Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
26.
Andrea Cosimo an Rosa.


Warum hab' ich von Dir Argwöhnischen,
nicht schon einen zweiten Brief erhalten? Ich
bin auf Nachrichten von Dir begierig, weil ich
mich von je für Dich interessirt habe. Ob Du
es in dem Grade, wie ich Dich schätze und lie-
be, verdienst, ist eine andre Frage; indessen muß
man sich darum bey den Menschen nie beküm-
mern; mein Eigensinn, den Du an mir neulich
getadelt hast, besteht bloß darin, daß ich nie
einen Gegenstand wieder fahren lasse, den mei-
ne Zuneigung einmal ergriffen hat; nur unter-
laß die Forderung, daß ich Dir, wie ein Kind,
von meinen Gedanken Rechenschaft ablegen soll.
Erwarte erst das Ende jeder Prüfung, um mei-
nes ganzen Vertrauens werth zu seyn und be-
gnüge Dich jetzt damit, daß Du von allen der
Erste bist, der Ansprüche darauf machen kann.
Wenn Dir also meine Liebe oder Achtung noch
irgend etwas werth ist, so verschone mich mit
ähnlichen Briefen, als Dein letzter war.



26.
Andrea Coſimo an Roſa.


Warum hab’ ich von Dir Argwoͤhniſchen,
nicht ſchon einen zweiten Brief erhalten? Ich
bin auf Nachrichten von Dir begierig, weil ich
mich von je fuͤr Dich intereſſirt habe. Ob Du
es in dem Grade, wie ich Dich ſchaͤtze und lie-
be, verdienſt, iſt eine andre Frage; indeſſen muß
man ſich darum bey den Menſchen nie bekuͤm-
mern; mein Eigenſinn, den Du an mir neulich
getadelt haſt, beſteht bloß darin, daß ich nie
einen Gegenſtand wieder fahren laſſe, den mei-
ne Zuneigung einmal ergriffen hat; nur unter-
laß die Forderung, daß ich Dir, wie ein Kind,
von meinen Gedanken Rechenſchaft ablegen ſoll.
Erwarte erſt das Ende jeder Pruͤfung, um mei-
nes ganzen Vertrauens werth zu ſeyn und be-
gnuͤge Dich jetzt damit, daß Du von allen der
Erſte biſt, der Anſpruͤche darauf machen kann.
Wenn Dir alſo meine Liebe oder Achtung noch
irgend etwas werth iſt, ſo verſchone mich mit
aͤhnlichen Briefen, als Dein letzter war.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0325" n="319"/>
        <div n="2">
          <head>26.<lb/><hi rendition="#g">Andrea Co&#x017F;imo</hi> an <hi rendition="#g">Ro&#x017F;a</hi>.</head><lb/>
          <dateline>
            <placeName> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Rom</hi>.</hi> </placeName>
          </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>arum hab&#x2019; ich von Dir Argwo&#x0364;hni&#x017F;chen,<lb/>
nicht &#x017F;chon einen zweiten Brief erhalten? Ich<lb/>
bin auf Nachrichten von Dir begierig, weil ich<lb/>
mich von je fu&#x0364;r Dich intere&#x017F;&#x017F;irt habe. Ob Du<lb/>
es in dem Grade, wie ich Dich &#x017F;cha&#x0364;tze und lie-<lb/>
be, verdien&#x017F;t, i&#x017F;t eine andre Frage; inde&#x017F;&#x017F;en muß<lb/>
man &#x017F;ich darum bey den Men&#x017F;chen nie beku&#x0364;m-<lb/>
mern; mein Eigen&#x017F;inn, den Du an mir neulich<lb/>
getadelt ha&#x017F;t, be&#x017F;teht bloß darin, daß ich nie<lb/>
einen Gegen&#x017F;tand wieder fahren la&#x017F;&#x017F;e, den mei-<lb/>
ne Zuneigung einmal ergriffen hat; nur unter-<lb/>
laß die Forderung, daß ich Dir, wie ein Kind,<lb/>
von meinen Gedanken Rechen&#x017F;chaft ablegen &#x017F;oll.<lb/>
Erwarte er&#x017F;t das Ende jeder Pru&#x0364;fung, um mei-<lb/>
nes ganzen Vertrauens werth zu &#x017F;eyn und be-<lb/>
gnu&#x0364;ge Dich jetzt damit, daß Du von allen der<lb/>
Er&#x017F;te bi&#x017F;t, der An&#x017F;pru&#x0364;che darauf machen kann.<lb/>
Wenn Dir al&#x017F;o meine Liebe oder Achtung noch<lb/>
irgend etwas werth i&#x017F;t, &#x017F;o ver&#x017F;chone mich mit<lb/>
a&#x0364;hnlichen Briefen, als Dein letzter war.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[319/0325] 26. Andrea Coſimo an Roſa. Rom. Warum hab’ ich von Dir Argwoͤhniſchen, nicht ſchon einen zweiten Brief erhalten? Ich bin auf Nachrichten von Dir begierig, weil ich mich von je fuͤr Dich intereſſirt habe. Ob Du es in dem Grade, wie ich Dich ſchaͤtze und lie- be, verdienſt, iſt eine andre Frage; indeſſen muß man ſich darum bey den Menſchen nie bekuͤm- mern; mein Eigenſinn, den Du an mir neulich getadelt haſt, beſteht bloß darin, daß ich nie einen Gegenſtand wieder fahren laſſe, den mei- ne Zuneigung einmal ergriffen hat; nur unter- laß die Forderung, daß ich Dir, wie ein Kind, von meinen Gedanken Rechenſchaft ablegen ſoll. Erwarte erſt das Ende jeder Pruͤfung, um mei- nes ganzen Vertrauens werth zu ſeyn und be- gnuͤge Dich jetzt damit, daß Du von allen der Erſte biſt, der Anſpruͤche darauf machen kann. Wenn Dir alſo meine Liebe oder Achtung noch irgend etwas werth iſt, ſo verſchone mich mit aͤhnlichen Briefen, als Dein letzter war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/325
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/325>, abgerufen am 23.11.2024.