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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
danken traurig, -- o jetzt ist er fast mein einzi-
ger Trost. --
Anne. Und wenn er nun zurück kömmt --
Agnes. Ach, Schwester, ich glaube, ich bin
verloren! -- Und die Alte sollte um alles wissen!
Wie müßte ihr dabei zu Muthe seyn, -- ach!
aber sie hat ein entsetzliches Wesen. -- Wenn sie
nun an alles denkt, wenn ihr die Blutkammer
immer gegenwärtig ist, wie kann sie essen, trinken
und schlafen; und er, -- er, -- sage mir, wie
kann ein solches Ungeheuer aus dem Menschen
werden! -- Es ist alles wie ein fremdes Mähr-
chen, wenn ich es aus der Ferne ansehe, -- und
dann, -- daß ich im Mittelpunkte dieses entsetzli-
chen Gemähldes stehe! --
Anne. Fasse dich nur, damit wenigstens
deine Rettung noch möglich ist, damit nur dein
Verstand nicht leidet.
Agnes. Er hat vielleicht schon gelitten. --
Ach, Anne, es wäre schrecklich, wenn ich mir nur
einbildete, daß du mich so schwesterlich tröstetest,
wenn die Alte es wäre, die mir jetzt gegenüber
säße. -- (sie greift sie an) Aber du bist es, nicht wahr?
Anne. Agnes! Agnes! thue dir selbst Ge-
walt an, laß den Wahnsinn fahren.
Agnes. Nein, du bist es selbst. -- Sieh
diesen verrätherischen Schlüssel, Tag und Nacht
habe ich daran gearbeitet diesen schrecklichen Flek-
ken zu vertilgen, aber alles ist umsonst.
Anne. Erhitze dich nicht noch mehr, sei
gelassen.

Zweite Abtheilung.
danken traurig, — o jetzt iſt er faſt mein einzi-
ger Troſt. —
Anne. Und wenn er nun zuruͤck koͤmmt —
Agnes. Ach, Schweſter, ich glaube, ich bin
verloren! — Und die Alte ſollte um alles wiſſen!
Wie muͤßte ihr dabei zu Muthe ſeyn, — ach!
aber ſie hat ein entſetzliches Weſen. — Wenn ſie
nun an alles denkt, wenn ihr die Blutkammer
immer gegenwaͤrtig iſt, wie kann ſie eſſen, trinken
und ſchlafen; und er, — er, — ſage mir, wie
kann ein ſolches Ungeheuer aus dem Menſchen
werden! — Es iſt alles wie ein fremdes Maͤhr-
chen, wenn ich es aus der Ferne anſehe, — und
dann, — daß ich im Mittelpunkte dieſes entſetzli-
chen Gemaͤhldes ſtehe! —
Anne. Faſſe dich nur, damit wenigſtens
deine Rettung noch moͤglich iſt, damit nur dein
Verſtand nicht leidet.
Agnes. Er hat vielleicht ſchon gelitten. —
Ach, Anne, es waͤre ſchrecklich, wenn ich mir nur
einbildete, daß du mich ſo ſchweſterlich troͤſteteſt,
wenn die Alte es waͤre, die mir jetzt gegenuͤber
ſaͤße. — (ſie greift ſie an) Aber du biſt es, nicht wahr?
Anne. Agnes! Agnes! thue dir ſelbſt Ge-
walt an, laß den Wahnſinn fahren.
Agnes. Nein, du biſt es ſelbſt. — Sieh
dieſen verraͤtheriſchen Schluͤſſel, Tag und Nacht
habe ich daran gearbeitet dieſen ſchrecklichen Flek-
ken zu vertilgen, aber alles iſt umſonſt.
Anne. Erhitze dich nicht noch mehr, ſei
gelaſſen.

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[114/0123] Zweite Abtheilung. danken traurig, — o jetzt iſt er faſt mein einzi- ger Troſt. — Anne. Und wenn er nun zuruͤck koͤmmt — Agnes. Ach, Schweſter, ich glaube, ich bin verloren! — Und die Alte ſollte um alles wiſſen! Wie muͤßte ihr dabei zu Muthe ſeyn, — ach! aber ſie hat ein entſetzliches Weſen. — Wenn ſie nun an alles denkt, wenn ihr die Blutkammer immer gegenwaͤrtig iſt, wie kann ſie eſſen, trinken und ſchlafen; und er, — er, — ſage mir, wie kann ein ſolches Ungeheuer aus dem Menſchen werden! — Es iſt alles wie ein fremdes Maͤhr- chen, wenn ich es aus der Ferne anſehe, — und dann, — daß ich im Mittelpunkte dieſes entſetzli- chen Gemaͤhldes ſtehe! — Anne. Faſſe dich nur, damit wenigſtens deine Rettung noch moͤglich iſt, damit nur dein Verſtand nicht leidet. Agnes. Er hat vielleicht ſchon gelitten. — Ach, Anne, es waͤre ſchrecklich, wenn ich mir nur einbildete, daß du mich ſo ſchweſterlich troͤſteteſt, wenn die Alte es waͤre, die mir jetzt gegenuͤber ſaͤße. — (ſie greift ſie an) Aber du biſt es, nicht wahr? Anne. Agnes! Agnes! thue dir ſelbſt Ge- walt an, laß den Wahnſinn fahren. Agnes. Nein, du biſt es ſelbſt. — Sieh dieſen verraͤtheriſchen Schluͤſſel, Tag und Nacht habe ich daran gearbeitet dieſen ſchrecklichen Flek- ken zu vertilgen, aber alles iſt umſonſt. Anne. Erhitze dich nicht noch mehr, ſei gelaſſen.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/123>, abgerufen am 24.11.2024.