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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

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Der 22te März.
gen im ersten Anfall, und zitterte bald darauf vor einer [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
Gott! was ist das wetterwendische Herz der Menschen! Und[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
ist das meinige! Oft, in der Einsamkeit, beim Gebet, beim[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
ligen Abendmal schlägt es aus Liebe gegen Jesum, und vers[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
viel; aber es erblickt die Ehre Jesu in einer vornehmen oder [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
gen Gesellschaft angetastet, oder es stößt einer andern V[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
chung auf, und sogleich verliert es sich unvermerkt, wie die [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
ger in Gethsemane!

Die Hohenpriester und Schriftgelehrten, Herodes und [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
latus verhielten sich schändlich. Jhr Verfahren war ein Gew[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
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Aber so teuflich war ihr Verhalten doch nicht, als die Verräthe[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
des Judas. Hier sehe ich den Gipfel der Bosheit; die Erde h[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
kein grösseres Ungeheuer getragen als ihn, wofern ihm nicht d[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
boshafte Schächer nahe kam, welcher sterbend Gott lästerte. J[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
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rung so vieler Beweise seiner Gottheit, schimpfte und lästerte die[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
ser Elende den Herrn! Welche dringende Gelegenheit zur Bekeh[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
rung hatte dieser Mensch nicht vor allen andern, und er nutzte sie[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
nicht! Und doch stehen noch immer so viele in dem Wahn: daß[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]
es ihnen auf dem Todbette so leicht, ja fast unvermeidlich werde,
sich zu bekehren?

Jedoch, ich will einen angenehmern Gegenstand betrachten.
Deine Göttlichkeit, mein Heiland! leuchtet auch aus deinem
Verhalten gegen alle diese Treulosen und Boshaften hervor. Du
kontest verfluchen: aber du segnetest. Das höchst undankbare
menschliche Geschlecht verdiente, daß du es zur Hölle verstiessest:
und du versprachst einem reuigen Missethäter das Paradies! So
langmütig konte kein blosser Mensch seyn. Auch du nur kanst
meine unzählige Sünden vergeben. Vergib sie mir; ich will mich
nicht mehr zu deinen Feinden gesellen, sondern dich von nun an
immer brünstiger lieben! Herr! gedenk an mich, wenn ich in dein
Reich komme!

Der

Der 22te Maͤrz.
gen im erſten Anfall, und zitterte bald darauf vor einer [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
Gott! was iſt das wetterwendiſche Herz der Menſchen! Und[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
iſt das meinige! Oft, in der Einſamkeit, beim Gebet, beim[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
ligen Abendmal ſchlaͤgt es aus Liebe gegen Jeſum, und verſ[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
viel; aber es erblickt die Ehre Jeſu in einer vornehmen oder [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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ger in Gethſemane!

Die Hohenprieſter und Schriftgelehrten, Herodes und [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
latus verhielten ſich ſchaͤndlich. Jhr Verfahren war ein Gew[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]
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es ihnen auf dem Todbette ſo leicht, ja faſt unvermeidlich werde,
ſich zu bekehren?

Jedoch, ich will einen angenehmern Gegenſtand betrachten.
Deine Goͤttlichkeit, mein Heiland! leuchtet auch aus deinem
Verhalten gegen alle dieſe Treuloſen und Boshaften hervor. Du
konteſt verfluchen: aber du ſegneteſt. Das hoͤchſt undankbare
menſchliche Geſchlecht verdiente, daß du es zur Hoͤlle verſtieſſeſt:
und du verſprachſt einem reuigen Miſſethaͤter das Paradies! So
langmuͤtig konte kein bloſſer Menſch ſeyn. Auch du nur kanſt
meine unzaͤhlige Suͤnden vergeben. Vergib ſie mir; ich will mich
nicht mehr zu deinen Feinden geſellen, ſondern dich von nun an
immer bruͤnſtiger lieben! Herr! gedenk an mich, wenn ich in dein
Reich komme!

Der
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[170[200]/0207] Der 22te Maͤrz. gen im erſten Anfall, und zitterte bald darauf vor einer _ Gott! was iſt das wetterwendiſche Herz der Menſchen! Und_ iſt das meinige! Oft, in der Einſamkeit, beim Gebet, beim_ ligen Abendmal ſchlaͤgt es aus Liebe gegen Jeſum, und verſ_ viel; aber es erblickt die Ehre Jeſu in einer vornehmen oder _ gen Geſellſchaft angetaſtet, oder es ſtoͤßt einer andern V_ chung auf, und ſogleich verliert es ſich unvermerkt, wie die _ ger in Gethſemane! Die Hohenprieſter und Schriftgelehrten, Herodes und _ latus verhielten ſich ſchaͤndlich. Jhr Verfahren war ein Gew_ von Niedertraͤchtigkeit, Menſchenfurcht, Geiz und Aberglaub_ Aber ſo teuflich war ihr Verhalten doch nicht, als die Verraͤthe_ des Judas. Hier ſehe ich den Gipfel der Bosheit; die Erde h_ kein groͤſſeres Ungeheuer getragen als ihn, wofern ihm nicht d_ boshafte Schaͤcher nahe kam, welcher ſterbend Gott laͤſterte. J_ der Todesſtunde, an der Seite Jeſu bei Erblickung und Anhoͤ_ rung ſo vieler Beweiſe ſeiner Gottheit, ſchimpfte und laͤſterte die_ ſer Elende den Herrn! Welche dringende Gelegenheit zur Bekeh_ rung hatte dieſer Menſch nicht vor allen andern, und er nutzte ſie_ nicht! Und doch ſtehen noch immer ſo viele in dem Wahn: daß_ es ihnen auf dem Todbette ſo leicht, ja faſt unvermeidlich werde, ſich zu bekehren? Jedoch, ich will einen angenehmern Gegenſtand betrachten. Deine Goͤttlichkeit, mein Heiland! leuchtet auch aus deinem Verhalten gegen alle dieſe Treuloſen und Boshaften hervor. Du konteſt verfluchen: aber du ſegneteſt. Das hoͤchſt undankbare menſchliche Geſchlecht verdiente, daß du es zur Hoͤlle verſtieſſeſt: und du verſprachſt einem reuigen Miſſethaͤter das Paradies! So langmuͤtig konte kein bloſſer Menſch ſeyn. Auch du nur kanſt meine unzaͤhlige Suͤnden vergeben. Vergib ſie mir; ich will mich nicht mehr zu deinen Feinden geſellen, ſondern dich von nun an immer bruͤnſtiger lieben! Herr! gedenk an mich, wenn ich in dein Reich komme! Der

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 170[200]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/207>, abgerufen am 13.06.2024.