Und Pfeifentöne springen Mit gellendem Geschrei Zwischen dröhnenden tönenden Geigen In rasender Wuth herbei, Das wilde Gemüth zu zeigen, Und grimmig zu morden das stille kindliche Schwei- gen. --
Wohin dreht sich der Reigen? Was sucht die springende Menge Im windenden Gedränge? -- Vorüber! Es glänzen die Lichter, Wir tummeln uns näher und dichter, Es jauchzt in uns das blöde Herz; Lauter tönet Grimmer dröhnet Ihr Cymbeln, ihr Pfeifen! betäubet den Schmerz, Er werde zum Scherz! --
Du winkst mir, holdes Angesicht? Es lacht der Mund, der Augen Licht; Herbei, daß ich dich fasse, Im Schweben wieder lasse; Ich weiß, die Schönheit bald zerbricht, Der Mund verstummt, der lieblich spricht, Dich faßt des Todes Arm. Was winkst du, Schädel, freundlich mir? Kein Kummer mir, nicht Angst und Harm, Daß du so bald erbleichest hier, Wohl heut, wohl morgen. Was sollen die Sorgen? Ich lebe und schwebe im Reigen vorüber vor dir. --
Heut lieb ich dich, Jetzt meinst du mich; Ach, Noth und Angst sie lauern
Liebeszauber.
Und Pfeifentoͤne ſpringen Mit gellendem Geſchrei Zwiſchen droͤhnenden toͤnenden Geigen In raſender Wuth herbei, Das wilde Gemuͤth zu zeigen, Und grimmig zu morden das ſtille kindliche Schwei- gen. —
Wohin dreht ſich der Reigen? Was ſucht die ſpringende Menge Im windenden Gedraͤnge? — Voruͤber! Es glaͤnzen die Lichter, Wir tummeln uns naͤher und dichter, Es jauchzt in uns das bloͤde Herz; Lauter toͤnet Grimmer droͤhnet Ihr Cymbeln, ihr Pfeifen! betaͤubet den Schmerz, Er werde zum Scherz! —
Du winkſt mir, holdes Angeſicht? Es lacht der Mund, der Augen Licht; Herbei, daß ich dich faſſe, Im Schweben wieder laſſe; Ich weiß, die Schoͤnheit bald zerbricht, Der Mund verſtummt, der lieblich ſpricht, Dich faßt des Todes Arm. Was winkſt du, Schaͤdel, freundlich mir? Kein Kummer mir, nicht Angſt und Harm, Daß du ſo bald erbleicheſt hier, Wohl heut, wohl morgen. Was ſollen die Sorgen? Ich lebe und ſchwebe im Reigen voruͤber vor dir. —
Heut lieb ich dich, Jetzt meinſt du mich; Ach, Noth und Angſt ſie lauern
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgtype="poem"><lgn="1"><pbfacs="#f0304"n="293"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Liebeszauber</hi>.</fw><lb/><l>Und Pfeifentoͤne ſpringen</l><lb/><l>Mit gellendem Geſchrei</l><lb/><l>Zwiſchen droͤhnenden toͤnenden Geigen</l><lb/><l>In raſender Wuth herbei,</l><lb/><l>Das wilde Gemuͤth zu zeigen,</l><lb/><l>Und grimmig zu morden das ſtille kindliche Schwei-</l><lb/><l>gen. —</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Wohin dreht ſich der Reigen?</l><lb/><l>Was ſucht die ſpringende Menge</l><lb/><l>Im windenden Gedraͤnge? —</l><lb/><l>Voruͤber! Es glaͤnzen die Lichter,</l><lb/><l>Wir tummeln uns naͤher und dichter,</l><lb/><l>Es jauchzt in uns das bloͤde Herz;</l><lb/><l>Lauter toͤnet</l><lb/><l>Grimmer droͤhnet</l><lb/><l>Ihr Cymbeln, ihr Pfeifen! betaͤubet den Schmerz,</l><lb/><l>Er werde zum Scherz! —</l></lg><lb/><lgn="3"><l>Du winkſt mir, holdes Angeſicht?</l><lb/><l>Es lacht der Mund, der Augen Licht;</l><lb/><l>Herbei, daß ich dich faſſe,</l><lb/><l>Im Schweben wieder laſſe;</l><lb/><l>Ich weiß, die Schoͤnheit bald zerbricht,</l><lb/><l>Der Mund verſtummt, der lieblich ſpricht,</l><lb/><l>Dich faßt des Todes Arm.</l><lb/><l>Was winkſt du, Schaͤdel, freundlich mir?</l><lb/><l>Kein Kummer mir, nicht Angſt und Harm,</l><lb/><l>Daß du ſo bald erbleicheſt hier,</l><lb/><l>Wohl heut, wohl morgen.</l><lb/><l>Was ſollen die Sorgen?</l><lb/><l>Ich lebe und ſchwebe im Reigen voruͤber vor dir. —</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Heut lieb ich dich,</l><lb/><l>Jetzt meinſt du mich;</l><lb/><l>Ach, Noth und Angſt ſie lauern</l><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[293/0304]
Liebeszauber.
Und Pfeifentoͤne ſpringen
Mit gellendem Geſchrei
Zwiſchen droͤhnenden toͤnenden Geigen
In raſender Wuth herbei,
Das wilde Gemuͤth zu zeigen,
Und grimmig zu morden das ſtille kindliche Schwei-
gen. —
Wohin dreht ſich der Reigen?
Was ſucht die ſpringende Menge
Im windenden Gedraͤnge? —
Voruͤber! Es glaͤnzen die Lichter,
Wir tummeln uns naͤher und dichter,
Es jauchzt in uns das bloͤde Herz;
Lauter toͤnet
Grimmer droͤhnet
Ihr Cymbeln, ihr Pfeifen! betaͤubet den Schmerz,
Er werde zum Scherz! —
Du winkſt mir, holdes Angeſicht?
Es lacht der Mund, der Augen Licht;
Herbei, daß ich dich faſſe,
Im Schweben wieder laſſe;
Ich weiß, die Schoͤnheit bald zerbricht,
Der Mund verſtummt, der lieblich ſpricht,
Dich faßt des Todes Arm.
Was winkſt du, Schaͤdel, freundlich mir?
Kein Kummer mir, nicht Angſt und Harm,
Daß du ſo bald erbleicheſt hier,
Wohl heut, wohl morgen.
Was ſollen die Sorgen?
Ich lebe und ſchwebe im Reigen voruͤber vor dir. —
Heut lieb ich dich,
Jetzt meinſt du mich;
Ach, Noth und Angſt ſie lauern
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/304>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.