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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Fortunat.
Die Kanne ihm mein Seel auf seinen Kopf --
Der Schreck -- ists wahr? seyd Ihr mein alter
Sohn?
Graziana.
Kein Traum wär's nur? Ach nein! ach nein!
er ists!
Ich kenn' ihn wieder! Ja er ists! Mein Herz
Ward umgewandt, so wie er zu uns trat.
Fortunat.
Ja, liebste Eltern, theure Pfleger, nehmt,
O nehmt mich an das Herz nach langer Zeit!
Nun bin ich wieder da, nun bleib ich hier!
Liebt Ihr mich noch? Habt Ihr mir auch ver-
geben?
Theodor..
Heidi! Kommt, Leute, nehmt das ganze Haus,
Und schmeißt es mir hinaus zur Stubenthür!
So mußt es kommen? O mein lieber Sohn,
Ja Du steigst wie ein Paradies herab,
So wie das Himmelreich mit allen Thronen
Und Cherubim und Glanz und Lichtverklärung!
Das hätt' ich nicht in Dir gesucht! Und nicht
Im Grafen Dich! -- Nimm Becken auf und
Kanne,
Die bleiben uns zum ewgen Angedenken,
Auf Kind und Kindeskind, dabei erzählt man
Den Staunenden die Wundergeschicht. O Sohn!
Oft phantasirt' ich mir in Abendstunden,
Wie Du einst reich und vornehm trätst herein,
Doch so hats nie mein frechster Traum gewagt.

Fortunat.
Die Kanne ihm mein Seel auf ſeinen Kopf —
Der Schreck — iſts wahr? ſeyd Ihr mein alter
Sohn?
Graziana.
Kein Traum waͤr's nur? Ach nein! ach nein!
er iſts!
Ich kenn' ihn wieder! Ja er iſts! Mein Herz
Ward umgewandt, ſo wie er zu uns trat.
Fortunat.
Ja, liebſte Eltern, theure Pfleger, nehmt,
O nehmt mich an das Herz nach langer Zeit!
Nun bin ich wieder da, nun bleib ich hier!
Liebt Ihr mich noch? Habt Ihr mir auch ver-
geben?
Theodor..
Heidi! Kommt, Leute, nehmt das ganze Haus,
Und ſchmeißt es mir hinaus zur Stubenthuͤr!
So mußt es kommen? O mein lieber Sohn,
Ja Du ſteigſt wie ein Paradies herab,
So wie das Himmelreich mit allen Thronen
Und Cherubim und Glanz und Lichtverklaͤrung!
Das haͤtt' ich nicht in Dir geſucht! Und nicht
Im Grafen Dich! — Nimm Becken auf und
Kanne,
Die bleiben uns zum ewgen Angedenken,
Auf Kind und Kindeskind, dabei erzaͤhlt man
Den Staunenden die Wundergeſchicht. O Sohn!
Oft phantaſirt' ich mir in Abendſtunden,
Wie Du einſt reich und vornehm traͤtſt herein,
Doch ſo hats nie mein frechſter Traum gewagt.

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[215/0225] Fortunat. Die Kanne ihm mein Seel auf ſeinen Kopf — Der Schreck — iſts wahr? ſeyd Ihr mein alter Sohn? Graziana. Kein Traum waͤr's nur? Ach nein! ach nein! er iſts! Ich kenn' ihn wieder! Ja er iſts! Mein Herz Ward umgewandt, ſo wie er zu uns trat. Fortunat. Ja, liebſte Eltern, theure Pfleger, nehmt, O nehmt mich an das Herz nach langer Zeit! Nun bin ich wieder da, nun bleib ich hier! Liebt Ihr mich noch? Habt Ihr mir auch ver- geben? Theodor.. Heidi! Kommt, Leute, nehmt das ganze Haus, Und ſchmeißt es mir hinaus zur Stubenthuͤr! So mußt es kommen? O mein lieber Sohn, Ja Du ſteigſt wie ein Paradies herab, So wie das Himmelreich mit allen Thronen Und Cherubim und Glanz und Lichtverklaͤrung! Das haͤtt' ich nicht in Dir geſucht! Und nicht Im Grafen Dich! — Nimm Becken auf und Kanne, Die bleiben uns zum ewgen Angedenken, Auf Kind und Kindeskind, dabei erzaͤhlt man Den Staunenden die Wundergeſchicht. O Sohn! Oft phantaſirt' ich mir in Abendſtunden, Wie Du einſt reich und vornehm traͤtſt herein, Doch ſo hats nie mein frechſter Traum gewagt.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/225>, abgerufen am 04.05.2024.