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Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798.

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wollte, ich versöhnte sie aber endlich, ich
mußte fort, und versprach ihr, auf meiner
Rückreise von England sie gewiß wieder zu
besuchen. Und Du sahst damals, daß ich
ihr auch Wort hielt.

Ich kam an: schon sah ich mit Verdruß
und klopfendem Herzen den Garten mit der
mir so wohl bekannten Mauer, schon suchte
mein Auge das Mädchen, aber die Sachen
hatten sich indessen sehr verändert. Sie war
verheirathet, sie wohnte in einem andern
Hause, und was das Schlimmste war, sie
liebte sogar ihren Mann; als ich sie besuch¬
te, bat sie mich mit der höchsten Angst, doch
ja je eher je lieber wieder fortzugehn. Ich
gehorchte ihr, um ihr Glück nicht zu stören,
-- Siehst Du, mein Freund, das ist die
unbedeutende Geschichte einer Bekanntschaft,
die sich ganz anders endigte, als ich er¬
wartet hatte.

Dir

wollte, ich verſöhnte ſie aber endlich, ich
mußte fort, und verſprach ihr, auf meiner
Rückreiſe von England ſie gewiß wieder zu
beſuchen. Und Du ſahſt damals, daß ich
ihr auch Wort hielt.

Ich kam an: ſchon ſah ich mit Verdruß
und klopfendem Herzen den Garten mit der
mir ſo wohl bekannten Mauer, ſchon ſuchte
mein Auge das Mädchen, aber die Sachen
hatten ſich indeſſen ſehr verändert. Sie war
verheirathet, ſie wohnte in einem andern
Hauſe, und was das Schlimmſte war, ſie
liebte ſogar ihren Mann; als ich ſie beſuch¬
te, bat ſie mich mit der höchſten Angſt, doch
ja je eher je lieber wieder fortzugehn. Ich
gehorchte ihr, um ihr Glück nicht zu ſtören,
— Siehſt Du, mein Freund, das iſt die
unbedeutende Geſchichte einer Bekanntſchaft,
die ſich ganz anders endigte, als ich er¬
wartet hatte.

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[160/0168] wollte, ich verſöhnte ſie aber endlich, ich mußte fort, und verſprach ihr, auf meiner Rückreiſe von England ſie gewiß wieder zu beſuchen. Und Du ſahſt damals, daß ich ihr auch Wort hielt. Ich kam an: ſchon ſah ich mit Verdruß und klopfendem Herzen den Garten mit der mir ſo wohl bekannten Mauer, ſchon ſuchte mein Auge das Mädchen, aber die Sachen hatten ſich indeſſen ſehr verändert. Sie war verheirathet, ſie wohnte in einem andern Hauſe, und was das Schlimmſte war, ſie liebte ſogar ihren Mann; als ich ſie beſuch¬ te, bat ſie mich mit der höchſten Angſt, doch ja je eher je lieber wieder fortzugehn. Ich gehorchte ihr, um ihr Glück nicht zu ſtören, — Siehſt Du, mein Freund, das iſt die unbedeutende Geſchichte einer Bekanntſchaft, die ſich ganz anders endigte, als ich er¬ wartet hatte. Dir

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbald's Wanderungen. Bd. 2. Berlin, 1798, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald02_1798/168>, abgerufen am 25.04.2024.