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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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Und sagen Sie selbst, was kann unser Leben
anders seyn, als ein leeres groteskes Traum-
bild? Wir halten es immer für etwas so ernst-
haftes, und es ist eine plumpe, unzusammen-
hängende Farce, der nüchterne, verdorbene Ab-
hub einer alten, bessern Existenz, eine Kinder-
komödie ex tempore, eine schlechte Nachäffung
eines eigentlichen Lebens.

Jetzt sitze ich nun hier in einer tiefen Ein-
samkeit, denn alle meine Gefährten sind aus-
gegangen. Der Wind pfeift durch die gewun-
denen Felsen, die Zweigen knarren laut und die
todte Stille wiederholt jeden Schall. Nichts
als Felsen, Bäume und ferne Gebirge sieht
mein Auge, das Geschrey des Wildes tönt
durch die feyerliche Ruhe. Einzelne Wolken
ziehn schwer durch die Gebirge; der Sonnen-
schein geht und kömmt wieder. -- Warum
sitz' ich nun hier und denke und schreibe an
Sie? -- Was soll ich hier? -- Und doch kann
ich noch nicht fort: die Räuber haben aus
meinem Aeußern geschlossen, ich könnte ein
tüchtiges Mitglied ihrer Gesellschaft werden,
und darum wollen sie mich behalten. Aus
einem verdorbenen Menschen wird vielleicht noch

Und ſagen Sie ſelbſt, was kann unſer Leben
anders ſeyn, als ein leeres groteskes Traum-
bild? Wir halten es immer fuͤr etwas ſo ernſt-
haftes, und es iſt eine plumpe, unzuſammen-
haͤngende Farce, der nuͤchterne, verdorbene Ab-
hub einer alten, beſſern Exiſtenz, eine Kinder-
komoͤdie ex tempore, eine ſchlechte Nachaͤffung
eines eigentlichen Lebens.

Jetzt ſitze ich nun hier in einer tiefen Ein-
ſamkeit, denn alle meine Gefaͤhrten ſind aus-
gegangen. Der Wind pfeift durch die gewun-
denen Felſen, die Zweigen knarren laut und die
todte Stille wiederholt jeden Schall. Nichts
als Felſen, Baͤume und ferne Gebirge ſieht
mein Auge, das Geſchrey des Wildes toͤnt
durch die feyerliche Ruhe. Einzelne Wolken
ziehn ſchwer durch die Gebirge; der Sonnen-
ſchein geht und koͤmmt wieder. — Warum
ſitz' ich nun hier und denke und ſchreibe an
Sie? — Was ſoll ich hier? — Und doch kann
ich noch nicht fort: die Raͤuber haben aus
meinem Aeußern geſchloſſen, ich koͤnnte ein
tuͤchtiges Mitglied ihrer Geſellſchaft werden,
und darum wollen ſie mich behalten. Aus
einem verdorbenen Menſchen wird vielleicht noch

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[282/0289] Und ſagen Sie ſelbſt, was kann unſer Leben anders ſeyn, als ein leeres groteskes Traum- bild? Wir halten es immer fuͤr etwas ſo ernſt- haftes, und es iſt eine plumpe, unzuſammen- haͤngende Farce, der nuͤchterne, verdorbene Ab- hub einer alten, beſſern Exiſtenz, eine Kinder- komoͤdie ex tempore, eine ſchlechte Nachaͤffung eines eigentlichen Lebens. Jetzt ſitze ich nun hier in einer tiefen Ein- ſamkeit, denn alle meine Gefaͤhrten ſind aus- gegangen. Der Wind pfeift durch die gewun- denen Felſen, die Zweigen knarren laut und die todte Stille wiederholt jeden Schall. Nichts als Felſen, Baͤume und ferne Gebirge ſieht mein Auge, das Geſchrey des Wildes toͤnt durch die feyerliche Ruhe. Einzelne Wolken ziehn ſchwer durch die Gebirge; der Sonnen- ſchein geht und koͤmmt wieder. — Warum ſitz' ich nun hier und denke und ſchreibe an Sie? — Was ſoll ich hier? — Und doch kann ich noch nicht fort: die Raͤuber haben aus meinem Aeußern geſchloſſen, ich koͤnnte ein tuͤchtiges Mitglied ihrer Geſellſchaft werden, und darum wollen ſie mich behalten. Aus einem verdorbenen Menſchen wird vielleicht noch

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/289>, abgerufen am 22.11.2024.