Religiöse Gelübde geschehen häufig von abergläu- bigen Leuten. Einer unter unsern besten Dolmetschern, ein bejahrter Mann, hatte vor langer Zeit das Ge- lübde gethan, nie Schuh zu tragen. Er machte auch dies Jahr in den Wintermonathen auf diese Art die Reise mit der Holländischen Gesandschaft nach Jedo, und ertrug, mit seinen bloßen Füßen, alles Ungemach der Kälte sehr geduldig, und ohne die mindesten nach- theiligen Folgen davon zu spüren.
Von den religiösen Festen und Feyertagen, ist schon im sechsten Abschnitte der fünften Abtheilung vorläufig einiges vorgekommen. Jetzt will ich sie ausführlicher beschreiben.
Die gewöhnlichen Feste, sind die monathlichen. Von diesen ist das vornehmste, der erste Tag jedes Mo- naths, an welchem die Japaner des Morgens früh aufstehen, sich festlich ankleiden, ihre Vorgesetzten und Freunde besuchen, und denselben zum neuen Monathe Glück wünschen; dieser Tag wird seit uralten Zeiten überall im ganzen Reiche gefeyert. Wenn der Voll- mond eintritt, am funfzehnten Tage im Monathe, wird der zweyte Festtag gefeyert; an diesem besuchen die Leute die Tempel mehr als an den vorhergehenden. Der dritte Feyertag ist von geringerer Erheblichkeit, und fällt auf den acht und zwanzigsten, oder den Tag vor dem Neumonde.
Ausser diesen monathlichen Festtagen feyern sie noch fünf andre, die jährlich einmal einfallen. Der erste unter diesen ist das Neujahrsfest. An diesem Tage gehen sie des Morgens sehr zeitig, in ihrem kost- barsten Anzuge, zu ihren Vorgesetzten, Freunden und Anverwandten, um ihnen ein glückliches Jahr zu wün- schen. Der übrige Theil des Tages wird mit Essen,
Religion der Japaner.
Religioͤſe Geluͤbde geſchehen haͤufig von aberglaͤu- bigen Leuten. Einer unter unſern beſten Dolmetſchern, ein bejahrter Mann, hatte vor langer Zeit das Ge- luͤbde gethan, nie Schuh zu tragen. Er machte auch dies Jahr in den Wintermonathen auf dieſe Art die Reiſe mit der Hollaͤndiſchen Geſandſchaft nach Jedo, und ertrug, mit ſeinen bloßen Fuͤßen, alles Ungemach der Kaͤlte ſehr geduldig, und ohne die mindeſten nach- theiligen Folgen davon zu ſpuͤren.
Von den religioͤſen Feſten und Feyertagen, iſt ſchon im ſechſten Abſchnitte der fuͤnften Abtheilung vorlaͤufig einiges vorgekommen. Jetzt will ich ſie ausfuͤhrlicher beſchreiben.
Die gewoͤhnlichen Feſte, ſind die monathlichen. Von dieſen iſt das vornehmſte, der erſte Tag jedes Mo- naths, an welchem die Japaner des Morgens fruͤh aufſtehen, ſich feſtlich ankleiden, ihre Vorgeſetzten und Freunde beſuchen, und denſelben zum neuen Monathe Gluͤck wuͤnſchen; dieſer Tag wird ſeit uralten Zeiten uͤberall im ganzen Reiche gefeyert. Wenn der Voll- mond eintritt, am funfzehnten Tage im Monathe, wird der zweyte Feſttag gefeyert; an dieſem beſuchen die Leute die Tempel mehr als an den vorhergehenden. Der dritte Feyertag iſt von geringerer Erheblichkeit, und faͤllt auf den acht und zwanzigſten, oder den Tag vor dem Neumonde.
