Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Reise von Ceylon nach Holland.
gehabt; jetzt stand sie gerade über uns, und hernach
sahen wir sie in Süden, und je weiter wir fortsegelten,
desto geringer war ihre Höhe überm Horizonte.

Am 29sten kamen die Capitaine der beiden andern
Schiffe zu uns an Bord, um die versiegelten Briefe
zu eröffnen, welche ausweisen sollten, ob die Schiffe
durch den Kanal segeln, oder, wie in Kriegs-Zeiten
zu geschehen pflegt, um Irland und Schottland her-
umgehen sollten.

Wir kamen nunmehr in diejenige Gegend des
Oceans, die von Sargazo oder schwimmendem Tang
(Fucus natans) fast ganz bedeckt ist Dies Seegewächs
fließet auf der Oberfläche des Meers in unglaublicher
Menge, bisweilen breitet es sich bey stillem Wetter über
dasselbe so aus, daß man durch eine Wiese zu segeln
glaubt, bisweilen bildet es gleichsam große Inseln;
bisweilen aber, besonders bey etwas starkem Winde, ver-
theilt es sich mehr. Dieser Tang schien deutlich zu
beweisen, daß er auf dem Wasser fließend wächst und
an den Enden neue Schößlinge treibt, die allmählig
größer werden. Zwischen dem Tang fand ich verschiedne
kleine Thiere, die da ihren Aufenthalt hatten, und
ihre Nahrung suchten, die häufigsten darunter wa-
ren Seegraskriecher (Scyllaea pelagica) Seekrabben
(Cancer minutus) von verschiedner Größe; und See-
kröten (Lophius Histrio). Diese letzteren werden von
den Holländern Kronfische genannt, und wenn sie von
einiger Größe sind, sehr geschätzt. Sie sind sehr bunt
und schön. Ich vewahrte einige davon in Weingeist;
die meisten waren ganz klein selten bekommt man sie
einen Finger lang oder grösser. Die losen Strahlen,
welche sie auf dem Kopfe und Rücken haben, und die
wie eine Krone aussehen, haben zu jener Benennung

Reiſe von Ceylon nach Holland.
gehabt; jetzt ſtand ſie gerade uͤber uns, und hernach
ſahen wir ſie in Suͤden, und je weiter wir fortſegelten,
deſto geringer war ihre Hoͤhe uͤberm Horizonte.

Am 29ſten kamen die Capitaine der beiden andern
Schiffe zu uns an Bord, um die verſiegelten Briefe
zu eroͤffnen, welche ausweiſen ſollten, ob die Schiffe
durch den Kanal ſegeln, oder, wie in Kriegs-Zeiten
zu geſchehen pflegt, um Irland und Schottland her-
umgehen ſollten.

