Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
In schwarze, wüste, wildzerrißne Klüfte.
Ein wilder Reigen dreht sich gräßlich unten,
Ein freches Hohngelächter schallt herauf,
Und bleiche Fackeln zittern hin und her.
Dämonen, fürchterliche Larven feyern
Mit raschem Schwung ein nächtlich Lustgelage.
Wer ist der schwarze Riese unter ihnen? --
Er nennt sich Tod und streckt den bleichen Arm
Nach mir herauf! -- Hinweg du Gräßlicher! --
Was rührt sich in den Bäumen? -- Ist's mein Vater?
Er will zu mir! er kömmt mit Rosalinen
Und langsam geht Pietro hinter ihm,
Auch Willy's Kopf streckt sich aus feuchtem Grabe! --
Hinweg! -- ich kenn' euch nicht! -- zur Höll'
hinab!!--
Doch laut und immer lauter rauscht die Waldung,
Es braust das Meer und schilt mit allen Wogen, --
Und in mir klopft ein ängstlich feiges Herz. --
Ihr alle richtet mich? verdammt mich alle? --
Du selbst bist gegen Dich? -- O Thor, laß ja
Den Geist in dir, den frechen Dämon nie
Gebändigt werden! Laß das Schicksal zürnen,
Laß Lieb' und Freundschaft zu Verräthern werden,
Laß alles treulos von dir fallen: ha! was kümmern
Dich Luftgestalten? -- sey dir selbst genug!

Was meinen Sie, Rosa? -- Wenn ich
über mich selbst ein Trauerspiel machte, müßte

T 2
In ſchwarze, wüſte, wildzerrißne Klüfte.
Ein wilder Reigen dreht ſich gräßlich unten,
Ein freches Hohngelächter ſchallt herauf,
Und bleiche Fackeln zittern hin und her.
Dämonen, fürchterliche Larven feyern
Mit raſchem Schwung ein nächtlich Luſtgelage.
Wer iſt der ſchwarze Rieſe unter ihnen? —
Er nennt ſich Tod und ſtreckt den bleichen Arm
Nach mir herauf! — Hinweg du Gräßlicher! —
Was rührt ſich in den Bäumen? — Iſt's mein Vater?
Er will zu mir! er kömmt mit Roſalinen
Und langſam geht Pietro hinter ihm,
Auch Willy's Kopf ſtreckt ſich aus feuchtem Grabe! —
Hinweg! — ich kenn' euch nicht! — zur Höll'
hinab!!—
Doch laut und immer lauter rauſcht die Waldung,
Es brauſt das Meer und ſchilt mit allen Wogen, —
Und in mir klopft ein ängſtlich feiges Herz. —
Ihr alle richtet mich? verdammt mich alle? —
Du ſelbſt biſt gegen Dich? — O Thor, laß ja
Den Geiſt in dir, den frechen Dämon nie
Gebändigt werden! Laß das Schickſal zürnen,
Laß Lieb' und Freundſchaft zu Verräthern werden,
Laß alles treulos von dir fallen: ha! was kümmern
Dich Luftgeſtalten? — ſey dir ſelbſt genug!

Was meinen Sie, Roſa? — Wenn ich
uͤber mich ſelbſt ein Trauerſpiel machte, muͤßte

