Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.kam jetzt zur Thür herein, und ich trat einen Schritt vor, um ihm einen Auftrag zu geben, aber der Auctionator stieß mich heftig mit den Worten zurück: Still, altes Möbel! Kennt Er die Pflichten seines Standes so wenig? Hier ist Seine Bestimmung, sich ruhig zu halten! Das wäre mir, wenn die Auctionsstücke selbständig werden wollten. -- Wieder auf eine neue Anfrage antwortete Niemand. -- Der Lump ist nichts werth, hörte man aus einem Winkel; wer wird auf den Taugenichts etwas bieten? sagte ein Andrer. Mir trat der Angstschweiß auf die Stirn. Ich winkte meinem Bedienten mit den Augen, daß er eine Kleinigkeit bieten möchte; denn, so dachte ich ganz vernünftig, hat mich der Mensch nur erst erstanden und ich bin aus dem verfluchten Saal, so werde ich mich draußen schon mit meinem Diener abfinden, da wir uns kennen; ich will ihm seine Auslage wieder erstatten und ein Trinkgeld noch obendrein verabreichen. Der mochte aber kein Geld bei sich haben oder mein Winken nicht verstehen, vielleicht, daß ihm diese ganze Anstalt unbekannt und unbegreiflich war, genug, er rührte sich nicht von seinem Platze. Der Auctionator war verdrießlich, er winkte seinem Gehülfen und sagte zu diesem: Hol mir Nummer 2, 3 und 4 aus der Kammer. Der starke Mensch brachte drei zerlumpte Kerle, und der Ausrufer sprach: Da man auf diesen Diplomaten gar nichts bieten will, so vereinigen wir ihn mit diesen drei Tagesschriftstellern, einem abgestandenen Redacteur eines kam jetzt zur Thür herein, und ich trat einen Schritt vor, um ihm einen Auftrag zu geben, aber der Auctionator stieß mich heftig mit den Worten zurück: Still, altes Möbel! Kennt Er die Pflichten seines Standes so wenig? Hier ist Seine Bestimmung, sich ruhig zu halten! Das wäre mir, wenn die Auctionsstücke selbständig werden wollten. — Wieder auf eine neue Anfrage antwortete Niemand. — Der Lump ist nichts werth, hörte man aus einem Winkel; wer wird auf den Taugenichts etwas bieten? sagte ein Andrer. Mir trat der Angstschweiß auf die Stirn. Ich winkte meinem Bedienten mit den Augen, daß er eine Kleinigkeit bieten möchte; denn, so dachte ich ganz vernünftig, hat mich der Mensch nur erst erstanden und ich bin aus dem verfluchten Saal, so werde ich mich draußen schon mit meinem Diener abfinden, da wir uns kennen; ich will ihm seine Auslage wieder erstatten und ein Trinkgeld noch obendrein verabreichen. Der mochte aber kein Geld bei sich haben oder mein Winken nicht verstehen, vielleicht, daß ihm diese ganze Anstalt unbekannt und unbegreiflich war, genug, er rührte sich nicht von seinem Platze. Der Auctionator war verdrießlich, er winkte seinem Gehülfen und sagte zu diesem: Hol mir Nummer 2, 3 und 4 aus der Kammer. Der starke Mensch brachte drei zerlumpte Kerle, und der Ausrufer sprach: Da man auf diesen Diplomaten gar nichts bieten will, so vereinigen wir ihn mit diesen drei Tagesschriftstellern, einem abgestandenen Redacteur eines <TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0049"/> kam jetzt zur Thür herein, und ich trat einen Schritt vor, um ihm einen Auftrag zu geben, aber der Auctionator stieß mich heftig mit den Worten zurück: Still, altes Möbel! Kennt Er die Pflichten seines Standes so wenig? Hier ist Seine Bestimmung, sich ruhig zu halten! Das wäre mir, wenn die Auctionsstücke selbständig werden wollten. — Wieder auf eine neue Anfrage antwortete Niemand. — Der Lump ist nichts werth, hörte man aus einem Winkel; wer wird auf den Taugenichts etwas bieten? sagte ein Andrer. Mir trat der Angstschweiß auf die Stirn. Ich winkte meinem Bedienten mit den Augen, daß er eine Kleinigkeit bieten möchte; denn, so dachte ich ganz vernünftig, hat mich der Mensch nur erst erstanden und ich bin aus dem verfluchten Saal, so werde ich mich draußen schon mit meinem Diener abfinden, da wir uns kennen; ich will ihm seine Auslage wieder erstatten und ein Trinkgeld noch obendrein verabreichen. Der mochte aber kein Geld bei sich haben oder mein Winken nicht verstehen, vielleicht, daß ihm diese ganze Anstalt unbekannt und unbegreiflich war, genug, er rührte sich nicht von seinem Platze. Der Auctionator war verdrießlich, er winkte seinem Gehülfen und sagte zu diesem: Hol mir Nummer 2, 3 und 4 aus der Kammer. Der starke Mensch brachte drei zerlumpte Kerle, und der Ausrufer sprach: Da man auf diesen Diplomaten gar nichts bieten will, so vereinigen wir ihn mit diesen drei Tagesschriftstellern, einem abgestandenen Redacteur eines<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0049]
kam jetzt zur Thür herein, und ich trat einen Schritt vor, um ihm einen Auftrag zu geben, aber der Auctionator stieß mich heftig mit den Worten zurück: Still, altes Möbel! Kennt Er die Pflichten seines Standes so wenig? Hier ist Seine Bestimmung, sich ruhig zu halten! Das wäre mir, wenn die Auctionsstücke selbständig werden wollten. — Wieder auf eine neue Anfrage antwortete Niemand. — Der Lump ist nichts werth, hörte man aus einem Winkel; wer wird auf den Taugenichts etwas bieten? sagte ein Andrer. Mir trat der Angstschweiß auf die Stirn. Ich winkte meinem Bedienten mit den Augen, daß er eine Kleinigkeit bieten möchte; denn, so dachte ich ganz vernünftig, hat mich der Mensch nur erst erstanden und ich bin aus dem verfluchten Saal, so werde ich mich draußen schon mit meinem Diener abfinden, da wir uns kennen; ich will ihm seine Auslage wieder erstatten und ein Trinkgeld noch obendrein verabreichen. Der mochte aber kein Geld bei sich haben oder mein Winken nicht verstehen, vielleicht, daß ihm diese ganze Anstalt unbekannt und unbegreiflich war, genug, er rührte sich nicht von seinem Platze. Der Auctionator war verdrießlich, er winkte seinem Gehülfen und sagte zu diesem: Hol mir Nummer 2, 3 und 4 aus der Kammer. Der starke Mensch brachte drei zerlumpte Kerle, und der Ausrufer sprach: Da man auf diesen Diplomaten gar nichts bieten will, so vereinigen wir ihn mit diesen drei Tagesschriftstellern, einem abgestandenen Redacteur eines
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Des Lebens Überfluß. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_ueberfluss_1910/49>, abgerufen am 16.07.2024. |