Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

ben Forderungen an ihn machen, die man an
jene thut? --

Des Glück folgte ihm auf seinen Fußstapfen,
und welcher Sterbliche kann sich wohl von der
Schwachheit losreißen, den glücklichsten Erfolg
seiner kühnsten Plane nicht für den wahren
Orakelspruch der Natur und der Gottheit zu
halten? Fast jeder Unglückliche zweifelt an sei-
nem Werthe, er hält nur gar zu oft sein Un-
glück für seine Strafe. So glaubt der Sieger
im Glück seinen Lohn zu finden, seine Bestäti-
gung von oben her. Vom Erfolge begünstiget,
schrieb er neue Zirkel in seine Plane, und al-
les erfüllte sich immer auf die wunderbarste
Weise. Durch ein unruhiges thatenreiches, und
glückgekröntes Leben, sah er sich plötzlich wie
durch einen muntern Traum an die Spitze des
Staats gestellt, und sein ganzes voriges Leben
war nur Zubereitung und Gerüst zu diesem
großen Momente.

An ihm war die Wohlfahrt seiner Parthei
gekettet; und was war natürlicher und einem
Menschen verzeihlicher, als daß er jetzt seine
Persönlichkeit mit seiner Sache verwechselte?
Er glaubte für seine Parthey zu kämpfen, wenn

ben Forderungen an ihn machen, die man an
jene thut? —

Des Gluͤck folgte ihm auf ſeinen Fußſtapfen,
und welcher Sterbliche kann ſich wohl von der
Schwachheit losreißen, den gluͤcklichſten Erfolg
ſeiner kuͤhnſten Plane nicht fuͤr den wahren
Orakelſpruch der Natur und der Gottheit zu
halten? Faſt jeder Ungluͤckliche zweifelt an ſei-
nem Werthe, er haͤlt nur gar zu oft ſein Un-
gluͤck fuͤr ſeine Strafe. So glaubt der Sieger
im Gluͤck ſeinen Lohn zu finden, ſeine Beſtaͤti-
gung von oben her. Vom Erfolge beguͤnſtiget,
ſchrieb er neue Zirkel in ſeine Plane, und al-
les erfuͤllte ſich immer auf die wunderbarſte
Weiſe. Durch ein unruhiges thatenreiches, und
gluͤckgekroͤntes Leben, ſah er ſich ploͤtzlich wie
durch einen muntern Traum an die Spitze des
Staats geſtellt, und ſein ganzes voriges Leben
war nur Zubereitung und Geruͤſt zu dieſem
großen Momente.

An ihm war die Wohlfahrt ſeiner Parthei
gekettet; und was war natuͤrlicher und einem
Menſchen verzeihlicher, als daß er jetzt ſeine
Perſoͤnlichkeit mit ſeiner Sache verwechſelte?
Er glaubte fuͤr ſeine Parthey zu kaͤmpfen, wenn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0419" n="413"/>
ben Forderungen an ihn machen, die man an<lb/>
jene thut? &#x2014;</p><lb/>
            <p>Des Glu&#x0364;ck folgte ihm auf &#x017F;einen Fuß&#x017F;tapfen,<lb/>
und welcher Sterbliche kann &#x017F;ich wohl von der<lb/>
Schwachheit losreißen, den glu&#x0364;cklich&#x017F;ten Erfolg<lb/>
&#x017F;einer ku&#x0364;hn&#x017F;ten Plane nicht fu&#x0364;r den wahren<lb/>
Orakel&#x017F;pruch der Natur und der Gottheit zu<lb/>
halten? Fa&#x017F;t jeder Unglu&#x0364;ckliche zweifelt an &#x017F;ei-<lb/>
nem Werthe, er ha&#x0364;lt nur gar zu oft &#x017F;ein Un-<lb/>
glu&#x0364;ck fu&#x0364;r &#x017F;eine Strafe. So glaubt der Sieger<lb/>
im Glu&#x0364;ck &#x017F;einen Lohn zu finden, &#x017F;eine Be&#x017F;ta&#x0364;ti-<lb/>
gung von oben her. Vom Erfolge begu&#x0364;n&#x017F;tiget,<lb/>
&#x017F;chrieb er neue Zirkel in &#x017F;eine Plane, und al-<lb/>
les erfu&#x0364;llte &#x017F;ich immer auf die wunderbar&#x017F;te<lb/>
Wei&#x017F;e. Durch ein unruhiges thatenreiches, und<lb/>
glu&#x0364;ckgekro&#x0364;ntes Leben, &#x017F;ah er &#x017F;ich plo&#x0364;tzlich wie<lb/>
durch einen muntern Traum an die Spitze des<lb/>
Staats ge&#x017F;tellt, und &#x017F;ein ganzes voriges Leben<lb/>
war nur Zubereitung und Geru&#x0364;&#x017F;t zu die&#x017F;em<lb/>
großen Momente.</p><lb/>
            <p>An ihm war die Wohlfahrt &#x017F;einer Parthei<lb/>
gekettet; und was war natu&#x0364;rlicher und einem<lb/>
Men&#x017F;chen verzeihlicher, als daß er jetzt &#x017F;eine<lb/>
Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit mit &#x017F;einer Sache verwech&#x017F;elte?<lb/>
Er glaubte fu&#x0364;r &#x017F;eine Parthey zu ka&#x0364;mpfen, wenn<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[413/0419] ben Forderungen an ihn machen, die man an jene thut? — Des Gluͤck folgte ihm auf ſeinen Fußſtapfen, und welcher Sterbliche kann ſich wohl von der Schwachheit losreißen, den gluͤcklichſten Erfolg ſeiner kuͤhnſten Plane nicht fuͤr den wahren Orakelſpruch der Natur und der Gottheit zu halten? Faſt jeder Ungluͤckliche zweifelt an ſei- nem Werthe, er haͤlt nur gar zu oft ſein Un- gluͤck fuͤr ſeine Strafe. So glaubt der Sieger im Gluͤck ſeinen Lohn zu finden, ſeine Beſtaͤti- gung von oben her. Vom Erfolge beguͤnſtiget, ſchrieb er neue Zirkel in ſeine Plane, und al- les erfuͤllte ſich immer auf die wunderbarſte Weiſe. Durch ein unruhiges thatenreiches, und gluͤckgekroͤntes Leben, ſah er ſich ploͤtzlich wie durch einen muntern Traum an die Spitze des Staats geſtellt, und ſein ganzes voriges Leben war nur Zubereitung und Geruͤſt zu dieſem großen Momente. An ihm war die Wohlfahrt ſeiner Parthei gekettet; und was war natuͤrlicher und einem Menſchen verzeihlicher, als daß er jetzt ſeine Perſoͤnlichkeit mit ſeiner Sache verwechſelte? Er glaubte fuͤr ſeine Parthey zu kaͤmpfen, wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/419
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/419>, abgerufen am 12.10.2024.