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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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selbst stieg wie eine Blume in meinem Herzen
auf, um mich mit ihrem poetischen Dufte zu
laben, keine goldene Täuschung kam meinen
müden Sinnen zu Hülfe; ich fühlte mich wie in
einem Gefängnisse unter Millionen Elenden ver-
riegelt, dürr und kalt die Mauern um uns her,
ach ich glaubte nicht der einzig Verstoßene zu
seyn, und konnte mich darum nicht trösten.

Ich hatte vergessen, wen ich erwartete, als
mir eine schreckliche, ach nur zu bekannte Gestalt
näher trat. Die Furchtbarkeit meiner Em-
pfindung kam in sichtbarer Bildung auf mich zu,
und ich entsetzte mich innig. -- Was soll ich
hier von kindischen Träumereyen reden, an die
ich selbst nicht glauben kann, warum soll ich
mich wie ein Knabe geberden, wenn mich ein
seltsamer oder auch nicht seltsamer Zufall über-
rascht? -- Aber es mag seyn, mir ist als habe
mein Vater schon diesen wundervollen Andrea
gekannt, den ich nun zum drittenmale mit in-
nigem Entsetzen und in immer nähern Beziehun-
gen auf mich gesehen habe.

Ich weiß nicht, was ich gesprochen haben
mag, ich weiß eben so wenig, was jener sagte,
und was mich umgab. Wie wenn alle meine

ſelbſt ſtieg wie eine Blume in meinem Herzen
auf, um mich mit ihrem poetiſchen Dufte zu
laben, keine goldene Taͤuſchung kam meinen
muͤden Sinnen zu Huͤlfe; ich fuͤhlte mich wie in
einem Gefaͤngniſſe unter Millionen Elenden ver-
riegelt, duͤrr und kalt die Mauern um uns her,
ach ich glaubte nicht der einzig Verſtoßene zu
ſeyn, und konnte mich darum nicht troͤſten.

Ich hatte vergeſſen, wen ich erwartete, als
mir eine ſchreckliche, ach nur zu bekannte Geſtalt
naͤher trat. Die Furchtbarkeit meiner Em-
pfindung kam in ſichtbarer Bildung auf mich zu,
und ich entſetzte mich innig. — Was ſoll ich
hier von kindiſchen Traͤumereyen reden, an die
ich ſelbſt nicht glauben kann, warum ſoll ich
mich wie ein Knabe geberden, wenn mich ein
ſeltſamer oder auch nicht ſeltſamer Zufall uͤber-
raſcht? — Aber es mag ſeyn, mir iſt als habe
mein Vater ſchon dieſen wundervollen Andrea
gekannt, den ich nun zum drittenmale mit in-
nigem Entſetzen und in immer naͤhern Beziehun-
gen auf mich geſehen habe.

Ich weiß nicht, was ich geſprochen haben
mag, ich weiß eben ſo wenig, was jener ſagte,
und was mich umgab. Wie wenn alle meine

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[292/0298] ſelbſt ſtieg wie eine Blume in meinem Herzen auf, um mich mit ihrem poetiſchen Dufte zu laben, keine goldene Taͤuſchung kam meinen muͤden Sinnen zu Huͤlfe; ich fuͤhlte mich wie in einem Gefaͤngniſſe unter Millionen Elenden ver- riegelt, duͤrr und kalt die Mauern um uns her, ach ich glaubte nicht der einzig Verſtoßene zu ſeyn, und konnte mich darum nicht troͤſten. Ich hatte vergeſſen, wen ich erwartete, als mir eine ſchreckliche, ach nur zu bekannte Geſtalt naͤher trat. Die Furchtbarkeit meiner Em- pfindung kam in ſichtbarer Bildung auf mich zu, und ich entſetzte mich innig. — Was ſoll ich hier von kindiſchen Traͤumereyen reden, an die ich ſelbſt nicht glauben kann, warum ſoll ich mich wie ein Knabe geberden, wenn mich ein ſeltſamer oder auch nicht ſeltſamer Zufall uͤber- raſcht? — Aber es mag ſeyn, mir iſt als habe mein Vater ſchon dieſen wundervollen Andrea gekannt, den ich nun zum drittenmale mit in- nigem Entſetzen und in immer naͤhern Beziehun- gen auf mich geſehen habe. Ich weiß nicht, was ich geſprochen haben mag, ich weiß eben ſo wenig, was jener ſagte, und was mich umgab. Wie wenn alle meine

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/298>, abgerufen am 22.11.2024.