Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweite Abtheilung.
mit mir. Nicht von jedem laß' ich mich bewirthen,
nicht mit jedermann trink' ich aus einem Becher,
aber Du bist nicht wie die übrigen Erdenklöße, Du
edle Range Du! Ich sterbe darauf, daß er der
Bastard vom witzigsten schönsten und vornehmsten
auf seiner Insel ist, denn im Ehebett wird derglei-
chen nie erzeugt.
Fortunat. Ihr seyd heut närrisch, Alter.
Walther. Kellner, da, leer, ein frisches. --
Närrisch? Ich glaube, der Pinsel nimmt's übel,
daß ich ihm so viel Ehre erzeige. Närrisch, Du
Baumwollengespinnst? Soll mich doch der Henker
holen, daß mich, so ein alter Kerl ich auch bin,
noch nie jemand in meinem Leben mit solchen Au-
gen angeschaut hat, so daß ich, als ich dem Jun-
gen zum erstenmal begegnete, meinte, das Herz
müßte mir vergehn; und ich bin doch nicht einer
von denen, die sich leicht bange machen lassen, und
habe wohl schon Rittern und Grafen derbe Grob-
heiten gesagt. Aber Du bist anders, Du Seiden-
raupe Du! Man sollte meinen, seine Mutter hätte
sich an der schönsten Bildsäule aus dem Alterthume
versehen.

Andrea tritt ein.
Andrea. Schnell ein Glas Claret, vom be-
sten, ich habe Eil!
Kellner. Ei, Herr Andres! Herr Andres!
Seyd Ihr denn auch wieder da?
Andrea. Wie du siehst, Narr. Nun, Herr
Walther, wie geht's?

Walther.
Zweite Abtheilung.
mit mir. Nicht von jedem laß' ich mich bewirthen,
nicht mit jedermann trink' ich aus einem Becher,
aber Du biſt nicht wie die uͤbrigen Erdenkloͤße, Du
edle Range Du! Ich ſterbe darauf, daß er der
Baſtard vom witzigſten ſchoͤnſten und vornehmſten
auf ſeiner Inſel iſt, denn im Ehebett wird derglei-
chen nie erzeugt.
Fortunat. Ihr ſeyd heut naͤrriſch, Alter.
Walther. Kellner, da, leer, ein friſches. —
Naͤrriſch? Ich glaube, der Pinſel nimmt's uͤbel,
daß ich ihm ſo viel Ehre erzeige. Naͤrriſch, Du
Baumwollengeſpinnſt? Soll mich doch der Henker
holen, daß mich, ſo ein alter Kerl ich auch bin,
noch nie jemand in meinem Leben mit ſolchen Au-
gen angeſchaut hat, ſo daß ich, als ich dem Jun-
gen zum erſtenmal begegnete, meinte, das Herz
muͤßte mir vergehn; und ich bin doch nicht einer
von denen, die ſich leicht bange machen laſſen, und
habe wohl ſchon Rittern und Grafen derbe Grob-
heiten geſagt. Aber Du biſt anders, Du Seiden-
raupe Du! Man ſollte meinen, ſeine Mutter haͤtte
ſich an der ſchoͤnſten Bildſaͤule aus dem Alterthume
verſehen.

Andrea tritt ein.
Andrea. Schnell ein Glas Claret, vom be-
ſten, ich habe Eil!
Kellner. Ei, Herr Andres! Herr Andres!
Seyd Ihr denn auch wieder da?
Andrea. Wie du ſiehſt, Narr. Nun, Herr
Walther, wie geht's?

