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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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würde ich wünschen, ewig ein Kind geblieben
zu seyn, der Dümmste zu seyn, den Sie nicht
eines Wortes, nicht Ihres Anblicks würdigen,
ach, ich wäre zufrieden auch mit Ihrer Verach-
tung, ich würde von keiner andern Heimath
wissen und mich in der dunkeln, beschränkten
Hütte glücklich fühlen. Aber ich weiß, daß
noch nicht alles verloren ist, die größere und
bessere Hälfte meines Lebens ist noch zurück.
Andrea hat den Schlüssel zu meiner Existenz,
und er wird mir wieder ein freyeres Daseyn
aufschließen: er wird mich in eine höhere Welt
hinüberziehn und ich werde dann die Harmonie
in meinem Innern wieder antreffen. So muß
es seyn, oder es giebt für mich keinen Trost
auf dieser weiten Erde, keinen Trost im Grabe,
vielleicht keinen Trost in einer Unsterblichkeit.
Glauben Sie nicht, Rosa, daß ich in einer trü-
ben Laune übertreibe, daß ich mich mit Be-
schuldigungen überlade, um mir nur die Ent-
schuldigung wieder desto leichter zu machen:
nein, ich habe dies in allen Stimmungen em-
pfunden, selbst im Wahnsinne der Trunken-
heit, schwebte diese Ueberzeugung fürchterlich
deutlich vor meinen Augen, nur habe ich sie

wuͤrde ich wuͤnſchen, ewig ein Kind geblieben
zu ſeyn, der Duͤmmſte zu ſeyn, den Sie nicht
eines Wortes, nicht Ihres Anblicks wuͤrdigen,
ach, ich waͤre zufrieden auch mit Ihrer Verach-
tung, ich wuͤrde von keiner andern Heimath
wiſſen und mich in der dunkeln, beſchraͤnkten
Huͤtte gluͤcklich fuͤhlen. Aber ich weiß, daß
noch nicht alles verloren iſt, die groͤßere und
beſſere Haͤlfte meines Lebens iſt noch zuruͤck.
Andrea hat den Schluͤſſel zu meiner Exiſtenz,
und er wird mir wieder ein freyeres Daſeyn
aufſchließen: er wird mich in eine hoͤhere Welt
hinuͤberziehn und ich werde dann die Harmonie
in meinem Innern wieder antreffen. So muß
es ſeyn, oder es giebt fuͤr mich keinen Troſt
auf dieſer weiten Erde, keinen Troſt im Grabe,
vielleicht keinen Troſt in einer Unſterblichkeit.
Glauben Sie nicht, Roſa, daß ich in einer truͤ-
ben Laune uͤbertreibe, daß ich mich mit Be-
ſchuldigungen uͤberlade, um mir nur die Ent-
ſchuldigung wieder deſto leichter zu machen:
nein, ich habe dies in allen Stimmungen em-
pfunden, ſelbſt im Wahnſinne der Trunken-
heit, ſchwebte dieſe Ueberzeugung fuͤrchterlich
deutlich vor meinen Augen, nur habe ich ſie

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[298/0305] wuͤrde ich wuͤnſchen, ewig ein Kind geblieben zu ſeyn, der Duͤmmſte zu ſeyn, den Sie nicht eines Wortes, nicht Ihres Anblicks wuͤrdigen, ach, ich waͤre zufrieden auch mit Ihrer Verach- tung, ich wuͤrde von keiner andern Heimath wiſſen und mich in der dunkeln, beſchraͤnkten Huͤtte gluͤcklich fuͤhlen. Aber ich weiß, daß noch nicht alles verloren iſt, die groͤßere und beſſere Haͤlfte meines Lebens iſt noch zuruͤck. Andrea hat den Schluͤſſel zu meiner Exiſtenz, und er wird mir wieder ein freyeres Daſeyn aufſchließen: er wird mich in eine hoͤhere Welt hinuͤberziehn und ich werde dann die Harmonie in meinem Innern wieder antreffen. So muß es ſeyn, oder es giebt fuͤr mich keinen Troſt auf dieſer weiten Erde, keinen Troſt im Grabe, vielleicht keinen Troſt in einer Unſterblichkeit. Glauben Sie nicht, Roſa, daß ich in einer truͤ- ben Laune uͤbertreibe, daß ich mich mit Be- ſchuldigungen uͤberlade, um mir nur die Ent- ſchuldigung wieder deſto leichter zu machen: nein, ich habe dies in allen Stimmungen em- pfunden, ſelbſt im Wahnſinne der Trunken- heit, ſchwebte dieſe Ueberzeugung fuͤrchterlich deutlich vor meinen Augen, nur habe ich ſie

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/305>, abgerufen am 23.11.2024.