das erzwungene Bekentnis wiederriefen, sobald sie frei waren. Noch mehr Unruhe verursachte ihm der Patriarch zu Constantinopel, welcher schon lange sich einen alge-
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Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/183>, abgerufen am 27.11.2024.
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