Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Fortunat. Ein andrer. Schweigt all zusammen und stoßt und drängt nicht so. Andre. Es ist nicht anders möglich, Herr Jawanow, man drückt uns von hinten vor. Abel tritt auf. Abel. Platz da! Platz! Mauert Euch nur nicht in meine Thür hinein, weg da, Ihr verhin- dert mein Gewerbe. 1. Frau. Geht aus dem Fenster oder Schorn- stein, wenn Ihr nicht aus der Thüre könnt, hier wird sich kein Mensch drum grämen. Abel. Das Volk ist heut wie besoffen und toll, und die Weiber am meisten. 1.Frau. Besoffen, sagt Ihr, Herr Abel? O ja, wir dürfen Wein trinken. Euch ist er lange ver- boten gewesen, armer Mensch; nun Ihr Euch zum Christenthum bekehrt habt, ist er Euch wohl noch was Neues und steigt Euch bald in den Kopf? Nicht wahr? Abel. Unverschämtes Gesindel! Ich werde meine Pferde mit dem Wagen herausjagen, so wer- det Ihr wohl Platz machen. (schnell in das Haus ab.) 1. Mann. Was sagtet Ihr da, Frau Vieh- mästerinn? 1. Frau. Es ist ja bekannt, er ist vor etwa zwei Jahren als ein Türke zu uns gekommen, bettelarm und stellte sich so fromm, als wenn er allen Heili- gen die Füße abbeißen wollte. So tauften sie ihn denn aus Barmherzigkeit, und etliche Vornehme Fortunat. Ein andrer. Schweigt all zuſammen und ſtoßt und draͤngt nicht ſo. Andre. Es iſt nicht anders moͤglich, Herr Jawanow, man druͤckt uns von hinten vor. Abel tritt auf. Abel. Platz da! Platz! Mauert Euch nur nicht in meine Thuͤr hinein, weg da, Ihr verhin- dert mein Gewerbe. 1. Frau. Geht aus dem Fenſter oder Schorn- ſtein, wenn Ihr nicht aus der Thuͤre koͤnnt, hier wird ſich kein Menſch drum graͤmen. Abel. Das Volk iſt heut wie beſoffen und toll, und die Weiber am meiſten. 1.Frau. Beſoffen, ſagt Ihr, Herr Abel? O ja, wir duͤrfen Wein trinken. Euch iſt er lange ver- boten geweſen, armer Menſch; nun Ihr Euch zum Chriſtenthum bekehrt habt, iſt er Euch wohl noch was Neues und ſteigt Euch bald in den Kopf? Nicht wahr? Abel. Unverſchaͤmtes Geſindel! Ich werde meine Pferde mit dem Wagen herausjagen, ſo wer- det Ihr wohl Platz machen. (ſchnell in das Haus ab.) 1. Mann. Was ſagtet Ihr da, Frau Vieh- maͤſterinn? 1. Frau. Es iſt ja bekannt, er iſt vor etwa zwei Jahren als ein Tuͤrke zu uns gekommen, bettelarm und ſtellte ſich ſo fromm, als wenn er allen Heili- gen die Fuͤße abbeißen wollte. So tauften ſie ihn denn aus Barmherzigkeit, und etliche Vornehme <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0163" n="153"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/> <sp who="#Ein andrer"> <speaker><hi rendition="#g">Ein andrer</hi>.</speaker> <p>Schweigt all zuſammen und<lb/> ſtoßt und draͤngt nicht ſo.</p> </sp><lb/> <sp who="#Andre"> <speaker><hi rendition="#g">Andre</hi>.</speaker> <p>Es iſt nicht anders moͤglich, Herr<lb/> Jawanow, man druͤckt uns von hinten vor.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Abel</hi> tritt auf.</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#Abel"> <speaker><hi rendition="#g">Abel</hi>.