Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Wochenblattes, einem, der Correspondenzartikel schrieb, und diesem Theaterkritiker -- was wird nun für diese Bande zusammengenommen geboten? Ein alter Trödler rief, nachdem er eine Weile die Hand an die Stirne gelegt hatte: Einen Groschen! Der Auctionator fragte: Einen Groschen also? Niemand mehr? Einen Groschen zum Ersten -- er erhob den Hammer. Da rief ein kleiner schmutziger Judenjunge: Einen Groschen sechs Pfennige. Der Auctionator wiederholte das Gebot zum ersten, zum zweiten Mal, schon wollte das dritte Wort mit dem Hammer mich zusammt jenen Gesellen dem kleinen Israeliten zuschlagen, als sich die Thüre öffnete und du, Clara, in voller Herrlichkeit mit einem großen Gefolge von vornehmen Damen hereintratest, indem du gebieterisch mit stolzer Miene und Stellung: Halt! riefest. Alle erschraken und verwunderten sich, und mein Herz war in Freude bewegt. Meinen eigenen Mann verauctioniren? sagtest du mit Unwillen; wie viel ist bis jetzt geboten? Der alte Ausrufer verbeugte sich sehr tief, setzte einen Stuhl für dich hin und sagte hochroth vor Verlegenheit: Bis jetzt haben wir einen und einen halben Groschen im Angebot auf Dero Herrn Gemahl. Du sagtest: Ich biete aber nur allein auf meinen Mann und begehre, daß jene Personen wieder entfernt werden. Achtzehn Pfennige für den unvergleichlichen Mann! Unerhört! Ich setze gleich zum Anfang tausend Wochenblattes, einem, der Correspondenzartikel schrieb, und diesem Theaterkritiker — was wird nun für diese Bande zusammengenommen geboten? Ein alter Trödler rief, nachdem er eine Weile die Hand an die Stirne gelegt hatte: Einen Groschen! Der Auctionator fragte: Einen Groschen also? Niemand mehr? Einen Groschen zum Ersten — er erhob den Hammer. Da rief ein kleiner schmutziger Judenjunge: Einen Groschen sechs Pfennige. Der Auctionator wiederholte das Gebot zum ersten, zum zweiten Mal, schon wollte das dritte Wort mit dem Hammer mich zusammt jenen Gesellen dem kleinen Israeliten zuschlagen, als sich die Thüre öffnete und du, Clara, in voller Herrlichkeit mit einem großen Gefolge von vornehmen Damen hereintratest, indem du gebieterisch mit stolzer Miene und Stellung: Halt! riefest. Alle erschraken und verwunderten sich, und mein Herz war in Freude bewegt. Meinen eigenen Mann verauctioniren? sagtest du mit Unwillen; wie viel ist bis jetzt geboten? Der alte Ausrufer verbeugte sich sehr tief, setzte einen Stuhl für dich hin und sagte hochroth vor Verlegenheit: Bis jetzt haben wir einen und einen halben Groschen im Angebot auf Dero Herrn Gemahl. Du sagtest: Ich biete aber nur allein auf meinen Mann und begehre, daß jene Personen wieder entfernt werden. Achtzehn Pfennige für den unvergleichlichen Mann! Unerhört! Ich setze gleich zum Anfang tausend <TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0050"/> Wochenblattes, einem, der Correspondenzartikel schrieb, und diesem Theaterkritiker — was wird nun für diese Bande zusammengenommen geboten?</p><lb/> <p>Ein alter Trödler rief, nachdem er eine Weile die Hand an die Stirne gelegt hatte: Einen Groschen! Der Auctionator fragte: Einen Groschen also? Niemand mehr? Einen Groschen zum Ersten — er erhob den Hammer. Da rief ein kleiner schmutziger Judenjunge: Einen Groschen sechs Pfennige. Der Auctionator wiederholte das Gebot zum ersten, zum zweiten Mal, schon wollte das dritte Wort mit dem Hammer mich zusammt jenen Gesellen dem kleinen Israeliten zuschlagen, als sich die Thüre öffnete und du, Clara, in voller Herrlichkeit mit einem großen Gefolge von vornehmen Damen hereintratest, indem du gebieterisch mit stolzer Miene und Stellung: Halt! riefest. Alle erschraken und verwunderten sich, und mein Herz war in Freude bewegt. Meinen eigenen Mann verauctioniren? sagtest du mit Unwillen; wie viel ist bis jetzt geboten? Der alte Ausrufer verbeugte sich sehr tief, setzte einen Stuhl für dich hin und sagte hochroth vor Verlegenheit: Bis jetzt haben wir einen und einen halben Groschen im Angebot auf Dero Herrn Gemahl.</p><lb/> <p>Du sagtest: Ich biete aber nur allein auf meinen Mann und begehre, daß jene Personen wieder entfernt werden. Achtzehn Pfennige für den unvergleichlichen Mann! Unerhört! Ich setze gleich zum Anfang tausend<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0050]
Wochenblattes, einem, der Correspondenzartikel schrieb, und diesem Theaterkritiker — was wird nun für diese Bande zusammengenommen geboten?
Ein alter Trödler rief, nachdem er eine Weile die Hand an die Stirne gelegt hatte: Einen Groschen! Der Auctionator fragte: Einen Groschen also? Niemand mehr? Einen Groschen zum Ersten — er erhob den Hammer. Da rief ein kleiner schmutziger Judenjunge: Einen Groschen sechs Pfennige. Der Auctionator wiederholte das Gebot zum ersten, zum zweiten Mal, schon wollte das dritte Wort mit dem Hammer mich zusammt jenen Gesellen dem kleinen Israeliten zuschlagen, als sich die Thüre öffnete und du, Clara, in voller Herrlichkeit mit einem großen Gefolge von vornehmen Damen hereintratest, indem du gebieterisch mit stolzer Miene und Stellung: Halt! riefest. Alle erschraken und verwunderten sich, und mein Herz war in Freude bewegt. Meinen eigenen Mann verauctioniren? sagtest du mit Unwillen; wie viel ist bis jetzt geboten? Der alte Ausrufer verbeugte sich sehr tief, setzte einen Stuhl für dich hin und sagte hochroth vor Verlegenheit: Bis jetzt haben wir einen und einen halben Groschen im Angebot auf Dero Herrn Gemahl.
Du sagtest: Ich biete aber nur allein auf meinen Mann und begehre, daß jene Personen wieder entfernt werden. Achtzehn Pfennige für den unvergleichlichen Mann! Unerhört! Ich setze gleich zum Anfang tausend
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_ueberfluss_1910/50>, abgerufen am 03.12.2023. |