Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

bin, ich weiß nicht was ich suche. Warum
kann ich mich nicht an den gewöhnlichen
Wünschen begnügen?

Indem er so mit sich selber sprach, trat
er aus dem Walde heraus, und eine schöne
Ebne mit angenehmen Hügeln lag vor ihm.
In der Ferne standen Crucifixe und einige
kleine Kapellen im Glanz der Morgensonne.
Der wunderbare Trieb weiter zu wandeln,
und den Innhalt seiner Gedanken aufzusu¬
chen, ergriff den Jüngling mit neuer Ge¬
walt. Er sah in der Entfernung sich eine
weiße Gestalt auf der grünen Wiese bewe¬
gen, und als er weiter fortging, unterschied
er, daß es eine Pilgerinn sei. Die Gegen¬
wart eines Menschen zog ihn nach der lan¬
gen Einsamkeit an, er verdoppelte seine
Schritte. Jetzt war er näher gekommen,
als die Pilgerinn vor einem Crucifix am
Wege niederknieete, die Hände in die Höhe

bin, ich weiß nicht was ich ſuche. Warum
kann ich mich nicht an den gewöhnlichen
Wünſchen begnügen?

Indem er ſo mit ſich ſelber ſprach, trat
er aus dem Walde heraus, und eine ſchöne
Ebne mit angenehmen Hügeln lag vor ihm.
In der Ferne ſtanden Crucifixe und einige
kleine Kapellen im Glanz der Morgenſonne.
Der wunderbare Trieb weiter zu wandeln,
und den Innhalt ſeiner Gedanken aufzuſu¬
chen, ergriff den Jüngling mit neuer Ge¬
walt. Er ſah in der Entfernung ſich eine
weiße Geſtalt auf der grünen Wieſe bewe¬
gen, und als er weiter fortging, unterſchied
er, daß es eine Pilgerinn ſei. Die Gegen¬
wart eines Menſchen zog ihn nach der lan¬
gen Einſamkeit an, er verdoppelte ſeine
Schritte. Jetzt war er näher gekommen,
als die Pilgerinn vor einem Crucifix am
Wege niederknieete, die Hände in die Höhe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0308" n="297"/>
bin, ich weiß nicht was ich &#x017F;uche. Warum<lb/>
kann ich mich nicht an den gewöhnlichen<lb/>
Wün&#x017F;chen begnügen?</p><lb/>
            <p>Indem er &#x017F;o mit &#x017F;ich &#x017F;elber &#x017F;prach, trat<lb/>
er aus dem Walde heraus, und eine &#x017F;chöne<lb/>
Ebne mit angenehmen Hügeln lag vor ihm.<lb/>
In der Ferne &#x017F;tanden Crucifixe und einige<lb/>
kleine Kapellen im Glanz der Morgen&#x017F;onne.<lb/>
Der wunderbare Trieb weiter zu wandeln,<lb/>
und den Innhalt &#x017F;einer Gedanken aufzu&#x017F;<lb/>
chen, ergriff den Jüngling mit neuer Ge¬<lb/>
walt. Er &#x017F;ah in der Entfernung &#x017F;ich eine<lb/>
weiße Ge&#x017F;talt auf der grünen Wie&#x017F;e bewe¬<lb/>
gen, und als er weiter fortging, unter&#x017F;chied<lb/>
er, daß es eine Pilgerinn &#x017F;ei. Die Gegen¬<lb/>
wart eines Men&#x017F;chen zog ihn nach der lan¬<lb/>
gen Ein&#x017F;amkeit an, er verdoppelte &#x017F;eine<lb/>
Schritte. Jetzt war er näher gekommen,<lb/>
als die Pilgerinn vor einem Crucifix am<lb/>
Wege niederknieete, die Hände in die Höhe<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0308] bin, ich weiß nicht was ich ſuche. Warum kann ich mich nicht an den gewöhnlichen Wünſchen begnügen? Indem er ſo mit ſich ſelber ſprach, trat er aus dem Walde heraus, und eine ſchöne Ebne mit angenehmen Hügeln lag vor ihm. In der Ferne ſtanden Crucifixe und einige kleine Kapellen im Glanz der Morgenſonne. Der wunderbare Trieb weiter zu wandeln, und den Innhalt ſeiner Gedanken aufzuſu¬ chen, ergriff den Jüngling mit neuer Ge¬ walt. Er ſah in der Entfernung ſich eine weiße Geſtalt auf der grünen Wieſe bewe¬ gen, und als er weiter fortging, unterſchied er, daß es eine Pilgerinn ſei. Die Gegen¬ wart eines Menſchen zog ihn nach der lan¬ gen Einſamkeit an, er verdoppelte ſeine Schritte. Jetzt war er näher gekommen, als die Pilgerinn vor einem Crucifix am Wege niederknieete, die Hände in die Höhe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/308
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/308>, abgerufen am 19.05.2024.