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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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das Herz gesessen, als Ihr im Vatikan vor
Rafael's Unsterblichkeit standet?

Alle mußten über den Ungestüm des
Jünglings lachen, und er selbst lachte von
Herzen mit, obgleich ihm eine Thräne im
Auge stand, die ihm seine begeisterte Rede
hervorgebracht hatte. Ich bin ein Römer,
sagte er dann, und ich gestehe, daß ich Rom
unaussprechlich liebe; Rafael ist es beson¬
ders, der Rom ausgeschmückt hat, und seine
hauptsächlichsten Gemählde befinden sich dort.
Vergebt mir, und sagt nun, was Ihr wollt;
ich werde Euch gewiß nicht noch einmal so
heftig widersprechen.

So ist denn dieser Rafael gestorben!
fing Franz von neuem an, indem sie wieder
friedlich über das Feld gingen. Wie alt ist
er denn geworden?

Gerade neun und dreißig Jahre, sagte
der Mönch. Am Charfreitage, an diesem

das Herz geſeſſen, als Ihr im Vatikan vor
Rafael's Unſterblichkeit ſtandet?

Alle mußten über den Ungeſtüm des
Jünglings lachen, und er ſelbſt lachte von
Herzen mit, obgleich ihm eine Thräne im
Auge ſtand, die ihm ſeine begeiſterte Rede
hervorgebracht hatte. Ich bin ein Römer,
ſagte er dann, und ich geſtehe, daß ich Rom
unausſprechlich liebe; Rafael iſt es beſon¬
ders, der Rom ausgeſchmückt hat, und ſeine
hauptſächlichſten Gemählde befinden ſich dort.
Vergebt mir, und ſagt nun, was Ihr wollt;
ich werde Euch gewiß nicht noch einmal ſo
heftig widerſprechen.

So iſt denn dieſer Rafael geſtorben!
fing Franz von neuem an, indem ſie wieder
friedlich über das Feld gingen. Wie alt iſt
er denn geworden?

Gerade neun und dreißig Jahre, ſagte
der Mönch. Am Charfreitage, an dieſem

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[37/0045] das Herz geſeſſen, als Ihr im Vatikan vor Rafael's Unſterblichkeit ſtandet? Alle mußten über den Ungeſtüm des Jünglings lachen, und er ſelbſt lachte von Herzen mit, obgleich ihm eine Thräne im Auge ſtand, die ihm ſeine begeiſterte Rede hervorgebracht hatte. Ich bin ein Römer, ſagte er dann, und ich geſtehe, daß ich Rom unausſprechlich liebe; Rafael iſt es beſon¬ ders, der Rom ausgeſchmückt hat, und ſeine hauptſächlichſten Gemählde befinden ſich dort. Vergebt mir, und ſagt nun, was Ihr wollt; ich werde Euch gewiß nicht noch einmal ſo heftig widerſprechen. So iſt denn dieſer Rafael geſtorben! fing Franz von neuem an, indem ſie wieder friedlich über das Feld gingen. Wie alt iſt er denn geworden? Gerade neun und dreißig Jahre, ſagte der Mönch. Am Charfreitage, an dieſem

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/45>, abgerufen am 29.03.2024.