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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Der Blaubart.
des Menschengeschlechts hat alle ihre nichtswürdi-
gen Töchter vergiftet, und wehe dem betrogenen
Manne, der Eurer falschen Zärtlichkeit, Euren un-
schuldigen Augen, Eurem Lächeln und Händedruck
vertraut! Betrug ist Euer Handwerk, und um
bequemer betrügen zu können, seid Ihr schön.
Man sollte Euer ganzes Geschlecht von der Erde
vertilgen. Diese schändliche Neugier, diese Bos-
heit des Herzens, diese verächtliche Schwachheit
Eures Gemüthes ist es, was Euch alle Bande
zerreißen, die Treue, die Ihr gelobt, brechen läßt,
die Euch dann, mit Feigheit gesellt, zu den ver-
ruchtesten Mordthaten reißt. Ja zur Hölle, in
die Umarmung der Teufel werdet Ihr gelockt, um
diese Lust zu büßen. -- Gut, Du hast Dir selbst
Dein Schicksal gewählt.
Agnes. Ihr seid mir fürchterlich, erbarmt
Euch meiner.
Hugo. Alte, nimm den Schlüssel auf.
Mechthilde. Ich soll wohl das Kabinet auf-
schließen? -- Gut. -- Seht Ihr, nun kommt
Ihr ja immer noch früh genug in die Kammer.

(geht ab.)
Agnes. (kniet nieder.) Habt Mitleid!
vergebt
mir meinen Fürwitz, es soll Euch nicht gereuen;
ich will Euch mit aller meiner Liebe dafür lohnen.
Hugo. Wenn ich Euch nicht kennte! Ihr
verabscheut mich jetzt, Ihr würdet entfliehn sobald
sich nur eine Gelegenheit zeigte.
Agnes. So jung, und ich soll schon eines
so schrecklichen Todes sterben? -- O verstoßt mich
Der Blaubart.
des Menſchengeſchlechts hat alle ihre nichtswuͤrdi-
gen Toͤchter vergiftet, und wehe dem betrogenen
Manne, der Eurer falſchen Zaͤrtlichkeit, Euren un-
ſchuldigen Augen, Eurem Laͤcheln und Haͤndedruck
vertraut! Betrug iſt Euer Handwerk, und um
bequemer betruͤgen zu koͤnnen, ſeid Ihr ſchoͤn.
Man ſollte Euer ganzes Geſchlecht von der Erde
vertilgen. Dieſe ſchaͤndliche Neugier, dieſe Bos-
heit des Herzens, dieſe veraͤchtliche Schwachheit
Eures Gemuͤthes iſt es, was Euch alle Bande
zerreißen, die Treue, die Ihr gelobt, brechen laͤßt,
die Euch dann, mit Feigheit geſellt, zu den ver-
ruchteſten Mordthaten reißt. Ja zur Hoͤlle, in
die Umarmung der Teufel werdet Ihr gelockt, um
dieſe Luſt zu buͤßen. — Gut, Du haſt Dir ſelbſt
Dein Schickſal gewaͤhlt.
Agnes. Ihr ſeid mir fuͤrchterlich, erbarmt
Euch meiner.
Hugo. Alte, nimm den Schluͤſſel auf.
Mechthilde. Ich ſoll wohl das Kabinet auf-
ſchließen? — Gut. — Seht Ihr, nun kommt
Ihr ja immer noch fruͤh genug in die Kammer.

(geht ab.)
Agnes. (kniet nieder.) Habt Mitleid!
vergebt
mir meinen Fuͤrwitz, es ſoll Euch nicht gereuen;
ich will Euch mit aller meiner Liebe dafuͤr lohnen.
Hugo. Wenn ich Euch nicht kennte! Ihr
verabſcheut mich jetzt, Ihr wuͤrdet entfliehn ſobald
ſich nur eine Gelegenheit zeigte.
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ſo ſchrecklichen Todes ſterben? — O verſtoßt mich
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[127/0136] Der Blaubart. des Menſchengeſchlechts hat alle ihre nichtswuͤrdi- gen Toͤchter vergiftet, und wehe dem betrogenen Manne, der Eurer falſchen Zaͤrtlichkeit, Euren un- ſchuldigen Augen, Eurem Laͤcheln und Haͤndedruck vertraut! Betrug iſt Euer Handwerk, und um bequemer betruͤgen zu koͤnnen, ſeid Ihr ſchoͤn. Man ſollte Euer ganzes Geſchlecht von der Erde vertilgen. Dieſe ſchaͤndliche Neugier, dieſe Bos- heit des Herzens, dieſe veraͤchtliche Schwachheit Eures Gemuͤthes iſt es, was Euch alle Bande zerreißen, die Treue, die Ihr gelobt, brechen laͤßt, die Euch dann, mit Feigheit geſellt, zu den ver- ruchteſten Mordthaten reißt. Ja zur Hoͤlle, in die Umarmung der Teufel werdet Ihr gelockt, um dieſe Luſt zu buͤßen. — Gut, Du haſt Dir ſelbſt Dein Schickſal gewaͤhlt. Agnes. Ihr ſeid mir fuͤrchterlich, erbarmt Euch meiner. Hugo. Alte, nimm den Schluͤſſel auf. Mechthilde. Ich ſoll wohl das Kabinet auf- ſchließen? — Gut. — Seht Ihr, nun kommt Ihr ja immer noch fruͤh genug in die Kammer. (geht ab.) Agnes. (kniet nieder.) Habt Mitleid! vergebt mir meinen Fuͤrwitz, es ſoll Euch nicht gereuen; ich will Euch mit aller meiner Liebe dafuͤr lohnen. Hugo. Wenn ich Euch nicht kennte! Ihr verabſcheut mich jetzt, Ihr wuͤrdet entfliehn ſobald ſich nur eine Gelegenheit zeigte. Agnes. So jung, und ich ſoll ſchon eines ſo ſchrecklichen Todes ſterben? — O verſtoßt mich

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/136>, abgerufen am 06.05.2024.