Auſſer dieſen monathlichen Feſttagen feyern ſie noch fuͤnf andre, die jaͤhrlich einmal einfallen. Der erſte unter dieſen iſt das Neujahrsfeſt. An dieſem Tage gehen ſie des Morgens ſehr zeitig, in ihrem koſt- barſten Anzuge, zu ihren Vorgeſetzten, Freunden und Anverwandten, um ihnen ein gluͤckliches Jahr zu wuͤn- ſchen. Der uͤbrige Theil des Tages wird mit Eſſen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0315"n="27"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Religion der Japaner.</hi></fw><lb/><p>Religioͤſe Geluͤbde geſchehen haͤufig von aberglaͤu-<lb/>
bigen Leuten. Einer unter unſern beſten Dolmetſchern,<lb/>
ein bejahrter Mann, hatte vor langer Zeit das Ge-<lb/>
luͤbde gethan, nie Schuh zu tragen. Er machte auch<lb/>
dies Jahr in den Wintermonathen auf dieſe Art die Reiſe<lb/>
mit der Hollaͤndiſchen Geſandſchaft nach <placeName>Jedo</placeName>, und<lb/>
ertrug, mit ſeinen bloßen Fuͤßen, alles Ungemach der<lb/>
Kaͤlte ſehr geduldig, und ohne die mindeſten nach-<lb/>
theiligen Folgen davon zu ſpuͤren.</p><lb/><p>Von den religioͤſen Feſten und Feyertagen, iſt ſchon<lb/>
im ſechſten Abſchnitte der fuͤnften Abtheilung vorlaͤufig<lb/>
einiges vorgekommen. Jetzt will ich ſie ausfuͤhrlicher<lb/>
beſchreiben.</p><lb/><p>Die gewoͤhnlichen Feſte, ſind die monathlichen.<lb/>
Von dieſen iſt das vornehmſte, der erſte Tag jedes Mo-<lb/>
naths, an welchem die Japaner des Morgens fruͤh<lb/>
aufſtehen, ſich feſtlich ankleiden, ihre Vorgeſetzten und<lb/>
Freunde beſuchen, und denſelben zum neuen Monathe<lb/>
Gluͤck wuͤnſchen; dieſer Tag wird ſeit uralten Zeiten<lb/>
uͤberall im ganzen Reiche gefeyert. Wenn der Voll-<lb/>
mond eintritt, am funfzehnten Tage im Monathe, wird<lb/>
der zweyte Feſttag gefeyert; an dieſem beſuchen die<lb/>
Leute die Tempel mehr als an den vorhergehenden.<lb/>
Der dritte Feyertag iſt von geringerer Erheblichkeit,<lb/>
und faͤllt auf den acht und zwanzigſten, oder den Tag<lb/>
vor dem Neumonde.</p><lb/><p>Auſſer dieſen monathlichen Feſttagen feyern ſie<lb/>
noch fuͤnf andre, die jaͤhrlich einmal einfallen. Der<lb/>
erſte unter dieſen iſt das Neujahrsfeſt. An dieſem<lb/>
Tage gehen ſie des Morgens ſehr zeitig, in ihrem koſt-<lb/>
barſten Anzuge, zu ihren Vorgeſetzten, Freunden und<lb/>
Anverwandten, um ihnen ein gluͤckliches Jahr zu wuͤn-<lb/>ſchen. Der uͤbrige Theil des Tages wird mit Eſſen,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[27/0315]
Religion der Japaner.
Religioͤſe Geluͤbde geſchehen haͤufig von aberglaͤu-
bigen Leuten. Einer unter unſern beſten Dolmetſchern,
ein bejahrter Mann, hatte vor langer Zeit das Ge-
luͤbde gethan, nie Schuh zu tragen. Er machte auch
dies Jahr in den Wintermonathen auf dieſe Art die Reiſe
mit der Hollaͤndiſchen Geſandſchaft nach Jedo, und
ertrug, mit ſeinen bloßen Fuͤßen, alles Ungemach der
Kaͤlte ſehr geduldig, und ohne die mindeſten nach-
theiligen Folgen davon zu ſpuͤren.
Von den religioͤſen Feſten und Feyertagen, iſt ſchon
im ſechſten Abſchnitte der fuͤnften Abtheilung vorlaͤufig
einiges vorgekommen. Jetzt will ich ſie ausfuͤhrlicher
beſchreiben.
Die gewoͤhnlichen Feſte, ſind die monathlichen.
Von dieſen iſt das vornehmſte, der erſte Tag jedes Mo-
naths, an welchem die Japaner des Morgens fruͤh
aufſtehen, ſich feſtlich ankleiden, ihre Vorgeſetzten und
Freunde beſuchen, und denſelben zum neuen Monathe
Gluͤck wuͤnſchen; dieſer Tag wird ſeit uralten Zeiten
uͤberall im ganzen Reiche gefeyert. Wenn der Voll-
mond eintritt, am funfzehnten Tage im Monathe, wird
der zweyte Feſttag gefeyert; an dieſem beſuchen die
Leute die Tempel mehr als an den vorhergehenden.
Der dritte Feyertag iſt von geringerer Erheblichkeit,
und faͤllt auf den acht und zwanzigſten, oder den Tag
vor dem Neumonde.
Auſſer dieſen monathlichen Feſttagen feyern ſie
noch fuͤnf andre, die jaͤhrlich einmal einfallen. Der
erſte unter dieſen iſt das Neujahrsfeſt. An dieſem
Tage gehen ſie des Morgens ſehr zeitig, in ihrem koſt-
barſten Anzuge, zu ihren Vorgeſetzten, Freunden und
Anverwandten, um ihnen ein gluͤckliches Jahr zu wuͤn-
ſchen. Der uͤbrige Theil des Tages wird mit Eſſen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/315>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.