Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

ich wieder aufsahe, erblickte ich fünf Menschen,
die aus dem nahen Walde auf uns zueilten.
Ferdinand machte mich zuerst auf ihr zweideu-
tiges Aeußeres aufmerksam, und als wir noch
darüber sprachen und eben im Begriffe waren,
unsre Freunde wieder einzuholen, ergriff der
eine von diesen Kerln plötzlich den Zügel mei-
nes Pferdes, indem ein andrer in eben dem Au-
genblicke nach Ferdinand schoß, ihn aber glückli-
cherweise verfehlte. -- Ich fühlte mich kalt und
wenig verlegen, aber meine beiden Pistolen ver-
sagten; Ferdinand aber erschoß sogleich den ei-
nen dieser Räuber und stürzte auf die beiden
andern mit einem Muthe mit seinem Hirschfän-
ger zu, den ich ihm nie zugetraut hätte. Ich
verwundete itzt einen zweiten, der sogleich die
Flucht ergriff; kaum sahen die beiden übrigen,
daß die Kämpfenden nun gleich und wir ihnen
zu Pferde selbst überlegen waren, als sie sich
auch sehr schnell in den Wald zurückzogen.
Rosa und Balder, die die Schüsse hatten fallen
hören, kamen itzt herbeigeeilt und bewunderten
den Muth Ferdinands, vorzüglich Rosa; Ferdi-
nand schien sich darinn sehr glücklich zu fühlen,
daß er mich gerettet habe; er sagte, für sich

ich wieder aufſahe, erblickte ich fuͤnf Menſchen,
die aus dem nahen Walde auf uns zueilten.
Ferdinand machte mich zuerſt auf ihr zweideu-
tiges Aeußeres aufmerkſam, und als wir noch
daruͤber ſprachen und eben im Begriffe waren,
unſre Freunde wieder einzuholen, ergriff der
eine von dieſen Kerln ploͤtzlich den Zuͤgel mei-
nes Pferdes, indem ein andrer in eben dem Au-
genblicke nach Ferdinand ſchoß, ihn aber gluͤckli-
cherweiſe verfehlte. — Ich fuͤhlte mich kalt und
wenig verlegen, aber meine beiden Piſtolen ver-
ſagten; Ferdinand aber erſchoß ſogleich den ei-
nen dieſer Raͤuber und ſtuͤrzte auf die beiden
andern mit einem Muthe mit ſeinem Hirſchfaͤn-
ger zu, den ich ihm nie zugetraut haͤtte. Ich
verwundete itzt einen zweiten, der ſogleich die
Flucht ergriff; kaum ſahen die beiden uͤbrigen,
daß die Kaͤmpfenden nun gleich und wir ihnen
zu Pferde ſelbſt uͤberlegen waren, als ſie ſich
auch ſehr ſchnell in den Wald zuruͤckzogen.
Roſa und Balder, die die Schuͤſſe hatten fallen
hoͤren, kamen itzt herbeigeeilt und bewunderten
den Muth Ferdinands, vorzuͤglich Roſa; Ferdi-
nand ſchien ſich darinn ſehr gluͤcklich zu fuͤhlen,
daß er mich gerettet habe; er ſagte, fuͤr ſich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0241" n="233[231]"/>
ich wieder auf&#x017F;ahe, erblickte ich fu&#x0364;nf Men&#x017F;chen,<lb/>
die aus dem nahen Walde auf uns zueilten.<lb/>
Ferdinand machte mich zuer&#x017F;t auf ihr zweideu-<lb/>
tiges Aeußeres aufmerk&#x017F;am, und als wir noch<lb/>
daru&#x0364;ber &#x017F;prachen und eben im Begriffe waren,<lb/>
un&#x017F;re Freunde wieder einzuholen, ergriff der<lb/>
eine von die&#x017F;en Kerln plo&#x0364;tzlich den Zu&#x0364;gel mei-<lb/>
nes Pferdes, indem ein andrer in eben dem Au-<lb/>
genblicke nach Ferdinand &#x017F;choß, ihn aber glu&#x0364;ckli-<lb/>
cherwei&#x017F;e verfehlte. &#x2014; Ich fu&#x0364;hlte mich kalt und<lb/>
wenig verlegen, aber meine beiden Pi&#x017F;tolen ver-<lb/>
&#x017F;agten; Ferdinand aber er&#x017F;choß &#x017F;ogleich den ei-<lb/>
nen die&#x017F;er Ra&#x0364;uber und &#x017F;tu&#x0364;rzte auf die beiden<lb/>
andern mit einem Muthe mit &#x017F;einem Hir&#x017F;chfa&#x0364;n-<lb/>
ger zu, den ich ihm nie zugetraut ha&#x0364;tte. Ich<lb/>
verwundete itzt einen zweiten, der &#x017F;ogleich die<lb/>
Flucht ergriff; kaum &#x017F;ahen die beiden u&#x0364;brigen,<lb/>
daß die Ka&#x0364;mpfenden nun gleich und wir ihnen<lb/>
zu Pferde &#x017F;elb&#x017F;t u&#x0364;berlegen waren, als &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
auch &#x017F;ehr &#x017F;chnell in den Wald zuru&#x0364;ckzogen.<lb/>
Ro&#x017F;a und Balder, die die Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e hatten fallen<lb/>
ho&#x0364;ren, kamen itzt herbeigeeilt und bewunderten<lb/>
den Muth Ferdinands, vorzu&#x0364;glich Ro&#x017F;a; Ferdi-<lb/>
nand &#x017F;chien &#x017F;ich darinn &#x017F;ehr glu&#x0364;cklich zu fu&#x0364;hlen,<lb/>
daß er mich gerettet habe; er &#x017F;agte, fu&#x0364;r &#x017F;ich<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233[231]/0241] ich wieder aufſahe, erblickte ich fuͤnf Menſchen, die aus dem nahen Walde auf uns zueilten. Ferdinand machte mich zuerſt auf ihr zweideu- tiges Aeußeres aufmerkſam, und als wir noch daruͤber ſprachen und eben im Begriffe waren, unſre Freunde wieder einzuholen, ergriff der eine von dieſen Kerln ploͤtzlich den Zuͤgel mei- nes Pferdes, indem ein andrer in eben dem Au- genblicke nach Ferdinand ſchoß, ihn aber gluͤckli- cherweiſe verfehlte. — Ich fuͤhlte mich kalt und wenig verlegen, aber meine beiden Piſtolen ver- ſagten; Ferdinand aber erſchoß ſogleich den ei- nen dieſer Raͤuber und ſtuͤrzte auf die beiden andern mit einem Muthe mit ſeinem Hirſchfaͤn- ger zu, den ich ihm nie zugetraut haͤtte. Ich verwundete itzt einen zweiten, der ſogleich die Flucht ergriff; kaum ſahen die beiden uͤbrigen, daß die Kaͤmpfenden nun gleich und wir ihnen zu Pferde ſelbſt uͤberlegen waren, als ſie ſich auch ſehr ſchnell in den Wald zuruͤckzogen. Roſa und Balder, die die Schuͤſſe hatten fallen hoͤren, kamen itzt herbeigeeilt und bewunderten den Muth Ferdinands, vorzuͤglich Roſa; Ferdi- nand ſchien ſich darinn ſehr gluͤcklich zu fuͤhlen, daß er mich gerettet habe; er ſagte, fuͤr ſich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/241
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 233[231]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/241>, abgerufen am 25.11.2024.