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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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derstehlichen Trieb nach diesem Hause hin, und
fand nach vieler Mühe einen kleinen Fußsteig,
der mich dorthin führte. -- Die Töne einer
Laute kamen mir silbern durch die stille Nacht
entgegen, und ich wagte nicht, den Fuß hörbar
aufzusetzen. Bäume flüsterten geheimnißvoll da-
zwischen, und vor dem Hause goß sich ein gold-
ner Lichtstreif durch das kleine Fenster auf den
grünen Rasen. Es war, als wenn ich mich ei-
nem Feenpallaste näherte. Jetzt stand ich dicht
vor dem Fenster, und sah in eine kleine, nett
aufgeputzte Stube hinein. Eine alte Frau saß
in einem abgenutzten Lehnstuhle, und schien zu
schlummern, ihr Kopf, mit einem reinen weißen
Tuche umwickelt, nickte von einer Seite zur an-
dern. Auf einem niedrigen Fußschemmel saß ein
Mädchen mit einer Laute, ich konnte nur das
freundliche Gesicht sehen, die kastanienbraune
Locken, die unter einer Kopfbinde zurückgepreßt
waren, die freundlichen hellen Augen, die fri-
sche Röthe der Lippen --

Ich stand wie bezaubert, und vergaß ganz,
wo ich war. Mein Ohr folgte den Tönen, und
mein Auge jeder, auch der unmerklichsten Be-
wegung des Mädchens. Ich sah wie in eine

derſtehlichen Trieb nach dieſem Hauſe hin, und
fand nach vieler Muͤhe einen kleinen Fußſteig,
der mich dorthin fuͤhrte. — Die Toͤne einer
Laute kamen mir ſilbern durch die ſtille Nacht
entgegen, und ich wagte nicht, den Fuß hoͤrbar
aufzuſetzen. Baͤume fluͤſterten geheimnißvoll da-
zwiſchen, und vor dem Hauſe goß ſich ein gold-
ner Lichtſtreif durch das kleine Fenſter auf den
gruͤnen Raſen. Es war, als wenn ich mich ei-
nem Feenpallaſte naͤherte. Jetzt ſtand ich dicht
vor dem Fenſter, und ſah in eine kleine, nett
aufgeputzte Stube hinein. Eine alte Frau ſaß
in einem abgenutzten Lehnſtuhle, und ſchien zu
ſchlummern, ihr Kopf, mit einem reinen weißen
Tuche umwickelt, nickte von einer Seite zur an-
dern. Auf einem niedrigen Fußſchemmel ſaß ein
Maͤdchen mit einer Laute, ich konnte nur das
freundliche Geſicht ſehen, die kaſtanienbraune
Locken, die unter einer Kopfbinde zuruͤckgepreßt
waren, die freundlichen hellen Augen, die fri-
ſche Roͤthe der Lippen —

Ich ſtand wie bezaubert, und vergaß ganz,
wo ich war. Mein Ohr folgte den Toͤnen, und
mein Auge jeder, auch der unmerklichſten Be-
wegung des Maͤdchens. Ich ſah wie in eine

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[105/0111] derſtehlichen Trieb nach dieſem Hauſe hin, und fand nach vieler Muͤhe einen kleinen Fußſteig, der mich dorthin fuͤhrte. — Die Toͤne einer Laute kamen mir ſilbern durch die ſtille Nacht entgegen, und ich wagte nicht, den Fuß hoͤrbar aufzuſetzen. Baͤume fluͤſterten geheimnißvoll da- zwiſchen, und vor dem Hauſe goß ſich ein gold- ner Lichtſtreif durch das kleine Fenſter auf den gruͤnen Raſen. Es war, als wenn ich mich ei- nem Feenpallaſte naͤherte. Jetzt ſtand ich dicht vor dem Fenſter, und ſah in eine kleine, nett aufgeputzte Stube hinein. Eine alte Frau ſaß in einem abgenutzten Lehnſtuhle, und ſchien zu ſchlummern, ihr Kopf, mit einem reinen weißen Tuche umwickelt, nickte von einer Seite zur an- dern. Auf einem niedrigen Fußſchemmel ſaß ein Maͤdchen mit einer Laute, ich konnte nur das freundliche Geſicht ſehen, die kaſtanienbraune Locken, die unter einer Kopfbinde zuruͤckgepreßt waren, die freundlichen hellen Augen, die fri- ſche Roͤthe der Lippen — Ich ſtand wie bezaubert, und vergaß ganz, wo ich war. Mein Ohr folgte den Toͤnen, und mein Auge jeder, auch der unmerklichſten Be- wegung des Maͤdchens. Ich ſah wie in eine

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/111>, abgerufen am 24.11.2024.