Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

"warum sie nicht zu ihrem eigenen Glücke
"mit sich einiger werden. Wie lebt mein
"Bauer hier für sich und ist zufrieden und
"ist wahrhaft glücklich. Er ist nicht blos
"glücklich, weil er sich an diesen Zustand
"gewöhnt hat, weil er nichts besseres kennt,
"weil er sich findet, sondern alles ist ihm
"recht, weil er innerlich von Herzen ver¬
"gnügt ist und weil ihm Unzufriedenheit
"mit sich etwas Fremdes ist. Nur Nürn¬
"berg wünscht er vor seinem Tode noch zu
"sehen und lebt doch so nahe dabei; wie mich
"das gerührt hat!"

"Wir sprechen immer von einer goldnen
"Zeit und denken sie uns so weit weg und
"mahlen sie uns mit so sonderbaren und
"buntgrellen Farben aus. O theurer Se¬
"bastian, oft dicht vor unsern Füßen liegt
"dieses wundervolle Land, nach dem wir
"jenseits des Oceans und jenseits der Sünd¬

«warum ſie nicht zu ihrem eigenen Glücke
«mit ſich einiger werden. Wie lebt mein
«Bauer hier für ſich und iſt zufrieden und
«iſt wahrhaft glücklich. Er iſt nicht blos
«glücklich, weil er ſich an dieſen Zuſtand
«gewöhnt hat, weil er nichts beſſeres kennt,
«weil er ſich findet, ſondern alles iſt ihm
«recht, weil er innerlich von Herzen ver¬
«gnügt iſt und weil ihm Unzufriedenheit
«mit ſich etwas Fremdes iſt. Nur Nürn¬
«berg wünſcht er vor ſeinem Tode noch zu
«ſehen und lebt doch ſo nahe dabei; wie mich
«das gerührt hat!«

«Wir ſprechen immer von einer goldnen
«Zeit und denken ſie uns ſo weit weg und
«mahlen ſie uns mit ſo ſonderbaren und
«buntgrellen Farben aus. O theurer Se¬
«baſtian, oft dicht vor unſern Füßen liegt
«dieſes wundervolle Land, nach dem wir
«jenſeits des Oceans und jenſeits der Sünd¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0056" n="45"/>
«warum &#x017F;ie nicht zu ihrem eigenen Glücke<lb/>
«mit &#x017F;ich einiger werden. Wie lebt mein<lb/>
«Bauer hier für &#x017F;ich und i&#x017F;t zufrieden und<lb/>
«i&#x017F;t wahrhaft glücklich. Er i&#x017F;t nicht blos<lb/>
«glücklich, weil er &#x017F;ich an die&#x017F;en Zu&#x017F;tand<lb/>
«gewöhnt hat, weil er nichts be&#x017F;&#x017F;eres kennt,<lb/>
«weil er &#x017F;ich findet, &#x017F;ondern alles i&#x017F;t ihm<lb/>
«recht, weil er innerlich von Herzen ver¬<lb/>
«gnügt i&#x017F;t und weil ihm Unzufriedenheit<lb/>
«mit &#x017F;ich etwas Fremdes i&#x017F;t. Nur Nürn¬<lb/>
«berg wün&#x017F;cht er vor &#x017F;einem Tode noch zu<lb/>
«&#x017F;ehen und lebt doch &#x017F;o nahe dabei; wie mich<lb/>
«das gerührt hat!«</p><lb/>
            <p>«Wir &#x017F;prechen immer von einer goldnen<lb/>
«Zeit und denken &#x017F;ie uns &#x017F;o weit weg und<lb/>
«mahlen &#x017F;ie uns mit &#x017F;o &#x017F;onderbaren und<lb/>
«buntgrellen Farben aus. O theurer Se¬<lb/>
«ba&#x017F;tian, oft dicht vor un&#x017F;ern Füßen liegt<lb/>
«die&#x017F;es wundervolle Land, nach dem wir<lb/>
«jen&#x017F;eits des Oceans und jen&#x017F;eits der Sünd¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0056] «warum ſie nicht zu ihrem eigenen Glücke «mit ſich einiger werden. Wie lebt mein «Bauer hier für ſich und iſt zufrieden und «iſt wahrhaft glücklich. Er iſt nicht blos «glücklich, weil er ſich an dieſen Zuſtand «gewöhnt hat, weil er nichts beſſeres kennt, «weil er ſich findet, ſondern alles iſt ihm «recht, weil er innerlich von Herzen ver¬ «gnügt iſt und weil ihm Unzufriedenheit «mit ſich etwas Fremdes iſt. Nur Nürn¬ «berg wünſcht er vor ſeinem Tode noch zu «ſehen und lebt doch ſo nahe dabei; wie mich «das gerührt hat!« «Wir ſprechen immer von einer goldnen «Zeit und denken ſie uns ſo weit weg und «mahlen ſie uns mit ſo ſonderbaren und «buntgrellen Farben aus. O theurer Se¬ «baſtian, oft dicht vor unſern Füßen liegt «dieſes wundervolle Land, nach dem wir «jenſeits des Oceans und jenſeits der Sünd¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/56
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/56>, abgerufen am 24.11.2024.