T 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0298" n="291"/>
            </l>
            <l>In &#x017F;chwarze, wü&#x017F;te, wildzerrißne Klüfte.</l><lb/>
            <l>Ein wilder Reigen dreht &#x017F;ich gräßlich unten,</l><lb/>
            <l>Ein freches Hohngelächter &#x017F;challt herauf,</l><lb/>
            <l>Und bleiche Fackeln zittern hin und her.</l><lb/>
            <l>Dämonen, fürchterliche Larven feyern</l><lb/>
            <l>Mit ra&#x017F;chem Schwung ein nächtlich Lu&#x017F;tgelage.</l><lb/>
            <l>Wer i&#x017F;t der &#x017F;chwarze Rie&#x017F;e unter ihnen? &#x2014;</l><lb/>
            <l>Er nennt &#x017F;ich Tod und &#x017F;treckt den bleichen Arm</l><lb/>
            <l>Nach mir herauf! &#x2014; Hinweg du Gräßlicher! &#x2014;</l><lb/>
            <l>Was rührt &#x017F;ich in den Bäumen? &#x2014; I&#x017F;t's mein Vater?</l><lb/>
            <l>Er will zu mir! er kömmt mit Ro&#x017F;alinen</l><lb/>
            <l>Und lang&#x017F;am geht Pietro hinter ihm,</l><lb/>
            <l>Auch Willy's Kopf &#x017F;treckt &#x017F;ich aus feuchtem Grabe! &#x2014;</l><lb/>
            <l>Hinweg! &#x2014; ich kenn' euch nicht! &#x2014; zur Höll'</l><lb/>
            <l>hinab!!&#x2014;</l><lb/>
            <l>Doch laut und immer lauter rau&#x017F;cht die Waldung,</l><lb/>
            <l>Es brau&#x017F;t das Meer und &#x017F;chilt mit allen Wogen, &#x2014;</l><lb/>
            <l>Und in mir klopft ein äng&#x017F;tlich feiges Herz. &#x2014;</l><lb/>
            <l>Ihr alle richtet mich? verdammt mich alle? &#x2014;</l><lb/>
            <l>Du &#x017F;elb&#x017F;t bi&#x017F;t gegen Dich? &#x2014; O Thor, laß ja</l><lb/>
            <l>Den Gei&#x017F;t in dir, den frechen Dämon nie</l><lb/>
            <l>Gebändigt werden! Laß das Schick&#x017F;al zürnen,</l><lb/>
            <l>Laß Lieb' und Freund&#x017F;chaft zu Verräthern werden,</l><lb/>
            <l>Laß alles treulos von dir fallen: ha! was kümmern</l><lb/>
            <l>Dich Luftge&#x017F;talten? &#x2014; &#x017F;ey dir &#x017F;elb&#x017F;t genug!</l>
          </lg><lb/>
          <p>Was meinen Sie, Ro&#x017F;a? &#x2014; Wenn ich<lb/>
u&#x0364;ber mich &#x017F;elb&#x017F;t ein Trauer&#x017F;piel machte, mu&#x0364;ßte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0298] In ſchwarze, wüſte, wildzerrißne Klüfte. Ein wilder Reigen dreht ſich gräßlich unten, Ein freches Hohngelächter ſchallt herauf, Und bleiche Fackeln zittern hin und her. Dämonen, fürchterliche Larven feyern Mit raſchem Schwung ein nächtlich Luſtgelage. Wer iſt der ſchwarze Rieſe unter ihnen? — Er nennt ſich Tod und ſtreckt den bleichen Arm Nach mir herauf! — Hinweg du Gräßlicher! — Was rührt ſich in den Bäumen? — Iſt's mein Vater? Er will zu mir! er kömmt mit Roſalinen Und langſam geht Pietro hinter ihm, Auch Willy's Kopf ſtreckt ſich aus feuchtem Grabe! — Hinweg! — ich kenn' euch nicht! — zur Höll' hinab!!— Doch laut und immer lauter rauſcht die Waldung, Es brauſt das Meer und ſchilt mit allen Wogen, — Und in mir klopft ein ängſtlich feiges Herz. — Ihr alle richtet mich? verdammt mich alle? — Du ſelbſt biſt gegen Dich? — O Thor, laß ja Den Geiſt in dir, den frechen Dämon nie Gebändigt werden! Laß das Schickſal zürnen, Laß Lieb' und Freundſchaft zu Verräthern werden, Laß alles treulos von dir fallen: ha! was kümmern Dich Luftgeſtalten? — ſey dir ſelbſt genug! Was meinen Sie, Roſa? — Wenn ich uͤber mich ſelbſt ein Trauerſpiel machte, muͤßte T 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/298
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/298>, abgerufen am 25.11.2024.