der Thiere, unsterblich sind, daß es Strafen und Be- lohnungen nach dem Tode giebt; daß sowohl jene als diese ihre Stufen haben, daß die Selen lasterhafter Menschen in Thiere, und endlich, wenn sie sich bessern, wieder in Körper von Menschen wandern. Den höch- sten Gott nennen die Anhänger dieser Religion, Amida, und den Teufel, Jemma.
Außer den Priestern bey den Tempeln giebt es auch einige geistliche Orden, die, zum Theil mehr zum Theil weniger, heilig sind. Der Orden der Blinden ist einer der sonderbarsten in der Welt und vielleicht einzig in seiner Art; er besteht bloß aus blinden Leuten die im ganzen Reiche zerstreut sind. -- Der Orden der Jamabbo oder Bergmönche, von welchen oben, Seite 35 schon etwas vorgekommen, ist ebenfalls merk- würdig. Er ist vor etwa zweyhundert Jahren gestif- tet, und hat sein Oberhaupt, oder seinen General, zu Miako, welcher seinen Untergebenen nach Verdienst Ehrentitel ertheilt. Das äussere Zeichen einer solchen Ehre, besteht in einer um den Hals herabhangenden Schnur, mit unterschiedlichen Troddeln, die nach dem verschiednen Range auch von ungleicher Länge sind. Die Mönche von diesem Orden tragen einen Säbel an der linken Seite, in der Hand einen Stock mit einem kupfernen Knopfe und einer Tritonsschnecke, (Murex Tritonis), um darauf, wie auf einer Trompete zu blasen; auf dem Kopfe haben sie eine Mütze, auf dem Rücken einen Beutel und ein paar Schuh um auf den Bergen damit zu gehen; oft auch eine Schnur wie ein Rosen- kranz. Sie führen ein sehr beschwerliches und mühseliges Leben. Sie sind schuldig, einmal im Jahr mit vieler Gefahr, wilde Wälder zu durchwandern und bis zum Gipfel der höchsten Berge hinauf zu klettern. Sie
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Religion der Japaner.
der Thiere, unſterblich ſind, daß es Strafen und Be- lohnungen nach dem Tode giebt; daß ſowohl jene als dieſe ihre Stufen haben, daß die Selen laſterhafter Menſchen in Thiere, und endlich, wenn ſie ſich beſſern, wieder in Koͤrper von Menſchen wandern. Den hoͤch- ſten Gott nennen die Anhaͤnger dieſer Religion, Amida, und den Teufel, Jemma.
Außer den Prieſtern bey den Tempeln giebt es auch einige geiſtliche Orden, die, zum Theil mehr zum Theil weniger, heilig ſind. Der Orden der Blinden iſt einer der ſonderbarſten in der Welt und vielleicht einzig in ſeiner Art; er beſteht bloß aus blinden Leuten die im ganzen Reiche zerſtreut ſind. — Der Orden der Jamabbo oder Bergmoͤnche, von welchen oben, Seite 35 ſchon etwas vorgekommen, iſt ebenfalls merk- wuͤrdig. Er iſt vor etwa zweyhundert Jahren geſtif- tet, und hat ſein Oberhaupt, oder ſeinen General, zu Miako, welcher ſeinen Untergebenen nach Verdienſt Ehrentitel ertheilt. Das aͤuſſere Zeichen einer ſolchen Ehre, beſteht in einer um den Hals herabhangenden Schnur, mit unterſchiedlichen Troddeln, die nach dem verſchiednen Range auch von ungleicher Laͤnge ſind. Die Moͤnche von dieſem Orden tragen einen Saͤbel an der linken Seite, in der Hand einen Stock mit einem kupfernen Knopfe und einer Tritonsſchnecke, (Murex Tritonis), um darauf, wie auf einer Trompete zu blaſen; auf dem Kopfe haben ſie eine Muͤtze, auf dem Ruͤcken einen Beutel und ein paar Schuh um auf den Bergen damit zu gehen; oft auch eine Schnur wie ein Roſen- kranz. Sie fuͤhren ein ſehr beſchwerliches und muͤhſeliges Leben. Sie ſind ſchuldig, einmal im Jahr mit vieler Gefahr, wilde Waͤlder zu durchwandern und bis zum Gipfel der hoͤchſten Berge hinauf zu klettern. Sie
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Religion der Japaner.
der Thiere, unſterblich ſind, daß es Strafen und Be-
lohnungen nach dem Tode giebt; daß ſowohl jene als
dieſe ihre Stufen haben, daß die Selen laſterhafter
Menſchen in Thiere, und endlich, wenn ſie ſich beſſern,
wieder in Koͤrper von Menſchen wandern. Den hoͤch-
ſten Gott nennen die Anhaͤnger dieſer Religion, Amida,
und den Teufel, Jemma.
Außer den Prieſtern bey den Tempeln giebt es
auch einige geiſtliche Orden, die, zum Theil mehr zum
Theil weniger, heilig ſind. Der Orden der Blinden iſt
einer der ſonderbarſten in der Welt und vielleicht einzig
in ſeiner Art; er beſteht bloß aus blinden Leuten die
im ganzen Reiche zerſtreut ſind. — Der Orden
der Jamabbo oder Bergmoͤnche, von welchen oben,
Seite 35 ſchon etwas vorgekommen, iſt ebenfalls merk-
wuͤrdig. Er iſt vor etwa zweyhundert Jahren geſtif-
tet, und hat ſein Oberhaupt, oder ſeinen General, zu
Miako, welcher ſeinen Untergebenen nach Verdienſt
Ehrentitel ertheilt. Das aͤuſſere Zeichen einer ſolchen
Ehre, beſteht in einer um den Hals herabhangenden
Schnur, mit unterſchiedlichen Troddeln, die nach dem
verſchiednen Range auch von ungleicher Laͤnge ſind.
Die Moͤnche von dieſem Orden tragen einen Saͤbel an
der linken Seite, in der Hand einen Stock mit einem
kupfernen Knopfe und einer Tritonsſchnecke, (Murex
Tritonis), um darauf, wie auf einer Trompete zu blaſen;
auf dem Kopfe haben ſie eine Muͤtze, auf dem Ruͤcken
einen Beutel und ein paar Schuh um auf den Bergen
damit zu gehen; oft auch eine Schnur wie ein Roſen-
kranz. Sie fuͤhren ein ſehr beſchwerliches und muͤhſeliges
Leben. Sie ſind ſchuldig, einmal im Jahr mit vieler
Gefahr, wilde Waͤlder zu durchwandern und bis zum
Gipfel der hoͤchſten Berge hinauf zu klettern. Sie
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/313>, abgerufen am 23.11.2024.
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