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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
Daniel. Teufel! Und der saubre Graf ist
jezt hier?
Dietrich. Als Gesandter; jezt könnt' er
bezahlen, denn sein Vater ist gestorben, und er hat
eine reiche Frau geheirathet.
Daniel. Wart, hinter den will ich mich
machen, ich verstehs; mit Winseln und Grobheit;
mich einem seiner Freunde entdecken und laut heu-
len, ihn in Gesellschaften mahnen und so weiter.
Es soll schon gehn. Nun?
Dietrich. Ach, nun muß ich weinen, --
seht, ich verliebte mich, und meine Geliebte war
meine Braut, konnte mich aber nicht ausstehen,
also, natürlich wie wir uns auch einmal stritten,
faßt sie mich beim Kopfe und zwei starke lange
Hörner schießen mir aus der Stirne vor.
Daniel. Was?
Dietrich. Wie ihr mir geweissagt hattet,
daß es so in unsrer Familie läge, nur daß sie bei
mir doch wirklich hervorkamen.
Daniel. Narr, vor der Hochzeit?
Dietrich. Natürlich, sie wollte mich ja nicht
haben. Wie ich nun böse wurde, und in die Thür
gerieth, mußte mich ihr Liebhaber lossägen, ich
schlief ein und wurde geknebelt, bei Nacht und
Nebel fortgeschafft, -- ach! ach! -- und nun zeig-
ten sie mich für Geld in Flecken und Dörfern,
und endlich auch in London selbst.
Daniel. Wer denn?
Dietrich. Denkt nur, wie fürchterlich; mei-
ne Braut und ihr Liebster. Ich passirte nemlich
für eine Waldgottheit von der griechischen Kirche,
Zweite Abtheilung.
Daniel. Teufel! Und der ſaubre Graf iſt
jezt hier?
Dietrich. Als Geſandter; jezt koͤnnt' er
bezahlen, denn ſein Vater iſt geſtorben, und er hat
eine reiche Frau geheirathet.
Daniel. Wart, hinter den will ich mich
machen, ich verſtehs; mit Winſeln und Grobheit;
mich einem ſeiner Freunde entdecken und laut heu-
len, ihn in Geſellſchaften mahnen und ſo weiter.
Es ſoll ſchon gehn. Nun?
Dietrich. Ach, nun muß ich weinen, —
ſeht, ich verliebte mich, und meine Geliebte war
meine Braut, konnte mich aber nicht ausſtehen,
alſo, natuͤrlich wie wir uns auch einmal ſtritten,
faßt ſie mich beim Kopfe und zwei ſtarke lange
Hoͤrner ſchießen mir aus der Stirne vor.
Daniel. Was?
Dietrich. Wie ihr mir geweiſſagt hattet,
daß es ſo in unſrer Familie laͤge, nur daß ſie bei
mir doch wirklich hervorkamen.
Daniel. Narr, vor der Hochzeit?
Dietrich. Natuͤrlich, ſie wollte mich ja nicht
haben. Wie ich nun boͤſe wurde, und in die Thuͤr
gerieth, mußte mich ihr Liebhaber losſaͤgen, ich
ſchlief ein und wurde geknebelt, bei Nacht und
Nebel fortgeſchafft, — ach! ach! — und nun zeig-
ten ſie mich fuͤr Geld in Flecken und Doͤrfern,
und endlich auch in London ſelbſt.
Daniel. Wer denn?
Dietrich. Denkt nur, wie fuͤrchterlich; mei-
ne Braut und ihr Liebſter. Ich paſſirte nemlich
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[460/0470] Zweite Abtheilung. Daniel. Teufel! Und der ſaubre Graf iſt jezt hier? Dietrich. Als Geſandter; jezt koͤnnt' er bezahlen, denn ſein Vater iſt geſtorben, und er hat eine reiche Frau geheirathet. Daniel. Wart, hinter den will ich mich machen, ich verſtehs; mit Winſeln und Grobheit; mich einem ſeiner Freunde entdecken und laut heu- len, ihn in Geſellſchaften mahnen und ſo weiter. Es ſoll ſchon gehn. Nun? Dietrich. Ach, nun muß ich weinen, — ſeht, ich verliebte mich, und meine Geliebte war meine Braut, konnte mich aber nicht ausſtehen, alſo, natuͤrlich wie wir uns auch einmal ſtritten, faßt ſie mich beim Kopfe und zwei ſtarke lange Hoͤrner ſchießen mir aus der Stirne vor. Daniel. Was? Dietrich. Wie ihr mir geweiſſagt hattet, daß es ſo in unſrer Familie laͤge, nur daß ſie bei mir doch wirklich hervorkamen. Daniel. Narr, vor der Hochzeit? Dietrich. Natuͤrlich, ſie wollte mich ja nicht haben. Wie ich nun boͤſe wurde, und in die Thuͤr gerieth, mußte mich ihr Liebhaber losſaͤgen, ich ſchlief ein und wurde geknebelt, bei Nacht und Nebel fortgeſchafft, — ach! ach! — und nun zeig- ten ſie mich fuͤr Geld in Flecken und Doͤrfern, und endlich auch in London ſelbſt. Daniel. Wer denn? Dietrich. Denkt nur, wie fuͤrchterlich; mei- ne Braut und ihr Liebſter. Ich paſſirte nemlich fuͤr eine Waldgottheit von der griechiſchen Kirche,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/470>, abgerufen am 17.05.2024.