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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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Ein Traum, sagt man freilich wohl, ist nur
ein Schaum; aber ein Schiffer hat mir doch ein-
mal erzählt, daß es auf dem Meere einen ge-
wissen kuriosen Schaum gebe, der ordentlich
Sturm und Schiffbruch voraus prophezeihe! --
Könnt' es denn nicht auch mit manchen Träu-
men dieselbe Bewandniß haben? -- So hatt'
ich schon in Frankreich einen gar bedenklichen
Traum, damals, als der gute Herr Mortimer
von uns wieder nach England zurückreiste. Wir
alle standen nehmlich unten an einem hohen, ho-
hen Berge, ich, mein Herr, Herr Mortimer,
Herr Balder und der Italiäner Rosa; oben
wollten sie alle gerne hinauf, aber Herr Mor-
timer wurde müde und setzte sich unten in einer
schönen grünen Stelle nieder. Mit einemmale
war ich weg und ich konnte gar nicht klug dar-
aus werden, wo ich geblieben wäre; die drei
übrigen gingen den Berg hinauf, und Herr
Balder hatte einen sehr wunderlichen Gang; als
sie fast oben waren, fiel Herr Balder herunter,
und aus dem Italiäner ward ein ganz fremder,
unbekannter Mensch. Jetzt ging nun ein schwar-
zer, alter Pudel dicht hinter meinem Herrn,
hielt immer den Kopf dicht über der Erde, und

Ein Traum, ſagt man freilich wohl, iſt nur
ein Schaum; aber ein Schiffer hat mir doch ein-
mal erzaͤhlt, daß es auf dem Meere einen ge-
wiſſen kurioſen Schaum gebe, der ordentlich
Sturm und Schiffbruch voraus prophezeihe! —
Koͤnnt’ es denn nicht auch mit manchen Traͤu-
men dieſelbe Bewandniß haben? — So hatt’
ich ſchon in Frankreich einen gar bedenklichen
Traum, damals, als der gute Herr Mortimer
von uns wieder nach England zuruͤckreiſte. Wir
alle ſtanden nehmlich unten an einem hohen, ho-
hen Berge, ich, mein Herr, Herr Mortimer,
Herr Balder und der Italiaͤner Roſa; oben
wollten ſie alle gerne hinauf, aber Herr Mor-
timer wurde muͤde und ſetzte ſich unten in einer
ſchoͤnen gruͤnen Stelle nieder. Mit einemmale
war ich weg und ich konnte gar nicht klug dar-
aus werden, wo ich geblieben waͤre; die drei
uͤbrigen gingen den Berg hinauf, und Herr
Balder hatte einen ſehr wunderlichen Gang; als
ſie faſt oben waren, fiel Herr Balder herunter,
und aus dem Italiaͤner ward ein ganz fremder,
unbekannter Menſch. Jetzt ging nun ein ſchwar-
zer, alter Pudel dicht hinter meinem Herrn,
hielt immer den Kopf dicht uͤber der Erde, und

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[11/0017] Ein Traum, ſagt man freilich wohl, iſt nur ein Schaum; aber ein Schiffer hat mir doch ein- mal erzaͤhlt, daß es auf dem Meere einen ge- wiſſen kurioſen Schaum gebe, der ordentlich Sturm und Schiffbruch voraus prophezeihe! — Koͤnnt’ es denn nicht auch mit manchen Traͤu- men dieſelbe Bewandniß haben? — So hatt’ ich ſchon in Frankreich einen gar bedenklichen Traum, damals, als der gute Herr Mortimer von uns wieder nach England zuruͤckreiſte. Wir alle ſtanden nehmlich unten an einem hohen, ho- hen Berge, ich, mein Herr, Herr Mortimer, Herr Balder und der Italiaͤner Roſa; oben wollten ſie alle gerne hinauf, aber Herr Mor- timer wurde muͤde und ſetzte ſich unten in einer ſchoͤnen gruͤnen Stelle nieder. Mit einemmale war ich weg und ich konnte gar nicht klug dar- aus werden, wo ich geblieben waͤre; die drei uͤbrigen gingen den Berg hinauf, und Herr Balder hatte einen ſehr wunderlichen Gang; als ſie faſt oben waren, fiel Herr Balder herunter, und aus dem Italiaͤner ward ein ganz fremder, unbekannter Menſch. Jetzt ging nun ein ſchwar- zer, alter Pudel dicht hinter meinem Herrn, hielt immer den Kopf dicht uͤber der Erde, und

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/17>, abgerufen am 19.04.2024.