Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Fortunat. Ich bin noch jung, Ehestand ist eine drückende Bürde für Dienstleute. Rupert. Was Ihr in allen Dingen vernünf- tig denkt, über Eure Jahre hinaus -- und drum kann ich es Euch wohl vertrauen -- Euer Glück ist gemacht. Fortunat. Wie denn? Sprecht, mein Freund, da Ihr mich liebt, so müßt Ihr mir nichts vor- enthalten, das mich glücklich oder unglücklich ma- chen kann. Rupert. Das will ich auch nicht. -- Nur einen Augenblick, ich will nur sehn, ob der Wirth nicht etwa horcht. -- Alles gut. -- Werther Freund, Ihr habt doch wohl in dieser Zeit bemerkt, wie unser Graf sich oft mit seinem Kanzler eingeschlos- sen hat. Fortunat. Mehr als einmal, und ich habe mich gewundert, was sie so geheim berathen können. Rupert. Alles geschieht nur Euretwegen. Fortunat. Meinetwegen? Rupert. Weil die Sache in unsern Gegen- den eben noch nicht gebräuchlich ist, und man erst fürchtete, es könnte, vorzüglich beim Volk, einiges Aufsehn erregen, das gewöhnlich alles schief beur- theilt, was nicht seit uralten Zeiten herkömmlich ist. Fortunat. Was kann das Alles auf mich für Bezug haben? Rupert. Laßt mich nur ausreden. Wie gern Euch die Gräfinn sieht, wißt Ihr selbst, der Graf hat auch nichts dagegen, sondern freut sich dar- über, weil er Euch liebt: um Euch aber seiner Ge- Zweite Abtheilung. Fortunat. Ich bin noch jung, Eheſtand iſt eine druͤckende Buͤrde fuͤr Dienſtleute. Rupert. Was Ihr in allen Dingen vernuͤnf- tig denkt, uͤber Eure Jahre hinaus — und drum kann ich es Euch wohl vertrauen — Euer Gluͤck iſt gemacht. Fortunat. Wie denn? Sprecht, mein Freund, da Ihr mich liebt, ſo muͤßt Ihr mir nichts vor- enthalten, das mich gluͤcklich oder ungluͤcklich ma- chen kann. Rupert. Das will ich auch nicht. — Nur einen Augenblick, ich will nur ſehn, ob der Wirth nicht etwa horcht. — Alles gut. — Werther Freund, Ihr habt doch wohl in dieſer Zeit bemerkt, wie unſer Graf ſich oft mit ſeinem Kanzler eingeſchloſ- ſen hat. Fortunat. Mehr als einmal, und ich habe mich gewundert, was ſie ſo geheim berathen koͤnnen. Rupert. Alles geſchieht nur Euretwegen. Fortunat. Meinetwegen? Rupert. Weil die Sache in unſern Gegen- den eben noch nicht gebraͤuchlich iſt, und man erſt fuͤrchtete, es koͤnnte, vorzuͤglich beim Volk, einiges Aufſehn erregen, das gewoͤhnlich alles ſchief beur- theilt, was nicht ſeit uralten Zeiten herkoͤmmlich iſt. Fortunat. Was kann das Alles auf mich fuͤr Bezug haben? Rupert. Laßt mich nur ausreden. Wie gern Euch die Graͤfinn ſieht, wißt Ihr ſelbſt, der Graf hat auch nichts dagegen, ſondern freut ſich dar- uͤber, weil er Euch liebt: um Euch aber ſeiner Ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0054" n="44"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> <sp who="#FORT"> <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker> <p>Ich bin noch jung, Eheſtand iſt<lb/> eine druͤckende Buͤrde fuͤr Dienſtleute.</p> </sp><lb/> <sp who="#RUPERT"> <speaker><hi rendition="#g">Rupert</hi>.</speaker> <p>Was Ihr in allen Dingen vernuͤnf-<lb/> tig denkt, uͤber Eure Jahre hinaus — und drum<lb/> kann ich es Euch wohl vertrauen — Euer Gluͤck<lb/> iſt gemacht.</p> </sp><lb/> <sp who="#FORT"> <speaker><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</speaker> <p>Wie denn? 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Zweite Abtheilung.
Fortunat. Ich bin noch jung, Eheſtand iſt
eine druͤckende Buͤrde fuͤr Dienſtleute.
Rupert. Was Ihr in allen Dingen vernuͤnf-
tig denkt, uͤber Eure Jahre hinaus — und drum
kann ich es Euch wohl vertrauen — Euer Gluͤck
iſt gemacht.
Fortunat. Wie denn? Sprecht, mein Freund,
da Ihr mich liebt, ſo muͤßt Ihr mir nichts vor-
enthalten, das mich gluͤcklich oder ungluͤcklich ma-
chen kann.
Rupert. Das will ich auch nicht. — Nur
einen Augenblick, ich will nur ſehn, ob der Wirth
nicht etwa horcht. — Alles gut. — Werther Freund,
Ihr habt doch wohl in dieſer Zeit bemerkt, wie
unſer Graf ſich oft mit ſeinem Kanzler eingeſchloſ-
ſen hat.
Fortunat. Mehr als einmal, und ich habe
mich gewundert, was ſie ſo geheim berathen koͤnnen.
Rupert. Alles geſchieht nur Euretwegen.
Fortunat. Meinetwegen?
Rupert. Weil die Sache in unſern Gegen-
den eben noch nicht gebraͤuchlich iſt, und man erſt
fuͤrchtete, es koͤnnte, vorzuͤglich beim Volk, einiges
Aufſehn erregen, das gewoͤhnlich alles ſchief beur-
theilt, was nicht ſeit uralten Zeiten herkoͤmmlich iſt.
Fortunat. Was kann das Alles auf mich
fuͤr Bezug haben?
Rupert. Laßt mich nur ausreden. Wie gern
Euch die Graͤfinn ſieht, wißt Ihr ſelbſt, der Graf
hat auch nichts dagegen, ſondern freut ſich dar-
uͤber, weil er Euch liebt: um Euch aber ſeiner Ge-
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