Wir kamen nunmehr in diejenige Gegend des
Oceans, die von Sargazo oder ſchwimmendem Tang
(Fucus natans) faſt ganz bedeckt iſt Dies Seegewaͤchs
fließet auf der Oberflaͤche des Meers in unglaublicher
Menge, bisweilen breitet es ſich bey ſtillem Wetter uͤber
daſſelbe ſo aus, daß man durch eine Wieſe zu ſegeln
glaubt, bisweilen bildet es gleichſam große Inſeln;
bisweilen aber, beſonders bey etwas ſtarkem Winde, ver-
theilt es ſich mehr. Dieſer Tang ſchien deutlich zu
beweiſen, daß er auf dem Waſſer fließend waͤchſt und
an den Enden neue Schoͤßlinge treibt, die allmaͤhlig
groͤßer werden. Zwiſchen dem Tang fand ich verſchiedne
kleine Thiere, die da ihren Aufenthalt hatten, und
ihre Nahrung ſuchten, die haͤufigſten darunter wa-
ren Seegraskriecher (Scyllaea pelagica) Seekrabben
(Cancer minutus) von verſchiedner Groͤße; und See-
kroͤten (Lophius Hiſtrio). Dieſe letzteren werden von
den Hollaͤndern Kronfiſche genannt, und wenn ſie von
einiger Groͤße ſind, ſehr geſchaͤtzt. Sie ſind ſehr bunt
und ſchoͤn. Ich vewahrte einige davon in Weingeiſt;
die meiſten waren ganz klein ſelten bekommt man ſie
einen Finger lang oder groͤſſer. Die loſen Strahlen,
welche ſie auf dem Kopfe und Ruͤcken haben, und die
wie eine Krone ausſehen, haben zu jener Benennung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0547" n="251"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Rei&#x017F;e von <placeName>Ceylon</placeName> nach <placeName>Holland</placeName>.</hi></fw><lb/>
gehabt; jetzt &#x017F;tand &#x017F;ie gerade u&#x0364;ber uns, und hernach<lb/>
&#x017F;ahen wir &#x017F;ie in Su&#x0364;den, und je weiter wir fort&#x017F;egelten,<lb/>
de&#x017F;to geringer war ihre Ho&#x0364;he u&#x0364;berm Horizonte.</p><lb/>
            <p>Am 29&#x017F;ten kamen die Capitaine der beiden andern<lb/>
Schiffe zu uns an Bord, um die ver&#x017F;iegelten Briefe<lb/>
zu ero&#x0364;ffnen, welche auswei&#x017F;en &#x017F;ollten, ob die Schiffe<lb/>
durch den Kanal &#x017F;egeln, oder, wie in Kriegs-Zeiten<lb/>
zu ge&#x017F;chehen pflegt, um <placeName>Irland</placeName> und <placeName>Schottland</placeName> her-<lb/>
umgehen &#x017F;ollten.</p><lb/>
            <p>Wir kamen nunmehr in diejenige Gegend des<lb/>
Oceans, die von Sargazo oder &#x017F;chwimmendem Tang<lb/>
(<hi rendition="#aq">Fucus natans</hi>) fa&#x017F;t ganz bedeckt i&#x017F;t Dies Seegewa&#x0364;chs<lb/>
fließet auf der Oberfla&#x0364;che des Meers in unglaublicher<lb/>
Menge, bisweilen breitet es &#x017F;ich bey &#x017F;tillem Wetter u&#x0364;ber<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe &#x017F;o aus, daß man durch eine Wie&#x017F;e zu &#x017F;egeln<lb/>
glaubt, bisweilen bildet es gleich&#x017F;am große In&#x017F;eln;<lb/>
bisweilen aber, be&#x017F;onders bey etwas &#x017F;tarkem Winde, ver-<lb/>
theilt es &#x017F;ich mehr. Die&#x017F;er Tang &#x017F;chien deutlich zu<lb/>
bewei&#x017F;en, daß er auf dem Wa&#x017F;&#x017F;er fließend wa&#x0364;ch&#x017F;t und<lb/>
an den Enden neue Scho&#x0364;ßlinge treibt, die allma&#x0364;hlig<lb/>
gro&#x0364;ßer werden. Zwi&#x017F;chen dem Tang fand ich ver&#x017F;chiedne<lb/>
kleine Thiere, die da ihren Aufenthalt hatten, und<lb/>
ihre Nahrung &#x017F;uchten, die ha&#x0364;ufig&#x017F;ten darunter wa-<lb/>
ren Seegraskriecher (<hi rendition="#aq">Scyllaea pelagica</hi>) Seekrabben<lb/>
(<hi rendition="#aq">Cancer minutus</hi>) von ver&#x017F;chiedner Gro&#x0364;ße; und See-<lb/>
kro&#x0364;ten (<hi rendition="#aq">Lophius Hi&#x017F;trio</hi>). Die&#x017F;e letzteren werden von<lb/>
den Holla&#x0364;ndern Kronfi&#x017F;che genannt, und wenn &#x017F;ie von<lb/>
einiger Gro&#x0364;ße &#x017F;ind, &#x017F;ehr ge&#x017F;cha&#x0364;tzt. Sie &#x017F;ind &#x017F;ehr bunt<lb/>
und &#x017F;cho&#x0364;n. Ich vewahrte einige davon in Weingei&#x017F;t;<lb/>
die mei&#x017F;ten waren ganz klein &#x017F;elten bekommt man &#x017F;ie<lb/>
einen Finger lang oder gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er. Die lo&#x017F;en Strahlen,<lb/>
welche &#x017F;ie auf dem Kopfe und Ru&#x0364;cken haben, und die<lb/>
wie eine Krone aus&#x017F;ehen, haben zu jener Benennung<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[251/0547] Reiſe von Ceylon nach Holland. gehabt; jetzt ſtand ſie gerade uͤber uns, und hernach ſahen wir ſie in Suͤden, und je weiter wir fortſegelten, deſto geringer war ihre Hoͤhe uͤberm Horizonte. Am 29ſten kamen die Capitaine der beiden andern Schiffe zu uns an Bord, um die verſiegelten Briefe zu eroͤffnen, welche ausweiſen ſollten, ob die Schiffe durch den Kanal ſegeln, oder, wie in Kriegs-Zeiten zu geſchehen pflegt, um Irland und Schottland her- umgehen ſollten. Wir kamen nunmehr in diejenige Gegend des Oceans, die von Sargazo oder ſchwimmendem Tang (Fucus natans) faſt ganz bedeckt iſt Dies Seegewaͤchs fließet auf der Oberflaͤche des Meers in unglaublicher Menge, bisweilen breitet es ſich bey ſtillem Wetter uͤber daſſelbe ſo aus, daß man durch eine Wieſe zu ſegeln glaubt, bisweilen bildet es gleichſam große Inſeln; bisweilen aber, beſonders bey etwas ſtarkem Winde, ver- theilt es ſich mehr. Dieſer Tang ſchien deutlich zu beweiſen, daß er auf dem Waſſer fließend waͤchſt und an den Enden neue Schoͤßlinge treibt, die allmaͤhlig groͤßer werden. Zwiſchen dem Tang fand ich verſchiedne kleine Thiere, die da ihren Aufenthalt hatten, und ihre Nahrung ſuchten, die haͤufigſten darunter wa- ren Seegraskriecher (Scyllaea pelagica) Seekrabben (Cancer minutus) von verſchiedner Groͤße; und See- kroͤten (Lophius Hiſtrio). Dieſe letzteren werden von den Hollaͤndern Kronfiſche genannt, und wenn ſie von einiger Groͤße ſind, ſehr geſchaͤtzt. Sie ſind ſehr bunt und ſchoͤn. Ich vewahrte einige davon in Weingeiſt; die meiſten waren ganz klein ſelten bekommt man ſie einen Finger lang oder groͤſſer. Die loſen Strahlen, welche ſie auf dem Kopfe und Ruͤcken haben, und die wie eine Krone ausſehen, haben zu jener Benennung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/547
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/547>, abgerufen am 23.07.2024.