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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Der blonde Eckbert.

Aber über unser Schwatzen, fing Bertha wie-
der an, ist es schon tief in die Nacht geworden, --
wir wollen uns schlafen legen.

Sie stand auf und ging nach ihrer Kammer.
Walther wünschte ihr mit einem Handkusse eine
gute Nacht, und sagte: Edle Frau, ich danke Euch,
ich kann mir Euch recht vorstellen, mit dem selt-
samen Vogel, und wie Ihr den kleinen Stroh-
mian
füttert.

Auch Walther legte sich schlafen, nur Eckbert
ging noch unruhig im Saale auf und ab. -- Ist
der Mensch nicht ein Thor? fing er endlich an; ich
bin erst die Veranlassung, daß meine Frau ihre
Geschichte erzählt, und jetzt gereut mich diese Ver-
traulichkeit! -- Wird er sie nicht mißbrauchen?
Wird er sie nicht andern mittheilen? Wird er nicht
vielleicht, denn das ist die Natur des Menschen,
eine unselige Habsucht nach unsern Edelgesteinen
empfinden, und deswegen Plane anlegen und sich
verstellen?

Es fiel ihm ein, daß Walther nicht so herzlich
von ihm Abschied genommen hatte, als es nach
einer solchen Vertraulichkeit wohl natürlich gewesen
wäre. Wenn die Seele erst einmal zum Argwohn
gespannt ist, so trift sie auch in allen Kleinigkeiten
Bestätigungen an. Dann warf sich Eckbert wieder
sein unedles Mißtrauen gegen seinen wackern Freund
vor, und konnte doch nicht davon zurück kehren.
Er schlug sich die ganze Nacht mit diesen Vor-
stellungen herum, und schlief nur wenig.

Bertha war krank und konnte nicht zum Früh-

Der blonde Eckbert.

Aber uͤber unſer Schwatzen, fing Bertha wie-
der an, iſt es ſchon tief in die Nacht geworden, —
wir wollen uns ſchlafen legen.

Sie ſtand auf und ging nach ihrer Kammer.
Walther wuͤnſchte ihr mit einem Handkuſſe eine
gute Nacht, und ſagte: Edle Frau, ich danke Euch,
ich kann mir Euch recht vorſtellen, mit dem ſelt-
ſamen Vogel, und wie Ihr den kleinen Stroh-
mian
fuͤttert.

Auch Walther legte ſich ſchlafen, nur Eckbert
ging noch unruhig im Saale auf und ab. — Iſt
der Menſch nicht ein Thor? fing er endlich an; ich
bin erſt die Veranlaſſung, daß meine Frau ihre
Geſchichte erzaͤhlt, und jetzt gereut mich dieſe Ver-
traulichkeit! — Wird er ſie nicht mißbrauchen?
Wird er ſie nicht andern mittheilen? Wird er nicht
vielleicht, denn das iſt die Natur des Menſchen,
eine unſelige Habſucht nach unſern Edelgeſteinen
empfinden, und deswegen Plane anlegen und ſich
verſtellen?

Es fiel ihm ein, daß Walther nicht ſo herzlich
von ihm Abſchied genommen hatte, als es nach
einer ſolchen Vertraulichkeit wohl natuͤrlich geweſen
waͤre. Wenn die Seele erſt einmal zum Argwohn
geſpannt iſt, ſo trift ſie auch in allen Kleinigkeiten
Beſtaͤtigungen an. Dann warf ſich Eckbert wieder
ſein unedles Mißtrauen gegen ſeinen wackern Freund
vor, und konnte doch nicht davon zuruͤck kehren.
Er ſchlug ſich die ganze Nacht mit dieſen Vor-
ſtellungen herum, und ſchlief nur wenig.

Bertha war krank und konnte nicht zum Fruͤh-

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[185/0196] Der blonde Eckbert. Aber uͤber unſer Schwatzen, fing Bertha wie- der an, iſt es ſchon tief in die Nacht geworden, — wir wollen uns ſchlafen legen. Sie ſtand auf und ging nach ihrer Kammer. Walther wuͤnſchte ihr mit einem Handkuſſe eine gute Nacht, und ſagte: Edle Frau, ich danke Euch, ich kann mir Euch recht vorſtellen, mit dem ſelt- ſamen Vogel, und wie Ihr den kleinen Stroh- mian fuͤttert. Auch Walther legte ſich ſchlafen, nur Eckbert ging noch unruhig im Saale auf und ab. — Iſt der Menſch nicht ein Thor? fing er endlich an; ich bin erſt die Veranlaſſung, daß meine Frau ihre Geſchichte erzaͤhlt, und jetzt gereut mich dieſe Ver- traulichkeit! — Wird er ſie nicht mißbrauchen? Wird er ſie nicht andern mittheilen? Wird er nicht vielleicht, denn das iſt die Natur des Menſchen, eine unſelige Habſucht nach unſern Edelgeſteinen empfinden, und deswegen Plane anlegen und ſich verſtellen? Es fiel ihm ein, daß Walther nicht ſo herzlich von ihm Abſchied genommen hatte, als es nach einer ſolchen Vertraulichkeit wohl natuͤrlich geweſen waͤre. Wenn die Seele erſt einmal zum Argwohn geſpannt iſt, ſo trift ſie auch in allen Kleinigkeiten Beſtaͤtigungen an. Dann warf ſich Eckbert wieder ſein unedles Mißtrauen gegen ſeinen wackern Freund vor, und konnte doch nicht davon zuruͤck kehren. Er ſchlug ſich die ganze Nacht mit dieſen Vor- ſtellungen herum, und ſchlief nur wenig. Bertha war krank und konnte nicht zum Fruͤh-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/196>, abgerufen am 24.11.2024.