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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Erste Abtheilung.

Schon hinter diesen Mauern,
Und Seufzer schwer und thränend Leid
Stehn schon bereit,
Dich zu umstricken;
Froh laß uns blicken
Vernichtung an und grausen Tod;
Was will die Angst, was will uns Noth?
Wir drücken
Im Taumel die Hand,
Mich rührt dein Gewand,
Du schwebest dahin, ich taumle zurück --
Auch Verzweiflung ist Glück.

Aus diesem Entzücken,
Und was wir heut lachten,
Entsprießt wohl Verachten
Und giftiger Neid;
O herrliche Zeit!
Wenn ich dich verhöhne,
Winkt dort mir die Schöne,
Und wird meine Braut;
Die andere schaut
Noch kühner darein;
Soll dies' es denn sein? --
So taumeln wir alle
Im Schwindel die Halle
Des Lebens hinab,
Kein Lieben, kein Leben,
Kein Seyn uns gegeben,
Nur Träumen und Grab:
Da unten bedecken
Wohl Blumen und Klee
Noch grimmere Schrecken,
Noch wilderes Weh;

Erſte Abtheilung.

Schon hinter dieſen Mauern,
Und Seufzer ſchwer und thraͤnend Leid
Stehn ſchon bereit,
Dich zu umſtricken;
Froh laß uns blicken
Vernichtung an und grauſen Tod;
Was will die Angſt, was will uns Noth?
Wir druͤcken
Im Taumel die Hand,
Mich ruͤhrt dein Gewand,
Du ſchwebeſt dahin, ich taumle zuruͤck —
Auch Verzweiflung iſt Gluͤck.

Aus dieſem Entzuͤcken,
Und was wir heut lachten,
Entſprießt wohl Verachten
Und giftiger Neid;
O herrliche Zeit!
Wenn ich dich verhoͤhne,
Winkt dort mir die Schoͤne,
Und wird meine Braut;
Die andere ſchaut
Noch kuͤhner darein;
Soll dieſ' es denn ſein? —
So taumeln wir alle
Im Schwindel die Halle
Des Lebens hinab,
Kein Lieben, kein Leben,
Kein Seyn uns gegeben,
Nur Traͤumen und Grab:
Da unten bedecken
Wohl Blumen und Klee
Noch grimmere Schrecken,
Noch wilderes Weh;
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[294/0305] Erſte Abtheilung. Schon hinter dieſen Mauern, Und Seufzer ſchwer und thraͤnend Leid Stehn ſchon bereit, Dich zu umſtricken; Froh laß uns blicken Vernichtung an und grauſen Tod; Was will die Angſt, was will uns Noth? Wir druͤcken Im Taumel die Hand, Mich ruͤhrt dein Gewand, Du ſchwebeſt dahin, ich taumle zuruͤck — Auch Verzweiflung iſt Gluͤck. Aus dieſem Entzuͤcken, Und was wir heut lachten, Entſprießt wohl Verachten Und giftiger Neid; O herrliche Zeit! Wenn ich dich verhoͤhne, Winkt dort mir die Schoͤne, Und wird meine Braut; Die andere ſchaut Noch kuͤhner darein; Soll dieſ' es denn ſein? — So taumeln wir alle Im Schwindel die Halle Des Lebens hinab, Kein Lieben, kein Leben, Kein Seyn uns gegeben, Nur Traͤumen und Grab: Da unten bedecken Wohl Blumen und Klee Noch grimmere Schrecken, Noch wilderes Weh;

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/305>, abgerufen am 25.11.2024.