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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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ich denn zu meinem gewöhnlichen Leben wieder
erwachen werde!

Warum sollte aber nicht ein Unglücklicher in
seinem dürren Lebenslaufe, unter den unzähli-
gen leeren Larven, die ihm begegnen, auch ein-
mal einen Bothen des Himmels antreffen, der
ihm von oben her Frieden verkündigt? -- Ach,
mein ganzes verschlossenes, verwelktes Herz
würde sich wieder wie eine Blume aufrichten,
die ein warmer Frühlingsregen trifft. Ein schö-
ner Regenbogen würde den Horizont meines
dunkeln Daseyns umarmen, und Hoffnung, Lie-
be, Glück und Seeligkeit würde aus jedem
Sterne der Nacht, wie aus einem goldnen Au-
ge auf mich herniederblicken.

Wenn ich leben soll, so müssen Sie mir die-
se Hoffnung nicht nehmen; wenn ich lächeln
soll, o so müssen Sie sie erfüllen.


ich denn zu meinem gewoͤhnlichen Leben wieder
erwachen werde!

Warum ſollte aber nicht ein Ungluͤcklicher in
ſeinem duͤrren Lebenslaufe, unter den unzaͤhli-
gen leeren Larven, die ihm begegnen, auch ein-
mal einen Bothen des Himmels antreffen, der
ihm von oben her Frieden verkuͤndigt? — Ach,
mein ganzes verſchloſſenes, verwelktes Herz
wuͤrde ſich wieder wie eine Blume aufrichten,
die ein warmer Fruͤhlingsregen trifft. Ein ſchoͤ-
ner Regenbogen wuͤrde den Horizont meines
dunkeln Daſeyns umarmen, und Hoffnung, Lie-
be, Gluͤck und Seeligkeit wuͤrde aus jedem
Sterne der Nacht, wie aus einem goldnen Au-
ge auf mich herniederblicken.

Wenn ich leben ſoll, ſo muͤſſen Sie mir die-
ſe Hoffnung nicht nehmen; wenn ich laͤcheln
ſoll, o ſo muͤſſen Sie ſie erfuͤllen.


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[43/0050] ich denn zu meinem gewoͤhnlichen Leben wieder erwachen werde! Warum ſollte aber nicht ein Ungluͤcklicher in ſeinem duͤrren Lebenslaufe, unter den unzaͤhli- gen leeren Larven, die ihm begegnen, auch ein- mal einen Bothen des Himmels antreffen, der ihm von oben her Frieden verkuͤndigt? — Ach, mein ganzes verſchloſſenes, verwelktes Herz wuͤrde ſich wieder wie eine Blume aufrichten, die ein warmer Fruͤhlingsregen trifft. Ein ſchoͤ- ner Regenbogen wuͤrde den Horizont meines dunkeln Daſeyns umarmen, und Hoffnung, Lie- be, Gluͤck und Seeligkeit wuͤrde aus jedem Sterne der Nacht, wie aus einem goldnen Au- ge auf mich herniederblicken. Wenn ich leben ſoll, ſo muͤſſen Sie mir die- ſe Hoffnung nicht nehmen; wenn ich laͤcheln ſoll, o ſo muͤſſen Sie ſie erfuͤllen.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/50>, abgerufen am 29.03.2024.