Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

reiche Beschäftigung -- und wie viele Men-
schen vergähnen auf dieser Erde nicht so ihr Le-
ben? -- Die magnetische Anziehungskraft er-
lahmt ohne Uebung, ungeschlagen springt kein
Funken aus dem Stahle, ungerieben zeigt sich kei-
ne Elektricität an der Glasscheibe, -- kein Ver-
stand, kein Gefühl am Menschen ohne Thätig-
keit, Mittheilung und Freunde. Diese sind der
Konduktor, welche einen Funken nach dem an-
dern in die Flasche leiten, bis dann endlich ein
großer leuchtender Funken schreiend heraus-
springt, -- dann kommt eine Ilias oder ein ver-
lohrnes Paradies zum Vorschein, u. s. w. ad
lnbitum,

Weil ich aber in so kläglichen Tönen wim-
mere, so glaube darum von mir noch nicht,
daß ich schmachtend und hungernd in einer sol-
chen Löwengrube sitze, oder daß ich ganz und
gar an Freunden banquerott gemacht habe, --
daß ich zu jenen dumm unbefangenen Menschen
gehöre, die es selber nicht ergründen können,
wie ihnen zu Muthe ist, oder die so über und
über mit einer bleiernen Unbehaglichkeit behan-
gen sind, daß man sie auf den ersten Blick nicht
vom Rhinoceros unterscheiden kann; die sich

Lovell, I. Bd. J

reiche Beſchaͤftigung — und wie viele Men-
ſchen vergaͤhnen auf dieſer Erde nicht ſo ihr Le-
ben? — Die magnetiſche Anziehungskraft er-
lahmt ohne Uebung, ungeſchlagen ſpringt kein
Funken aus dem Stahle, ungerieben zeigt ſich kei-
ne Elektricitaͤt an der Glasſcheibe, — kein Ver-
ſtand, kein Gefuͤhl am Menſchen ohne Thaͤtig-
keit, Mittheilung und Freunde. Dieſe ſind der
Konduktor, welche einen Funken nach dem an-
dern in die Flaſche leiten, bis dann endlich ein
großer leuchtender Funken ſchreiend heraus-
ſpringt, — dann kommt eine Ilias oder ein ver-
lohrnes Paradies zum Vorſchein, u. ſ. w. ad
lnbitum,

Weil ich aber in ſo klaͤglichen Toͤnen wim-
mere, ſo glaube darum von mir noch nicht,
daß ich ſchmachtend und hungernd in einer ſol-
chen Loͤwengrube ſitze, oder daß ich ganz und
gar an Freunden banquerott gemacht habe, —
daß ich zu jenen dumm unbefangenen Menſchen
gehoͤre, die es ſelber nicht ergruͤnden koͤnnen,
wie ihnen zu Muthe iſt, oder die ſo uͤber und
uͤber mit einer bleiernen Unbehaglichkeit behan-
gen ſind, daß man ſie auf den erſten Blick nicht
vom Rhinoceros unterſcheiden kann; die ſich

Lovell, I. Bd. J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0137" n="129[127]"/>
reiche Be&#x017F;cha&#x0364;ftigung &#x2014; und wie viele Men-<lb/>
&#x017F;chen verga&#x0364;hnen auf die&#x017F;er Erde nicht &#x017F;o ihr Le-<lb/>
ben? &#x2014; Die magneti&#x017F;che Anziehungskraft er-<lb/>
lahmt ohne Uebung, unge&#x017F;chlagen &#x017F;pringt kein<lb/>
Funken aus dem Stahle, ungerieben zeigt &#x017F;ich kei-<lb/>
ne Elektricita&#x0364;t an der Glas&#x017F;cheibe, &#x2014; kein Ver-<lb/>
&#x017F;tand, kein Gefu&#x0364;hl am Men&#x017F;chen ohne Tha&#x0364;tig-<lb/>
keit, Mittheilung und Freunde. Die&#x017F;e &#x017F;ind der<lb/>
Konduktor, welche einen Funken nach dem an-<lb/>
dern in die Fla&#x017F;che leiten, bis dann endlich ein<lb/>
großer leuchtender Funken &#x017F;chreiend heraus-<lb/>
&#x017F;pringt, &#x2014; dann kommt eine Ilias oder ein ver-<lb/>
lohrnes Paradies zum Vor&#x017F;chein, u. &#x017F;. w. <hi rendition="#aq">ad<lb/><choice><sic>libitum</sic><corr>lnbitum</corr></choice>,</hi></p><lb/>
          <p>Weil ich aber in &#x017F;o kla&#x0364;glichen To&#x0364;nen wim-<lb/>
mere, &#x017F;o glaube darum von mir noch nicht,<lb/><choice><sic>da&#x017F;t</sic><corr>daß</corr></choice> ich &#x017F;chmachtend und hungernd in einer &#x017F;ol-<lb/>
chen Lo&#x0364;wengrube &#x017F;itze, oder daß ich ganz und<lb/>
gar an Freunden banquerott gemacht habe, &#x2014;<lb/>
daß ich zu jenen dumm unbefangenen Men&#x017F;chen<lb/>
geho&#x0364;re, die es &#x017F;elber nicht ergru&#x0364;nden ko&#x0364;nnen,<lb/>
wie ihnen zu Muthe i&#x017F;t, oder die &#x017F;o u&#x0364;ber und<lb/>
u&#x0364;ber mit einer bleiernen Unbehaglichkeit behan-<lb/>
gen &#x017F;ind, daß man &#x017F;ie auf den er&#x017F;ten Blick nicht<lb/>
vom Rhinoceros unter&#x017F;cheiden kann; die &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Lovell, <hi rendition="#aq">I.</hi> Bd. J</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129[127]/0137] reiche Beſchaͤftigung — und wie viele Men- ſchen vergaͤhnen auf dieſer Erde nicht ſo ihr Le- ben? — Die magnetiſche Anziehungskraft er- lahmt ohne Uebung, ungeſchlagen ſpringt kein Funken aus dem Stahle, ungerieben zeigt ſich kei- ne Elektricitaͤt an der Glasſcheibe, — kein Ver- ſtand, kein Gefuͤhl am Menſchen ohne Thaͤtig- keit, Mittheilung und Freunde. Dieſe ſind der Konduktor, welche einen Funken nach dem an- dern in die Flaſche leiten, bis dann endlich ein großer leuchtender Funken ſchreiend heraus- ſpringt, — dann kommt eine Ilias oder ein ver- lohrnes Paradies zum Vorſchein, u. ſ. w. ad lnbitum, Weil ich aber in ſo klaͤglichen Toͤnen wim- mere, ſo glaube darum von mir noch nicht, daß ich ſchmachtend und hungernd in einer ſol- chen Loͤwengrube ſitze, oder daß ich ganz und gar an Freunden banquerott gemacht habe, — daß ich zu jenen dumm unbefangenen Menſchen gehoͤre, die es ſelber nicht ergruͤnden koͤnnen, wie ihnen zu Muthe iſt, oder die ſo uͤber und uͤber mit einer bleiernen Unbehaglichkeit behan- gen ſind, daß man ſie auf den erſten Blick nicht vom Rhinoceros unterſcheiden kann; die ſich Lovell, I. Bd. J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/137
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 129[127]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/137>, abgerufen am 06.05.2024.