Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite
Fortunat.
Königinn. O komm, meine süße Agrip-
pina, komm, und zeige, ob dies ungeheure Elend
wirklich über uns gekommen ist.

Sie geht hinein, und führt Agrippina heraus,
die zwei Hörner auf der Stirn hat.
König. In unsrer Familie! daß das soll
in die Chronik kommen! Abgebildet für die Nach-
welt im Holzschnitt!
Agrippina.
Nein Theure, nein, Ihr könnt mich nicht erdulden,
Verstoßt mich in die Wüste zum Gethier,
Des Bild ich trage, laßt dort Wolf und Bär
Die Glieder mir zerfleischen, daß vertilgt
Vergessen sey mein Schimpf, mein Angedenken.
Königinn.
O mäßge Dich, es giebt wohl Rath und Hülfe.
König.
Spring, Margarethe, lauf, da ist der Schlüssel!
In meinem Laboratorium ist Herr Raimund,
Dann geh' in Eil zu meinem Leibarzt hin;
Still darf man das nicht in die Tasche stecken.

(Margarethe ab.)
Agrippina.
Und weiter nur verbreitet sich die Schande,
Und größer wird nur mein Verzweifeln noch.
Königinn.
O fasse Dich, mein Kind, die Menschenkunst
Wird für Dein Unglück doch noch Mittel wissen.
König.
Der Leibarzt muß, er steht dafür in Lohn,
Hat Rang am Hofe, ein Rezept verschreiben,
Wonach der Auswuchs wieder rückwärts sinkt.

Fortunat.
Koͤniginn. O komm, meine ſuͤße Agrip-
pina, komm, und zeige, ob dies ungeheure Elend
wirklich uͤber uns gekommen iſt.

Sie geht hinein, und fuͤhrt Agrippina heraus,
die zwei Hoͤrner auf der Stirn hat.
Koͤnig. In unſrer Familie! daß das ſoll
in die Chronik kommen! Abgebildet fuͤr die Nach-
welt im Holzſchnitt!
Agrippina.
Nein Theure, nein, Ihr koͤnnt mich nicht erdulden,
Verſtoßt mich in die Wuͤſte zum Gethier,
Des Bild ich trage, laßt dort Wolf und Baͤr
Die Glieder mir zerfleiſchen, daß vertilgt
Vergeſſen ſey mein Schimpf, mein Angedenken.
Koͤniginn.
O maͤßge Dich, es giebt wohl Rath und Huͤlfe.
Koͤnig.
Spring, Margarethe, lauf, da iſt der Schluͤſſel!
In meinem Laboratorium iſt Herr Raimund,
Dann geh' in Eil zu meinem Leibarzt hin;
Still darf man das nicht in die Taſche ſtecken.

