Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

"sters und Lehrers vor mir steht. Ein
"Schmiedegeselle wird Euch besucht haben,
"den ich am ersten Tage traf, ich denke
"Ihr habt ihn freundlich aufgenommen um
"meinetwillen. Ich schreibe diesen Brief in
"der Nacht, beim Schein des Vollmonds,
"indem meine Seele überaus beruhigt ist;
"ich bin hier auf einem Dorfe bei einem
"Bauer, mit dem ich vier Meilen hieher ge¬
"fahren bin. Alle im Hause schlafen, und
"ich fühle mich noch so munter, darum
"will ich noch einige Zeit wach bleiben,
"Lieber Sebastian, es ist um das Treiben
"und Leben der Menschen eine eigne Sache.
"Wie die meisten so gänzlich ihres Zwecks
"verfehlen, wie sie nur immer suchen und
"nie finden, und wie sie selbst das Gefun¬
"dene nicht achten mögen, wenn sie ja so
"glücklich sind. Ich kann mich immer nicht
"darinn finden, warum es nicht besser ist,

«ſters und Lehrers vor mir ſteht. Ein
«Schmiedegeſelle wird Euch beſucht haben,
«den ich am erſten Tage traf, ich denke
«Ihr habt ihn freundlich aufgenommen um
«meinetwillen. Ich ſchreibe dieſen Brief in
«der Nacht, beim Schein des Vollmonds,
«indem meine Seele überaus beruhigt iſt;
«ich bin hier auf einem Dorfe bei einem
«Bauer, mit dem ich vier Meilen hieher ge¬
«fahren bin. Alle im Hauſe ſchlafen, und
«ich fühle mich noch ſo munter, darum
«will ich noch einige Zeit wach bleiben,
«Lieber Sebaſtian, es iſt um das Treiben
«und Leben der Menſchen eine eigne Sache.
«Wie die meiſten ſo gänzlich ihres Zwecks
«verfehlen, wie ſie nur immer ſuchen und
«nie finden, und wie ſie ſelbſt das Gefun¬
«dene nicht achten mögen, wenn ſie ja ſo
«glücklich ſind. Ich kann mich immer nicht
«darinn finden, warum es nicht beſſer iſt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0055" n="44"/>
«&#x017F;ters und Lehrers vor mir &#x017F;teht. Ein<lb/>
«Schmiedege&#x017F;elle wird Euch be&#x017F;ucht haben,<lb/>
«den ich am er&#x017F;ten Tage traf, ich denke<lb/>
«Ihr habt ihn freundlich aufgenommen um<lb/>
«meinetwillen. Ich &#x017F;chreibe die&#x017F;en Brief in<lb/>
«der Nacht, beim Schein des Vollmonds,<lb/>
«indem meine Seele überaus beruhigt i&#x017F;t;<lb/>
«ich bin hier auf einem Dorfe bei einem<lb/>
«Bauer, mit dem ich vier Meilen hieher ge¬<lb/>
«fahren bin. Alle im Hau&#x017F;e &#x017F;chlafen, und<lb/>
«ich fühle mich noch &#x017F;o munter, darum<lb/>
«will ich noch einige Zeit wach bleiben,<lb/>
«Lieber Seba&#x017F;tian, es i&#x017F;t um das Treiben<lb/>
«und Leben der Men&#x017F;chen eine eigne Sache.<lb/>
«Wie die mei&#x017F;ten &#x017F;o gänzlich ihres Zwecks<lb/>
«verfehlen, wie &#x017F;ie nur immer &#x017F;uchen und<lb/>
«nie finden, und wie &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t das Gefun¬<lb/>
«dene nicht achten mögen, wenn &#x017F;ie ja &#x017F;o<lb/>
«glücklich &#x017F;ind. Ich kann mich immer nicht<lb/>
«darinn finden, warum es nicht be&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0055] «ſters und Lehrers vor mir ſteht. Ein «Schmiedegeſelle wird Euch beſucht haben, «den ich am erſten Tage traf, ich denke «Ihr habt ihn freundlich aufgenommen um «meinetwillen. Ich ſchreibe dieſen Brief in «der Nacht, beim Schein des Vollmonds, «indem meine Seele überaus beruhigt iſt; «ich bin hier auf einem Dorfe bei einem «Bauer, mit dem ich vier Meilen hieher ge¬ «fahren bin. Alle im Hauſe ſchlafen, und «ich fühle mich noch ſo munter, darum «will ich noch einige Zeit wach bleiben, «Lieber Sebaſtian, es iſt um das Treiben «und Leben der Menſchen eine eigne Sache. «Wie die meiſten ſo gänzlich ihres Zwecks «verfehlen, wie ſie nur immer ſuchen und «nie finden, und wie ſie ſelbſt das Gefun¬ «dene nicht achten mögen, wenn ſie ja ſo «glücklich ſind. Ich kann mich immer nicht «darinn finden, warum es nicht beſſer iſt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/55
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/55>, abgerufen am 27.04.2024.