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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Erste Abtheilung.
seyn für die fröhliche Bothschaft, so Ihr mir wi-
der alles Verhoffen gebracht habt.

Er gab hierauf der Amme einen von den dreien
köstlichen Ringen, und Gertraud eilte sogleich zur
Prinzessin, ihr die erhaltene Kundschaft anzusagen,
auch zeigte sie ihr den köstlichen Ring, der allein
schon bewies, daß der Ritter aus einem vorneh-
men Hause stammen müsse. Er hatte der Amme
zugleich ein Pergamentblatt mitgegeben, in Hof-
nung, daß Magelone die Worte lesen würde, die
er im Gefühl seiner Liebe niedergeschrieben hatte.

Liebe kam aus fernen Landen
Und kein Wesen folgte ihr,
Und die Göttin winkte mir,
Schlang mich ein mit süßen Banden.
Da begonn ich Schmerz zu fühlen,
Thränen dämmerten den Blick:
Ach! was ist der Liebe Glück,
Klagt' ich, wozu dieses Spielen?
Keinen hab' ich weit gefunden,
Sagte lieblich die Gestalt,
Fühle du nun die Gewalt,
Die die Herzen sonst gebunden.
Alle meine Wünsche flogen
In der Lüfte blauen Raum,
Ruhm schien mir ein Morgentraum,
Nur ein Klang der Meereswogen.
Ach! wer löst nun meine Ketten?
Denn gefesselt ist der Arm,
Mich umfleugt der Sorgen Schwarm;
Keiner, keiner will mich retten?

Erſte Abtheilung.
ſeyn fuͤr die froͤhliche Bothſchaft, ſo Ihr mir wi-
der alles Verhoffen gebracht habt.

Er gab hierauf der Amme einen von den dreien
koͤſtlichen Ringen, und Gertraud eilte ſogleich zur
Prinzeſſin, ihr die erhaltene Kundſchaft anzuſagen,
auch zeigte ſie ihr den koͤſtlichen Ring, der allein
ſchon bewies, daß der Ritter aus einem vorneh-
men Hauſe ſtammen muͤſſe. Er hatte der Amme
zugleich ein Pergamentblatt mitgegeben, in Hof-
nung, daß Magelone die Worte leſen wuͤrde, die
er im Gefuͤhl ſeiner Liebe niedergeſchrieben hatte.

Liebe kam aus fernen Landen
Und kein Weſen folgte ihr,
Und die Goͤttin winkte mir,
Schlang mich ein mit ſuͤßen Banden.
Da begonn ich Schmerz zu fuͤhlen,
Thraͤnen daͤmmerten den Blick:
Ach! was iſt der Liebe Gluͤck,
Klagt' ich, wozu dieſes Spielen?
Keinen hab' ich weit gefunden,
Sagte lieblich die Geſtalt,
Fuͤhle du nun die Gewalt,
Die die Herzen ſonſt gebunden.
Alle meine Wuͤnſche flogen
In der Luͤfte blauen Raum,
Ruhm ſchien mir ein Morgentraum,
Nur ein Klang der Meereswogen.
Ach! wer loͤſt nun meine Ketten?
Denn gefeſſelt iſt der Arm,
Mich umfleugt der Sorgen Schwarm;
Keiner, keiner will mich retten?

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[344/0355] Erſte Abtheilung. ſeyn fuͤr die froͤhliche Bothſchaft, ſo Ihr mir wi- der alles Verhoffen gebracht habt. Er gab hierauf der Amme einen von den dreien koͤſtlichen Ringen, und Gertraud eilte ſogleich zur Prinzeſſin, ihr die erhaltene Kundſchaft anzuſagen, auch zeigte ſie ihr den koͤſtlichen Ring, der allein ſchon bewies, daß der Ritter aus einem vorneh- men Hauſe ſtammen muͤſſe. Er hatte der Amme zugleich ein Pergamentblatt mitgegeben, in Hof- nung, daß Magelone die Worte leſen wuͤrde, die er im Gefuͤhl ſeiner Liebe niedergeſchrieben hatte. Liebe kam aus fernen Landen Und kein Weſen folgte ihr, Und die Goͤttin winkte mir, Schlang mich ein mit ſuͤßen Banden. Da begonn ich Schmerz zu fuͤhlen, Thraͤnen daͤmmerten den Blick: Ach! was iſt der Liebe Gluͤck, Klagt' ich, wozu dieſes Spielen? Keinen hab' ich weit gefunden, Sagte lieblich die Geſtalt, Fuͤhle du nun die Gewalt, Die die Herzen ſonſt gebunden. Alle meine Wuͤnſche flogen In der Luͤfte blauen Raum, Ruhm ſchien mir ein Morgentraum, Nur ein Klang der Meereswogen. Ach! wer loͤſt nun meine Ketten? Denn gefeſſelt iſt der Arm, Mich umfleugt der Sorgen Schwarm; Keiner, keiner will mich retten?

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/355>, abgerufen am 23.11.2024.