Ihr Rath, lieber Freund, ist zu spät gekom- men, Balder ist fort, Niemand weiß wohin. Ob er entflohen ist, ob er sich ermordet hat, al- les ist ungewiß. -- Ich weiß nicht, ob Sie sich noch so wie ehemals für ihn interessiren; wenn dis der Fall wäre, so würde mir diese Entfernung Ihrentwegen sehr schmerzhaft seyn. Er ist in den letzten Tagen zuweilen bis auf die höchste Stufe der Raserei gekommen, in einer Gesellschaft von Fremden hat er neulich alle mit den verächtlichsten Reden beschimpft, ge- schändet und endlich bewußtlos mit dem Messer nach ihnen gestochen. -- Er ist zu beklagen, sein Tod wäre Gewinn für ihn. -- Grüßen Sie Bianka und Ihre übrigen schönen Freundinnen von mir, nur keine von den spröden Tugendhaf- ten, die uns so oft zur Last gefallen sind. -- Le- ben Sie recht wohl und vergessen Sie Balder.
7. Roſa an William Lovell.
Neapel.
Ihr Rath, lieber Freund, iſt zu ſpaͤt gekom- men, Balder iſt fort, Niemand weiß wohin. Ob er entflohen iſt, ob er ſich ermordet hat, al- les iſt ungewiß. — Ich weiß nicht, ob Sie ſich noch ſo wie ehemals fuͤr ihn intereſſiren; wenn dis der Fall waͤre, ſo wuͤrde mir dieſe Entfernung Ihrentwegen ſehr ſchmerzhaft ſeyn. Er iſt in den letzten Tagen zuweilen bis auf die hoͤchſte Stufe der Raſerei gekommen, in einer Geſellſchaft von Fremden hat er neulich alle mit den veraͤchtlichſten Reden beſchimpft, ge- ſchaͤndet und endlich bewußtlos mit dem Meſſer nach ihnen geſtochen. — Er iſt zu beklagen, ſein Tod waͤre Gewinn fuͤr ihn. — Gruͤßen Sie Bianka und Ihre uͤbrigen ſchoͤnen Freundinnen von mir, nur keine von den ſproͤden Tugendhaf- ten, die uns ſo oft zur Laſt gefallen ſind. — Le- ben Sie recht wohl und vergeſſen Sie Balder.
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7.
Roſa an William Lovell.
Neapel.
Ihr Rath, lieber Freund, iſt zu ſpaͤt gekom-
men, Balder iſt fort, Niemand weiß wohin.
Ob er entflohen iſt, ob er ſich ermordet hat, al-
les iſt ungewiß. — Ich weiß nicht, ob Sie
ſich noch ſo wie ehemals fuͤr ihn intereſſiren;
wenn dis der Fall waͤre, ſo wuͤrde mir dieſe
Entfernung Ihrentwegen ſehr ſchmerzhaft ſeyn.
Er iſt in den letzten Tagen zuweilen bis auf die
hoͤchſte Stufe der Raſerei gekommen, in einer
Geſellſchaft von Fremden hat er neulich alle
mit den veraͤchtlichſten Reden beſchimpft, ge-
ſchaͤndet und endlich bewußtlos mit dem Meſſer
nach ihnen geſtochen. — Er iſt zu beklagen,
ſein Tod waͤre Gewinn fuͤr ihn. — Gruͤßen Sie
Bianka und Ihre uͤbrigen ſchoͤnen Freundinnen
von mir, nur keine von den ſproͤden Tugendhaf-
ten, die uns ſo oft zur Laſt gefallen ſind. — Le-
ben Sie recht wohl und vergeſſen Sie Balder.
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/49>, abgerufen am 23.11.2024.
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