Walther.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#Walther">
                <p><pb facs="#f0074" n="64"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
mit mir. Nicht von jedem laß' ich mich bewirthen,<lb/>
nicht mit jedermann trink' ich aus einem Becher,<lb/>
aber Du bi&#x017F;t nicht wie die u&#x0364;brigen Erdenklo&#x0364;ße, Du<lb/>
edle Range Du! Ich &#x017F;terbe darauf, daß er der<lb/>
Ba&#x017F;tard vom witzig&#x017F;ten &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten und vornehm&#x017F;ten<lb/>
auf &#x017F;einer In&#x017F;el i&#x017F;t, denn im Ehebett wird derglei-<lb/>
chen nie erzeugt.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#FORT">
                <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker>
                <p>Ihr &#x017F;eyd heut na&#x0364;rri&#x017F;ch, Alter.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Walther">
                <speaker><hi rendition="#g">Walther</hi>.</speaker>
                <p>Kellner, da, leer, ein fri&#x017F;ches. &#x2014;<lb/>
Na&#x0364;rri&#x017F;ch? Ich glaube, der Pin&#x017F;el nimmt's u&#x0364;bel,<lb/>
daß ich ihm &#x017F;o viel Ehre erzeige. Na&#x0364;rri&#x017F;ch, Du<lb/>
Baumwollenge&#x017F;pinn&#x017F;t? Soll mich doch der Henker<lb/>
holen, daß mich, &#x017F;o ein alter Kerl ich auch bin,<lb/>
noch nie jemand in meinem Leben mit &#x017F;olchen Au-<lb/>
gen ange&#x017F;chaut hat, &#x017F;o daß ich, als ich dem Jun-<lb/>
gen zum er&#x017F;tenmal begegnete, meinte, das Herz<lb/>
mu&#x0364;ßte mir vergehn; und ich bin doch nicht einer<lb/>
von denen, die &#x017F;ich leicht bange machen la&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
habe wohl &#x017F;chon Rittern und Grafen derbe Grob-<lb/>
heiten ge&#x017F;agt. Aber Du bi&#x017F;t anders, Du Seiden-<lb/>
raupe Du! Man &#x017F;ollte meinen, &#x017F;eine Mutter ha&#x0364;tte<lb/>
&#x017F;ich an der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Bild&#x017F;a&#x0364;ule aus dem Alterthume<lb/>
ver&#x017F;ehen.</p><lb/>
                <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Andrea</hi> tritt ein.</hi> </stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Andrea">
                <speaker><hi rendition="#g">Andrea</hi>.</speaker>
                <p>Schnell ein Glas Claret, vom be-<lb/>
&#x017F;ten, ich habe Eil!</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Kellner">
                <speaker><hi rendition="#g">Kellner</hi>.</speaker>
                <p>Ei, Herr Andres! Herr Andres!<lb/>
Seyd Ihr denn auch wieder da?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Andrea">
                <speaker><hi rendition="#g">Andrea</hi>.</speaker>
                <p>Wie du &#x017F;ieh&#x017F;t, Narr. Nun, Herr<lb/>
Walther, wie geht's?</p>
              </sp><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">Walther</hi>.</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0074] Zweite Abtheilung. mit mir. Nicht von jedem laß' ich mich bewirthen, nicht mit jedermann trink' ich aus einem Becher, aber Du biſt nicht wie die uͤbrigen Erdenkloͤße, Du edle Range Du! Ich ſterbe darauf, daß er der Baſtard vom witzigſten ſchoͤnſten und vornehmſten auf ſeiner Inſel iſt, denn im Ehebett wird derglei- chen nie erzeugt. Fortunat. Ihr ſeyd heut naͤrriſch, Alter. Walther. Kellner, da, leer, ein friſches. — Naͤrriſch? Ich glaube, der Pinſel nimmt's uͤbel, daß ich ihm ſo viel Ehre erzeige. Naͤrriſch, Du Baumwollengeſpinnſt? Soll mich doch der Henker holen, daß mich, ſo ein alter Kerl ich auch bin, noch nie jemand in meinem Leben mit ſolchen Au- gen angeſchaut hat, ſo daß ich, als ich dem Jun- gen zum erſtenmal begegnete, meinte, das Herz muͤßte mir vergehn; und ich bin doch nicht einer von denen, die ſich leicht bange machen laſſen, und habe wohl ſchon Rittern und Grafen derbe Grob- heiten geſagt. Aber Du biſt anders, Du Seiden- raupe Du! Man ſollte meinen, ſeine Mutter haͤtte ſich an der ſchoͤnſten Bildſaͤule aus dem Alterthume verſehen. Andrea tritt ein. Andrea. Schnell ein Glas Claret, vom be- ſten, ich habe Eil! Kellner. Ei, Herr Andres! Herr Andres! Seyd Ihr denn auch wieder da? Andrea. Wie du ſiehſt, Narr. Nun, Herr Walther, wie geht's? Walther.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/74
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/74>, abgerufen am 07.05.2024.