(Margarethe ab.)
Agrippina.
Und weiter nur verbreitet ſich die Schande,
Und groͤßer wird nur mein Verzweifeln noch.
Koͤniginn.
O faſſe Dich, mein Kind, die Menſchenkunſt
Wird fuͤr Dein Ungluͤck doch noch Mittel wiſſen.
Koͤnig.
Der Leibarzt muß, er ſteht dafuͤr in Lohn,
Hat Rang am Hofe, ein Rezept verſchreiben,
Wonach der Auswuchs wieder ruͤckwaͤrts ſinkt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0381" n="371"/>
              <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/>
              <sp who="#Ko&#x0364;niginn">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;niginn</hi>.</speaker>
                <p>O komm, meine &#x017F;u&#x0364;ße Agrip-<lb/>
pina, komm, und zeige, ob dies ungeheure Elend<lb/>
wirklich u&#x0364;ber uns gekommen i&#x017F;t.</p><lb/>
                <stage> <hi rendition="#c">Sie geht hinein, und fu&#x0364;hrt <hi rendition="#g">Agrippina</hi> heraus,<lb/>
die zwei Ho&#x0364;rner auf der Stirn hat.</hi> </stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Ko&#x0364;nig">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker>
                <p>In un&#x017F;rer Familie! daß das &#x017F;oll<lb/>
in die Chronik kommen! Abgebildet fu&#x0364;r die Nach-<lb/>
welt im Holz&#x017F;chnitt!</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Agrippina">
                <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Nein Theure, nein, Ihr ko&#x0364;nnt mich nicht erdulden,<lb/>
Ver&#x017F;toßt mich in die Wu&#x0364;&#x017F;te zum Gethier,<lb/>
Des Bild ich trage, laßt dort Wolf und Ba&#x0364;r<lb/>
Die Glieder mir zerflei&#x017F;chen, daß vertilgt<lb/>
Verge&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ey mein Schimpf, mein Angedenken.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Ko&#x0364;niginn">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;niginn</hi>.</speaker><lb/>
                <p>O ma&#x0364;ßge Dich, es giebt wohl Rath und Hu&#x0364;lfe.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Ko&#x0364;nig">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Spring, Margarethe, lauf, da i&#x017F;t der Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el!<lb/>
In meinem Laboratorium i&#x017F;t Herr Raimund,<lb/>
Dann geh' in Eil zu meinem Leibarzt hin;<lb/>
Still darf man das nicht in die Ta&#x017F;che &#x017F;tecken.</p><lb/>
                <stage> <hi rendition="#et">(<hi rendition="#g">Margarethe</hi> ab.)</hi> </stage>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Agrippina">
                <speaker><hi rendition="#g">Agrippina</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Und weiter nur verbreitet &#x017F;ich die Schande,<lb/>
Und gro&#x0364;ßer wird nur mein Verzweifeln noch.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Ko&#x0364;niginn">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;niginn</hi>.</speaker><lb/>
                <p>O fa&#x017F;&#x017F;e Dich, mein Kind, die Men&#x017F;chenkun&#x017F;t<lb/>
Wird fu&#x0364;r Dein Unglu&#x0364;ck doch noch Mittel wi&#x017F;&#x017F;en.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#Ko&#x0364;nig">
                <speaker><hi rendition="#g">Ko&#x0364;nig</hi>.</speaker><lb/>
                <p>Der Leibarzt muß, er &#x017F;teht dafu&#x0364;r in Lohn,<lb/>
Hat Rang am Hofe, ein Rezept ver&#x017F;chreiben,<lb/>
Wonach der Auswuchs wieder ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts &#x017F;inkt.</p><lb/>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[371/0381] Fortunat. Koͤniginn. O komm, meine ſuͤße Agrip- pina, komm, und zeige, ob dies ungeheure Elend wirklich uͤber uns gekommen iſt. Sie geht hinein, und fuͤhrt Agrippina heraus, die zwei Hoͤrner auf der Stirn hat. Koͤnig. In unſrer Familie! daß das ſoll in die Chronik kommen! Abgebildet fuͤr die Nach- welt im Holzſchnitt! Agrippina. Nein Theure, nein, Ihr koͤnnt mich nicht erdulden, Verſtoßt mich in die Wuͤſte zum Gethier, Des Bild ich trage, laßt dort Wolf und Baͤr Die Glieder mir zerfleiſchen, daß vertilgt Vergeſſen ſey mein Schimpf, mein Angedenken. Koͤniginn. O maͤßge Dich, es giebt wohl Rath und Huͤlfe. Koͤnig. Spring, Margarethe, lauf, da iſt der Schluͤſſel! In meinem Laboratorium iſt Herr Raimund, Dann geh' in Eil zu meinem Leibarzt hin; Still darf man das nicht in die Taſche ſtecken. (Margarethe ab.) Agrippina. Und weiter nur verbreitet ſich die Schande, Und groͤßer wird nur mein Verzweifeln noch. Koͤniginn. O faſſe Dich, mein Kind, die Menſchenkunſt Wird fuͤr Dein Ungluͤck doch noch Mittel wiſſen. Koͤnig. Der Leibarzt muß, er ſteht dafuͤr in Lohn, Hat Rang am Hofe, ein Rezept verſchreiben, Wonach der Auswuchs wieder ruͤckwaͤrts ſinkt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/381
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/381>, abgerufen am 26.11.2024.