Wie ein Gewicht drückt eine ängstliche Be- klemmung meine Brust, wenn ich an die weni- gen glücklichen Tage in Bonstreet zurückdenke und damit die lange, lange freudenleere Zukunft vergleiche. Die Liebe zog mich an's Licht, das Morgenroth schwang durch den Himmel seine purpurrothe Fahne, alle Berge umher glühten und flammten im freudenreichen Scheine, -- itzt ist die Sonne wieder untergesunken, eine öde Nacht umfängt mich. Ich habe meinen lieben Gefährten verlohren und rufe durch den dunkeln Wald vergeblich seinen Nahmen, ein holes Echo wirft mir ihn ohne Trost zurück, die weite einsame Leere kümmert sich nicht um meinen Jammer. Ein schneidender Wind bläst scha- denfroh über mein Haupt dahin und schüttelt das letzte Laub von den Bäumen.
Schwarz war die Nacht und dunkle Sterne brannten Durch Wolkenschleier matt und bleich, Die Flur durchstrich das Geisterreich, Als feindlich sich die Parzen abwärts wandten Und zornge Götter mich ins Leben sandten.
Die Eule sang mir grause Wiegenlieder Und schrie mir durch die stille Ruh Ein gräßliches: Willkommen! zu.
Wie ein Gewicht druͤckt eine aͤngſtliche Be- klemmung meine Bruſt, wenn ich an die weni- gen gluͤcklichen Tage in Bonſtreet zuruͤckdenke und damit die lange, lange freudenleere Zukunft vergleiche. Die Liebe zog mich an’s Licht, das Morgenroth ſchwang durch den Himmel ſeine purpurrothe Fahne, alle Berge umher gluͤhten und flammten im freudenreichen Scheine, — itzt iſt die Sonne wieder untergeſunken, eine oͤde Nacht umfaͤngt mich. Ich habe meinen lieben Gefaͤhrten verlohren und rufe durch den dunkeln Wald vergeblich ſeinen Nahmen, ein holes Echo wirft mir ihn ohne Troſt zuruͤck, die weite einſame Leere kuͤmmert ſich nicht um meinen Jammer. Ein ſchneidender Wind blaͤſt ſcha- denfroh uͤber mein Haupt dahin und ſchuͤttelt das letzte Laub von den Baͤumen.
Schwarz war die Nacht und dunkle Sterne brannten Durch Wolkenſchleier matt und bleich, Die Flur durchſtrich das Geiſterreich, Als feindlich ſich die Parzen abwärts wandten Und zornge Götter mich ins Leben ſandten.
Die Eule ſang mir grauſe Wiegenlieder Und ſchrie mir durch die ſtille Ruh Ein gräßliches: Willkommen! zu.
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Wie ein Gewicht druͤckt eine aͤngſtliche Be-
klemmung meine Bruſt, wenn ich an die weni-
gen gluͤcklichen Tage in Bonſtreet zuruͤckdenke
und damit die lange, lange freudenleere Zukunft
vergleiche. Die Liebe zog mich an’s Licht, das
Morgenroth ſchwang durch den Himmel ſeine
purpurrothe Fahne, alle Berge umher gluͤhten
und flammten im freudenreichen Scheine, — itzt
iſt die Sonne wieder untergeſunken, eine oͤde
Nacht umfaͤngt mich. Ich habe meinen lieben
Gefaͤhrten verlohren und rufe durch den dunkeln
Wald vergeblich ſeinen Nahmen, ein holes
Echo wirft mir ihn ohne Troſt zuruͤck, die weite
einſame Leere kuͤmmert ſich nicht um meinen
Jammer. Ein ſchneidender Wind blaͤſt ſcha-
denfroh uͤber mein Haupt dahin und ſchuͤttelt
das letzte Laub von den Baͤumen.
Schwarz war die Nacht und dunkle Sterne brannten
Durch Wolkenſchleier matt und bleich,
Die Flur durchſtrich das Geiſterreich,
Als feindlich ſich die Parzen abwärts wandten
Und zornge Götter mich ins Leben ſandten.
Die Eule ſang mir grauſe Wiegenlieder
Und ſchrie mir durch die ſtille Ruh
Ein gräßliches: Willkommen! zu.
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 21[19]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/29>, abgerufen am 26.04.2024.
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