O, wer wäre Mensch verblieben, Ohne Götter, ohne Lieben, Ohne Sehnsucht, ohne Kuß? --
Bacchus sah, ein junger Gott Lächelnder Wang' mit Blicken munter, Zur verlaßnen Erd' hinunter Ihn bewegt' der Menschheit Noth.
Und es spricht die Silberstimme: Meine Freunde sind zu wild, Ihrem eigensinn'gen Grimme Unterliegt das Menschenbild.
Weil kein Tod den Gott betastet Höhnen sie die Sterblichkeit, Die, von ihrem Zorn belastet, Leben fühlt im bittern Leid. --
Aber, meine Freunde, ich bin des Sin¬ gens und Trinkens überdrüssig. Und mit diesen Worten sprang er vom Tische her¬ unter.
Unter der berauschten Gesellschaft entstand ein Gemurmel, weil sie stritten, welcher von
O, wer wäre Menſch verblieben, Ohne Götter, ohne Lieben, Ohne Sehnſucht, ohne Kuß? —
Bacchus ſah, ein junger Gott Lächelnder Wang' mit Blicken munter, Zur verlaßnen Erd' hinunter Ihn bewegt' der Menſchheit Noth.
Und es ſpricht die Silberſtimme: Meine Freunde ſind zu wild, Ihrem eigenſinn'gen Grimme Unterliegt das Menſchenbild.
Weil kein Tod den Gott betaſtet Höhnen ſie die Sterblichkeit, Die, von ihrem Zorn belaſtet, Leben fühlt im bittern Leid. —
Aber, meine Freunde, ich bin des Sin¬ gens und Trinkens überdrüſſig. Und mit dieſen Worten ſprang er vom Tiſche her¬ unter.
Unter der berauſchten Geſellſchaft entſtand ein Gemurmel, weil ſie ſtritten, welcher von
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[68/0076]
O, wer wäre Menſch verblieben,
Ohne Götter, ohne Lieben,
Ohne Sehnſucht, ohne Kuß? —
Bacchus ſah, ein junger Gott
Lächelnder Wang' mit Blicken munter,
Zur verlaßnen Erd' hinunter
Ihn bewegt' der Menſchheit Noth.
Und es ſpricht die Silberſtimme:
Meine Freunde ſind zu wild,
Ihrem eigenſinn'gen Grimme
Unterliegt das Menſchenbild.
Weil kein Tod den Gott betaſtet
Höhnen ſie die Sterblichkeit,
Die, von ihrem Zorn belaſtet,
Leben fühlt im bittern Leid. —
Aber, meine Freunde, ich bin des Sin¬
gens und Trinkens überdrüſſig. Und mit
dieſen Worten ſprang er vom Tiſche her¬
unter.
Unter der berauſchten Geſellſchaft entſtand
ein Gemurmel, weil ſie ſtritten, welcher von
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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/76>, abgerufen am 16.02.2025.
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