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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

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Beschaffenheit u. Charakter der Japaner.
Geringe Leute, die des Sommers bey ihrer Arbeit mit
dem obern Theile des Körpers nackt gehen, werden von
der Sonne gebrannt und dadurch braun. Das vorneh-
me Frauenzimmer aber, welches selten in die freye Luft
geht, ohne bedeckt zu seyn, ist völlig weiß. Die Augen
unterscheiden dies Volk[,] eben so wie die Chineser, von
allen andern Völkern, und man kann sie so gleich daran
kennen. Sie haben nicht die Ründe, wie bey andern
Nationen, sondern sind länglich schmal, liegen tiefer und
haben immer gleichsam etwas liebäugelndes, sehen übri-
gens dunkelbraun oder vielmehr schwarz aus. Das Augen-
lied bildet mit dem großen Augenwinkel eine tiefe Furche;
dies giebt ihnen das Ansehen von Scharfsichtigkeit, und
ist hauptsächlich das, was sie, wie ich eben gesagt habe,
auf eine so merkliche Art auszeichnet. Die Augen-
braunen sitzen auch etwas höher, als bey andern Men-
schen. Der Kopf ist bey den meisten groß; der Hals
kurz; das Haar schwarz, dick und von Oehl glänzend;
die Nase zwar nicht platt, aber doch etwas dick und
kurz.

Die Schilderung des Charakters der Nation ent-
hält im allgemeinen folgende Züge: verständig und vor-
sichtig, frey, gehorsam und höflich, neugierig, fleißig
und in Handarbeit geschickt, sparsam und nüchtern, rein-
lich, gut gesinnt und freundschaftlich, aufrichtig und ge-
recht, ehrlich und treu, argwöhnisch, abergläubig, hoch-
müthig und stolz, unversöhnlich, tapfer und unüber-
windlich.

Verstand und gesetztes Wesen zeigen die Japaner
bey allem, was sie thun. In Kenntnissen, Einsicht,
Cultur und Aufklärung haben sie es so weit gebracht, als
es ohne Gelehrsamkeit, Wissenschaften und schöne Künste,
deren Strahlen freylich noch nicht bis zu diesem Volke

Beſchaffenheit u. Charakter der Japaner.
Geringe Leute, die des Sommers bey ihrer Arbeit mit
dem obern Theile des Koͤrpers nackt gehen, werden von
der Sonne gebrannt und dadurch braun. Das vorneh-
me Frauenzimmer aber, welches ſelten in die freye Luft
geht, ohne bedeckt zu ſeyn, iſt voͤllig weiß. Die Augen
unterſcheiden dies Volk[,] eben ſo wie die Chineſer, von
allen andern Voͤlkern, und man kann ſie ſo gleich daran
kennen. Sie haben nicht die Ruͤnde, wie bey andern
Nationen, ſondern ſind laͤnglich ſchmal, liegen tiefer und
haben immer gleichſam etwas liebaͤugelndes, ſehen uͤbri-
gens dunkelbraun oder vielmehr ſchwarz aus. Das Augen-
lied bildet mit dem großen Augenwinkel eine tiefe Furche;
dies giebt ihnen das Anſehen von Scharfſichtigkeit, und
iſt hauptſaͤchlich das, was ſie, wie ich eben geſagt habe,
auf eine ſo merkliche Art auszeichnet. Die Augen-
braunen ſitzen auch etwas hoͤher, als bey andern Men-
ſchen. Der Kopf iſt bey den meiſten groß; der Hals
kurz; das Haar ſchwarz, dick und von Oehl glaͤnzend;
die Naſe zwar nicht platt, aber doch etwas dick und
kurz.

Die Schilderung des Charakters der Nation ent-
haͤlt im allgemeinen folgende Zuͤge: verſtaͤndig und vor-
ſichtig, frey, gehorſam und hoͤflich, neugierig, fleißig
und in Handarbeit geſchickt, ſparſam und nuͤchtern, rein-
lich, gut geſinnt und freundſchaftlich, aufrichtig und ge-
recht, ehrlich und treu, argwoͤhniſch, aberglaͤubig, hoch-
muͤthig und ſtolz, unverſoͤhnlich, tapfer und unuͤber-
windlich.

Verſtand und geſetztes Weſen zeigen die Japaner
bey allem, was ſie thun. In Kenntniſſen, Einſicht,
Cultur und Aufklaͤrung haben ſie es ſo weit gebracht, als
es ohne Gelehrſamkeit, Wiſſenſchaften und ſchoͤne Kuͤnſte,
deren Strahlen freylich noch nicht bis zu dieſem Volke

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[155/0189] Beſchaffenheit u. Charakter der Japaner. Geringe Leute, die des Sommers bey ihrer Arbeit mit dem obern Theile des Koͤrpers nackt gehen, werden von der Sonne gebrannt und dadurch braun. Das vorneh- me Frauenzimmer aber, welches ſelten in die freye Luft geht, ohne bedeckt zu ſeyn, iſt voͤllig weiß. Die Augen unterſcheiden dies Volk, eben ſo wie die Chineſer, von allen andern Voͤlkern, und man kann ſie ſo gleich daran kennen. Sie haben nicht die Ruͤnde, wie bey andern Nationen, ſondern ſind laͤnglich ſchmal, liegen tiefer und haben immer gleichſam etwas liebaͤugelndes, ſehen uͤbri- gens dunkelbraun oder vielmehr ſchwarz aus. Das Augen- lied bildet mit dem großen Augenwinkel eine tiefe Furche; dies giebt ihnen das Anſehen von Scharfſichtigkeit, und iſt hauptſaͤchlich das, was ſie, wie ich eben geſagt habe, auf eine ſo merkliche Art auszeichnet. Die Augen- braunen ſitzen auch etwas hoͤher, als bey andern Men- ſchen. Der Kopf iſt bey den meiſten groß; der Hals kurz; das Haar ſchwarz, dick und von Oehl glaͤnzend; die Naſe zwar nicht platt, aber doch etwas dick und kurz. Die Schilderung des Charakters der Nation ent- haͤlt im allgemeinen folgende Zuͤge: verſtaͤndig und vor- ſichtig, frey, gehorſam und hoͤflich, neugierig, fleißig und in Handarbeit geſchickt, ſparſam und nuͤchtern, rein- lich, gut geſinnt und freundſchaftlich, aufrichtig und ge- recht, ehrlich und treu, argwoͤhniſch, aberglaͤubig, hoch- muͤthig und ſtolz, unverſoͤhnlich, tapfer und unuͤber- windlich. Verſtand und geſetztes Weſen zeigen die Japaner bey allem, was ſie thun. In Kenntniſſen, Einſicht, Cultur und Aufklaͤrung haben ſie es ſo weit gebracht, als es ohne Gelehrſamkeit, Wiſſenſchaften und ſchoͤne Kuͤnſte, deren Strahlen freylich noch nicht bis zu dieſem Volke

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/189>, abgerufen am 23.11.2024.