Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

schen gegönnt ist. Mit magnetischer Gewalt
zieht der unsichtbare Himmel mein Herz an
sich und bewegt alle Ahndungen durcheinan¬
der, die längst ausgeweinten Freuden, die
unmöglichen Wonnen, die Hofnungen, die
keine Erfüllung zugeben. Und ich kann es
keinem Menschen, keinem Bruder einmahl
klagen, wie mein Gemüth zugerichtet ist,
denn keiner würde meine Worte verstehen.
Daher aber gebricht mir die Kraft, die den
übrigen Menschen verliehen ist, und die uns
zum Leben nothwendig bleibt, ich matte
mich ab in mir selber und keiner hat dessen
Gewinn, mein Muth verzehrt sich, ich wün¬
sche was ich selbst nicht kenne. Wie Ja¬
kob seh im Traume die Himmelsleiter mit
ihren Engeln, aber ich kann nicht selbst hin¬
aufsteigen, um oben in das glänzende Pa¬
radies zu schauen, denn der Schlaf hat
meine Glieder bezwungen, und was ich se¬

ſchen gegönnt iſt. Mit magnetiſcher Gewalt
zieht der unſichtbare Himmel mein Herz an
ſich und bewegt alle Ahndungen durcheinan¬
der, die längſt ausgeweinten Freuden, die
unmöglichen Wonnen, die Hofnungen, die
keine Erfüllung zugeben. Und ich kann es
keinem Menſchen, keinem Bruder einmahl
klagen, wie mein Gemüth zugerichtet iſt,
denn keiner würde meine Worte verſtehen.
Daher aber gebricht mir die Kraft, die den
übrigen Menſchen verliehen iſt, und die uns
zum Leben nothwendig bleibt, ich matte
mich ab in mir ſelber und keiner hat deſſen
Gewinn, mein Muth verzehrt ſich, ich wün¬
ſche was ich ſelbſt nicht kenne. Wie Ja¬
kob ſeh im Traume die Himmelsleiter mit
ihren Engeln, aber ich kann nicht ſelbſt hin¬
aufſteigen, um oben in das glänzende Pa¬
radies zu ſchauen, denn der Schlaf hat
meine Glieder bezwungen, und was ich ſe¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0088" n="77"/>
&#x017F;chen gegönnt i&#x017F;t. Mit magneti&#x017F;cher Gewalt<lb/>
zieht der un&#x017F;ichtbare Himmel mein Herz an<lb/>
&#x017F;ich und bewegt alle Ahndungen durcheinan¬<lb/>
der, die läng&#x017F;t ausgeweinten Freuden, die<lb/>
unmöglichen Wonnen, die Hofnungen, die<lb/>
keine Erfüllung zugeben. Und ich <choice><sic>kan</sic><corr>kann</corr></choice> es<lb/>
keinem Men&#x017F;chen, keinem Bruder einmahl<lb/>
klagen, wie mein Gemüth zugerichtet i&#x017F;t,<lb/>
denn keiner würde meine Worte ver&#x017F;tehen.<lb/>
Daher aber gebricht mir die Kraft, die den<lb/>
übrigen Men&#x017F;chen verliehen i&#x017F;t, und die uns<lb/>
zum Leben nothwendig bleibt, ich matte<lb/>
mich ab in mir &#x017F;elber und keiner hat de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Gewinn, mein Muth verzehrt &#x017F;ich, ich wün¬<lb/>
&#x017F;che was ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht kenne. Wie Ja¬<lb/>
kob &#x017F;eh im Traume die Himmelsleiter mit<lb/>
ihren Engeln, aber ich kann nicht &#x017F;elb&#x017F;t hin¬<lb/>
auf&#x017F;teigen, um oben in das glänzende Pa¬<lb/>
radies zu &#x017F;chauen, denn der Schlaf hat<lb/>
meine Glieder bezwungen, und was ich &#x017F;<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0088] ſchen gegönnt iſt. Mit magnetiſcher Gewalt zieht der unſichtbare Himmel mein Herz an ſich und bewegt alle Ahndungen durcheinan¬ der, die längſt ausgeweinten Freuden, die unmöglichen Wonnen, die Hofnungen, die keine Erfüllung zugeben. Und ich kann es keinem Menſchen, keinem Bruder einmahl klagen, wie mein Gemüth zugerichtet iſt, denn keiner würde meine Worte verſtehen. Daher aber gebricht mir die Kraft, die den übrigen Menſchen verliehen iſt, und die uns zum Leben nothwendig bleibt, ich matte mich ab in mir ſelber und keiner hat deſſen Gewinn, mein Muth verzehrt ſich, ich wün¬ ſche was ich ſelbſt nicht kenne. Wie Ja¬ kob ſeh im Traume die Himmelsleiter mit ihren Engeln, aber ich kann nicht ſelbſt hin¬ aufſteigen, um oben in das glänzende Pa¬ radies zu ſchauen, denn der Schlaf hat meine Glieder bezwungen, und was ich ſe¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/88
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/88>, abgerufen am 22.11.2024.