</speaker> <p>Platz da! Platz! Mauert Euch nur<lb/> nicht in meine Thuͤr hinein, weg da, Ihr verhin-<lb/> dert mein Gewerbe.</p> </sp><lb/> <sp who="#1Frau"> <speaker>1. <hi rendition="#g">Frau</hi>.</speaker> <p>Geht aus dem Fenſter oder Schorn-<lb/> ſtein, wenn Ihr nicht aus der Thuͤre koͤnnt, hier<lb/> wird ſich kein Menſch drum graͤmen.</p> </sp><lb/> <sp who="#Abel"> <speaker><hi rendition="#g">Abel</hi>.</speaker> <p>Das Volk iſt heut wie beſoffen und toll,<lb/> und die Weiber am meiſten.</p> </sp><lb/> <sp who="#1Frau"> <speaker>1.<hi rendition="#g">Frau</hi>.</speaker> <p>Beſoffen, ſagt Ihr, Herr Abel? O<lb/> ja, wir duͤrfen Wein trinken. Euch iſt er lange ver-<lb/> boten geweſen, armer Menſch; nun Ihr Euch zum<lb/> Chriſtenthum bekehrt habt, iſt er Euch wohl noch<lb/> was Neues und ſteigt Euch bald in den Kopf?<lb/> Nicht wahr?</p> </sp><lb/> <sp who="#Abel"> <speaker><hi rendition="#g">Abel</hi>.</speaker> <p>Unverſchaͤmtes Geſindel! Ich werde<lb/> meine Pferde mit dem Wagen herausjagen, ſo wer-<lb/> det Ihr wohl Platz machen.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(ſchnell in das Haus ab.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#1Mann"> <speaker>1. <hi rendition="#g">Mann</hi>.</speaker> <p>Was ſagtet Ihr da, Frau Vieh-<lb/> maͤſterinn?</p> </sp><lb/> <sp who="#1Frau"> <speaker>1. <hi rendition="#g">Frau</hi>.</speaker> <p>Es iſt ja bekannt, er iſt vor etwa zwei<lb/> Jahren als ein Tuͤrke zu uns gekommen, bettelarm<lb/> und ſtellte ſich ſo fromm, als wenn er allen Heili-<lb/> gen die Fuͤße abbeißen wollte. So tauften ſie ihn<lb/> denn aus Barmherzigkeit, und etliche Vornehme<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [153/0163]
Fortunat.
Ein andrer. Schweigt all zuſammen und
ſtoßt und draͤngt nicht ſo.
Andre. Es iſt nicht anders moͤglich, Herr
Jawanow, man druͤckt uns von hinten vor.
Abel tritt auf.
Abel. Platz da! Platz! Mauert Euch nur
nicht in meine Thuͤr hinein, weg da, Ihr verhin-
dert mein Gewerbe.
1. Frau. Geht aus dem Fenſter oder Schorn-
ſtein, wenn Ihr nicht aus der Thuͤre koͤnnt, hier
wird ſich kein Menſch drum graͤmen.
Abel. Das Volk iſt heut wie beſoffen und toll,
und die Weiber am meiſten.
1.Frau. Beſoffen, ſagt Ihr, Herr Abel? O
ja, wir duͤrfen Wein trinken. Euch iſt er lange ver-
boten geweſen, armer Menſch; nun Ihr Euch zum
Chriſtenthum bekehrt habt, iſt er Euch wohl noch
was Neues und ſteigt Euch bald in den Kopf?
Nicht wahr?
Abel. Unverſchaͤmtes Geſindel! Ich werde
meine Pferde mit dem Wagen herausjagen, ſo wer-
det Ihr wohl Platz machen.
(ſchnell in das Haus ab.)
1. Mann. Was ſagtet Ihr da, Frau Vieh-
maͤſterinn?
1. Frau. Es iſt ja bekannt, er iſt vor etwa zwei
Jahren als ein Tuͤrke zu uns gekommen, bettelarm
und ſtellte ſich ſo fromm, als wenn er allen Heili-
gen die Fuͤße abbeißen wollte. So tauften ſie ihn
denn aus Barmherzigkeit, und etliche Vornehme
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |