Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.Die Hand klopft zitternd an die Wände, Der unterirrd'sche Wandrer schaut Nach Licht und Rettung, ohne Ende Das Dunkel! -- Ihn erquickt kein Laut. Er hämmert in den Felsgemächern Mit einer dumpfen Lebensgier, Gefangen von den dunkeln Rächern, Zur Strafe seiner Wißbegier. Da äugelt aus der fernsten Ritze Ein blaues Lichtchen nach mir hin, Ich krieche zu der schroffen Spitze, Und taste mit entzücktem Sinn, Und ach, es ist das Goldgestein, Das mich zuerst hieher versucht, Nun labt mich nicht der Flimmerschein, Der boshaft mich zuerst versucht. Es sehnt der Geist sich nach dem Bande, Das ihn mit zarter Fessel hielt, Als er sich wie im Vaterlande In seiner stillen Brust gefühlt. Doch fern ach! liegt das heimische Gestade, Am wilden Taurien verirrt, Kniet er umsonst und flehet Gnade, Das blut'ge Opfermesser klirrt! Doch Blumen blühn in diesen Schrecken, Die hell mit rothem Purpur glühn, Die Todesschatten, die ihn decken, Sie lassen prächt'ge Funken sprühn. Lovell. 2r. Bd. Z
Die Hand klopft zitternd an die Wände, Der unterirrd’ſche Wandrer ſchaut Nach Licht und Rettung, ohne Ende Das Dunkel! — Ihn erquickt kein Laut. Er hämmert in den Felsgemächern Mit einer dumpfen Lebensgier, Gefangen von den dunkeln Rächern, Zur Strafe ſeiner Wißbegier. Da äugelt aus der fernſten Ritze Ein blaues Lichtchen nach mir hin, Ich krieche zu der ſchroffen Spitze, Und taſte mit entzücktem Sinn, Und ach, es iſt das Goldgeſtein, Das mich zuerſt hieher verſucht, Nun labt mich nicht der Flimmerſchein, Der boshaft mich zuerſt verſucht. Es ſehnt der Geiſt ſich nach dem Bande, Das ihn mit zarter Feſſel hielt, Als er ſich wie im Vaterlande In ſeiner ſtillen Bruſt gefühlt. Doch fern ach! liegt das heimiſche Geſtade, Am wilden Taurien verirrt, Kniet er umſonſt und flehet Gnade, Das blut’ge Opfermeſſer klirrt! Doch Blumen blühn in dieſen Schrecken, Die hell mit rothem Purpur glühn, Die Todesſchatten, die ihn decken, Sie laſſen prächt’ge Funken ſprühn. Lovell. 2r. Bd. Z
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Die Hand klopft zitternd an die Wände,
Der unterirrd’ſche Wandrer ſchaut
Nach Licht und Rettung, ohne Ende
Das Dunkel! — Ihn erquickt kein Laut.
Er hämmert in den Felsgemächern
Mit einer dumpfen Lebensgier,
Gefangen von den dunkeln Rächern,
Zur Strafe ſeiner Wißbegier.
Da äugelt aus der fernſten Ritze
Ein blaues Lichtchen nach mir hin,
Ich krieche zu der ſchroffen Spitze,
Und taſte mit entzücktem Sinn,
Und ach, es iſt das Goldgeſtein,
Das mich zuerſt hieher verſucht,
Nun labt mich nicht der Flimmerſchein,
Der boshaft mich zuerſt verſucht.
Es ſehnt der Geiſt ſich nach dem Bande,
Das ihn mit zarter Feſſel hielt,
Als er ſich wie im Vaterlande
In ſeiner ſtillen Bruſt gefühlt.
Doch fern ach! liegt das heimiſche Geſtade,
Am wilden Taurien verirrt,
Kniet er umſonſt und flehet Gnade,
Das blut’ge Opfermeſſer klirrt!
Doch Blumen blühn in dieſen Schrecken,
Die hell mit rothem Purpur glühn,
Die Todesſchatten, die ihn decken,
Sie laſſen prächt’ge Funken ſprühn.
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